Nachdem wir in der letzten Woche den ersten Preis der (sonstigen) Retros im 2020er Jahrgang von StrateGems angeschaut hatten, möchte ich nun zu den Beweispartien dieses Jahrgangs springen. Preisrichter Ryan McCracken äußert in seinen Vorbemerkungen die Befürchtung, dass aus den orthodoxen Beweispartien alles an Saft herausgepresst sei, was noch möglich ist – dennoch konnte er ein orthodoxes Stück mit dem zweiten Preis auszeichnen.
StrateGems 2020, 2. Preis
Beweispartie in 19 Zügen (13+15)
Bei Schwarz sind die sichtbaren Züge schnell gezählt: das sind exakt fünf Bauernzüge. Hinzu kommen noch zwei Züge des einzig fehlenden schwarzen Steins, des [Lf8]. Der muss wegen des weißen Doppelbauern auf der e-Linie auf e3 geschlagen worden sein. Es bleiben also noch zwölf(!) freie schwarze Züge!
Bei Weiß kommen wir mit dem Zählen schon ein Stück weiter: 0+2+4+3+3+5=17 mit also noch zwei freien weißen Zügen.
Betrachten wir nun die Schlagfälle:
Wir hatten schon gesehen, dass der einzige fehlende schwarze Stein auf e3 gestorben ist. Bei Weiß fehlen [Bc2], [Bh2] und [Lc1]. Die Bauern müssen auf ihren Linien geschlagen worden sein, da sie keine möglichen Schlagopfer haben. Wegen der Bauernstruktur wurde also [Lc1] auf f6 geschlagen – das erfordert die noch freien weißen Züge. Und damit ist auch klar, dass sowohl Bc2 als auch Bh2 zuhause geschlagen wurden.
Nun stellt sich natürlich die Frage, wie denn [Bh2] verschwunden ist?
Nahe liegend ist, dass [Lf8] auf seinem Weg zur Schlachtbank noch einen kleinen Umweg über h2 gemacht hat? Das sollte euch auch noch interessieren, warum das nicht funktioniert. Damit kann nämlich zu spät erst dxLe3 gespielt werden.
Wer kommt für dieses Schlagen sonst noch in Frage? Das solltet ihr zunächst raten und dann erspielen. Vielleicht fällt euch dazu auch noch ein Alternativweg nach h2 ein – und warum kann er nicht genutzt werden?
Das solltet ihr nun lösend selbst herausbekommen, bevor ihr euch die Partie vorspielen lasst!
Mit zwölf Zügen ginge auch sK>g6, sDf8-h6xh2-h6-f8-d8, sK>e8.Aber das funktioniert nicht, weil dafür gxLf6 erst zu spät erfolgen kann – eine hübsche „Farbwechsel-Symmetrie“ zur Möglichkeit Lf8-h6-f4xh2-f4-e3.
Sehr elegant und, wie ich finde, tolle Werbung für „klassische“ Beweispartien!
A wonderful proof game.
Very difficult to solve for me.
Hübsch gemacht!
Zu Ryans Vorbemerkung: Ich bin definitiv nicht der Meinung, dass man keine originellen SPGs mehr produzieren kann. Nur wird es naturgemäss immer schwieriger, diese zu finden. Aber wenn wir Einsicht in den gesamten Katalog an orthodoxen SPGs hätten (es ist offensichtlich eine endliche Anzahl, man könnte diese in eine dicke Datenbank packen), dann würden wir aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, was da alles bislang nicht entdeckt wurde.