Retro der Woche 48/2024

In der letzten Woche haben wir einen Blick zurück auf die Schwalbe geworfen, haben wir uns eine Aufgabe angeschaut, die dort vor 100 Jahren nachgedruckt wurde. Heute will ich euch eine Aufgabe zeigen, die in der Schwalbe vor 30 Jahren erschienen ist, die dort eine hohe Auszeichnung erhalten hat in einer Zeit, als die eindeutigen Beweispartien zu ihrem Siegeszug durch die Retrowelt angetreten hatten.

Moderne Thematik in schon sehr ausgeklügelter Form, als noch nicht daran zu denken war, so etwas per Computer auf Korrektheit zu prüfen.

Unto Heinonen
Die Schwalbe 1994 2. Preis
Beweispartie in 31,5 Zügen (14+14)

 

Schon beim ersten Hinschauen aufs Diagramm stellen wir fest, dass beide Seiten weit davon entfernt sind, mehr als 30 offensichtliche Züge gemacht zu haben. Also haben wir schnell die Vermutung, dass wir es hier mit Umwandlungen zu tun haben könnten?

Dieser Verdacht wird noch gestärkt, wenn wir sehen, dass beiden Parteien exakt zwei Bauern fehlen und sonst nichts. Zwei Umwandlungen könnten natürlich für eine Menge zusätzlicher, nicht direkt sichtbarer Züge sorgen.

Liegen wir damit richtig? Dafür betrachten wir die Bauernstruktur: Wir sehen zwei Bauernschläge auf beiden Seiten – aber kein Bauer kann einen anderen geschlagen haben, da die fehlenden selbst nicht geschlagen haben können.

Also müssen sich wirklich alle vier Bauern umgewandelt haben, und die Frage ist „nur“, ob sich nun Originalsteine oder Umwandlungssteine geopfert haben? Ausschließlich Umwandlungssteine können nicht geschlagen worden sein, denn da die Bauern, wie wir gesehen haben, selbst nicht geschlagen haben können, muss ihnen der Weg von der Gegenseite freigemacht werden. Und das klappt zumindest beim ersten Freiräumen nur durch einen Originalstein.

Umgewandelt haben sich also [Be2], [Bh2], [Ba7] und [Bd7] jeweils auf ihren Reihen – in welchen Stein? Und was ist dann anschließend damit passiert?

Das zu ergründen ist nicht ganz einfach, aber ich meine, es lohnt sich, in dieses Stück ein wenig Zeit und Energie zu stecken – das ist schon eine bemerkenswert gute Beweispartie, wie ich finde, herausragend gerade in ihrer Zeit! Kein Wunder, dass die Aufgabe (mit allerdings nur neun Punkten, wobei Michel Caillaud aber 4 vergab) ins FIDE-Album gekommen ist.

Lösung


Vierfacher Pronkin also in einheitlicher Form (wDwT/sDsT) –- das ist die Erstdarstellung dieses Themas. Daneben erscheinen mir noch zwei Sachen an diesem Stück besonders bemerkenswert:

Häufig gelten Turm- und Damen-Pronkins als relativ einfach darstellbar, weil es ja möglich ist, dass der Umwandlungsstein in einem Zug auf sein vermeintliches Ausgangsfeld gelangen kann. Das ist hier aber nur für die sD der Fall; besonders die Türme sind bemerkenswert, weil sie jeweils „auf der anderen Brettseite“ erwandelt werden und sich dann erst nach „Pseudo-Hause“ durchkämpfen müssen. Besonders der weiße Umwandlungsturm hat es nicht leicht; so muss er zwölf Züge lang auf h3 ausharren, bis endlich die dritte Reihe frei ist für ihn.

Die Aufgabe wäre auch ein toller Beitrag zum laufenden Aschwanden-50-Turnier: Im „großen Finale“ ziehen in den letzten drei Halbzügen drei der vier Themasteine auf ihre thematischen Felder.

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