Zum Jahresanfang passt gut eine Aufgabe, die vor 90 Jahren in der Schwalbe veröffentlicht wurde und das Motto „Prost Neujahr!“ trug –- auch wenn die Aufgabe erst im Maiheft 1930 erschien…
Wir hatten uns vor drei Wochen schon eine Aufgabe von Julio Sunyer angesehen, und auch heute werden wir uns wieder mit einem klassischen Retro beschäftigen.
Die Schwalbe 1930 – Prost Neujahr!
Schwarz zieht und macht remis (14+11)
Eine tolle Remis-Kombination des Schwarzen erscheint bei der materiellen Übermacht des Weißen kaum möglich, und wir sind hier ja auch nicht in einem Studien-, sondern einem Retro-Blog 😊
Also fällt uns vielleicht schnell die 50-Züge-Regel ein?! Im Problemschach ist eine Stellung, in der in den letzten 50 Zügen kein Bauernzug und kein Schlag vorkam, automatisch remis. Wenn wir also zeigen können, dass der letzte Schlag oder Bauernzug durch Schwarz vor 50 Zügen erfolgte, so müssen wir nur noch einen nichtschlagenden Nichtbauernzug suchen und den spielen – remis! Das kann nur Kd1-e1 sein.
Damit haben wir schon den eigentlichen Lösungszug gefunden, aber der ist natürlich uninteressant; spannend ist, die Stellung vor 50 Zügen zu finden und zu zeigen, dass sie sich dann legal auflösen, also auf die Partieanfangsstellung zurückführen lassen kann.
Für unsers Lösungsstrategie schauen wir uns zunächst einmal die sichtbaren Bauernschläge sowie die fehlenden Steine an: die beiden einzigen schwarzen Schläge erfolgten auf d6 und g6. Bei Weiß fehlen in Springer und der weißßfeldrige Läufer (einer der beiden schwarzfeldrigen weißen Läufer im Südwesten entstand durch Umwandlung und ersetzt damit einen Bauern), also geschah fxLg6 und exSd6.
Damit konnten auch sBc2 und sBh2 nicht mehr schlagen, also musste ihnen Weiß den Weg freiräumen: Damit haben wir als weiße Schläge offensichtlich axb, sodass [Ba7] schlagfrei umwandeln konnte, cxb, bxc für sBc2 sowie hxgxf-f8=L für den zweiten schwarzfeldrigen weißen Läufer und gxh3 für den schlagfreien Marsch des [Bh7] nach h2 – und damit sind alle Schlagfälle erklärt!
Als schwarzer Zug vor 50 Zügen kommt nur die Bauernumwandlung auf a1 infrage – oder einer der beiden Bauernschläge.
Die Lösung könnt ihr, wenn ihr wollt, durchspielen. Dazu einen Tipp: Positioniert die Stellung (durch den zweiten Schalter von rechts) auf die Diagrammstellung und spielt dann rückwärts (2. Schalter von links).
Wieder ein echter Klassiker von Julio Sunjer!
Und die „Werbeeinblendung“ von vor drei Wochen wiederhole ich einfach; vielleicht habt ihr ja am Neujahrstag ein wenig Lust darauf, Zeit dafür?
Zum Schluss noch eine Lese-Empfehlung: Karl Fabel hatte ein Manuskript „50 Meisterwerke der Retroanalyse“ vorbereitet, dass erst 1981 postum von Werner Keym in den sechs Schwalbe{https://www.dieschwalbe.de}-Heften des Jahres veröffentlicht worden ist. Eine (englische) Kurzfassung{https://www.janko.at/Retros/Masterworks/index.htm} dazu gibt es im Internet in der Retrograde Analysis Corner von Otto Janko: Auch immer einen Besuch wert! (Die dort angegebene Jahreszahl 1985 ist falsch.)
Ach ja, einen guten Rutsch wünsche ich euch!
Yes, this is a wonderful classic.