Nicolas Dupont war von der Qualität der Urdrucke des Schwalbe-Jahrgangs 2008 sehr angetan und teilte seinen Bericht daher gleich in drei Abteilungen auf: Beweispartien, klassische orthodoxe Retros und Märchenretros.
Heute möchte ich euch den ersten Preis der Beweispartien zeigen und dann auch den (gekürzten) Kommentar von Nicolas dazu zitieren.
Die Schwalbe 2008, 1. Preis
Beweispartie in 20 Zügen (14+14)
Bei Weiß fehlen zwei Bauern, bei Schwarz Dame und ein Turm. Schwarz schlug axb6 und dxc, und nur ein weißer Bauernschlag ist sichtbar, und dabei ist noch nicht klar, ob dort bxc3 oder dxc3 erfolgte.
Klar hingegen ist, dass mindestens ein weißer Bauer umwandeln musste, denn egal, welcher der beiden Bauern nach c3 geschlagen hat: Die beiden anderen können nicht beide durch die schwarzen Bauern geschlagen worden sein.
Speziell der [Bf2] konnte nicht direkt geschlagen werden. Er kann auf die e-Linie geschlagen haben – aber dann haben wir das gleiche Problem für [Be2]: auch der müsste, um verschwinden zu können, noch einmal geschlagen haben, um dann umzuwandeln. Das aber funktioniert nicht, weil das drei weiße Bauernschläge erfordern würde – einen zu viel! Also musste [Bf2] umwandeln.
Damit können wir auch bereits das Umwandlungsfeld bestimmen: e8 nach f6xe7. Vorher muss also bereits e7-e6 gespeilt worden sein, f7-f5 kann erst anschließend geschehen sein.
Und damit ist auch klar, dass ein zweiter weißer Bauer umwandeln musste, denn es kann wegen des erforderlichen Schlags des [Bf2] nicht dxc3 und bxa erfolgt sein.
Nun können wir auch sinnvollerweise die weißen sichtbaren Züge zählen: 0+1+0+3+0+3=7 – es bleiben also nur noch drei Züge für die umgewandelten Steine übrig, um wieder zu verschwinden – oder einen Originalstein, der geschlagen wurde, zu ersetzen. Das aber würde, aus Zeitgründen eine weiße Schnoebelen-Umwandlung erfordern – die aber können wir wegen der beiden schwarzen Doppelbauern ausschließen. Also haben wir es mit zwei Ceriani-Frolkin-Umwandlungen zu tun.
Auch bei Schwarz sind „erschreckend wenige“ Züge sichtbar: 2+0+0+3+0+5=10 – zehn Züge also frei! Allerdings muss noch ein schwarzer Turm nach draußen gespielt werden, um entweder auf c3 oder e7 geschlagen zu werden, und das erfordert mindestens eine schwarze Springer-Rückkehr.
Offensichtlich muss die Umwandlung des [Bf2] auf e8 recht zügig erfolgen, damit Schwarz ins Spiel kommen kann. Auf e7 muss dann [Dd8] geschlagen werden – und wegen der Zugnot muss Weiß in einen Springer umwandeln, der dann auf a6 geschlagen wird. Damit ist auch klar, dass er zweite Umwandlungsbauer [Bb2] ist. Das wiederum erfordert, dass auch [Sb8] zieht.
Nach diesen Vorüberlegungen können wir nun versuchen zu lösen – und dabei werden wir feststellen, dass eine Rückkehr der beiden Springer nicht klappt, sie müssen ihre Plätze tauschen! Und das ist doch ziemlich überraschend…
1.f4 e6 2.f5 La3 3.f6 De7 4.fxe7 f5 5.b4 Kf7 6.e8=S c5 7.Sc7 Sf6 8.Sa6 bxa6 9.b5 Lb7 10.b6 Lf3 11.b7 Sc6 12.b8=S Se7 13.Sc6 Thb8 14.e4 Tb3 15.e5 Tc3 16.dxc3 dxc6 17.Le3 Sd7 18.Lf2 Sb8 19.Dd7 Kg6 20.Ld3 Sg8.
Dazu schrieb der Preisrichter:
„Eine der besten Beweispartien der Zukunft (FPG). Zunächst sei festgehalten, dass hier der Platztausch eines (schwarzen) Springerpaars (ein bekanntes Thema) höchst ökonomisch dargestellt wird, mit drei Zügen pro Springer, und dies ohne Schlagfall. Dann fällt auf, dass das Manöver der zwei weißen später geschlagenen UW-Springer (Thema Ceriani-Frolkin) perfekt mit jenem der schwarzen Springer harmoniert. Bei den Beweispartien der Zukunft wird gelegentlich mit einer gewissen Berechtigung der Vorwurf erhoben, dass sie zwei unterschiedliche thematische Teile ohne offensichtlichen Zusammenhang miteinander vermischen. Hier ist dies nicht der Fall. Im Gegenteil, die zwei Ceriani-Frolkin-Springer sind ja das Hilfsmittel für die Begründung des Platztausches der anderen thematischen Springer.
Kurz gesagt, ein Werk von großer stilistischer Reinheit ohne jeden Mangel, das durch seine thematische Fülle und vollendete Harmonie besticht. Großer Beifall für die Autoren!“
Dem kann ich nur zustimmen!
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