The Hopper

Von diesem neuen Chess Problem Magazine from SINGAPORE ist nun die zweite Ausgabe im Internet erschienen; Sie bietet wie schon die erste (Erscheinungsdatum: 24.12.2021) viel interessanten Lese- und Lösestoff auch und gerade für uns Retrofreunde. Herausgegeben wird The Hopper von Andrew Buchanan, Anirudh Daga und James Quah. Sicher kennen die meisten von euch Andrew und James, während Anirudh ein junger Student und ein echtes Nachwuchstalent ist — eine Beweispartie von ihm konntet ihr in der Juni-Schwalbe sehen.

Viel zu lösen gibt es, aber besonders auch interessante Artikel: Fünf der sieben Artikel der zweiten Ausgabe beschäftigen sich mit Retroanalyse — da loht sich das Lesen!!

Übrigens haben die Herausgeber die erste Ausgabe (auch die ist mit hervorragenden Retro-Artikeln gespickt) in einer PDF-Datei zusammengefasst, die man dann bequem auch offline lesen kann: Eine gute Idee, finde ich!

Von mir also eine uneingeschränkte Lese-Empfehlung; da lohnt es, gelegentlich hinzuschauen!

Retro der Woche 27/2022

In seinem Kommentar zum letzten Retro der Woche verwies Joost de Heer darauf, dass Nikita Plaksin gerade Beweispartien sehr streng bewertete; die wohl einzige, der er drei Punkte gab (die beiden anderen Richter jeweils vier) ist unser Retro der Woche 21/2015. Das lohnt sich, noch einmal anzuschauen!

Ich will nun wahrlich kein Richter-Bashing betreiben, aber es fällt schon auf, dass er offensichtlich Beweispartien nicht besonders schätzt. Eigentlich überraschend, da er sonst gar „märchenhaften Retros“ sehr positiv gegenüber stand.

Eine der Aufgaben, die es trotz nur zwei Punkte von Plaksin ins Album geschafft hat, ist der Zwilling, den ich heute zeigen möchte. Dabei muss man bedenken, wie gering noch die Beweispartie-Kunst zu der Zeit ausgeprägt war:

Dmitiri Pronkin
Die Schwalbe 1985, 1. Preis
Beweispartie in 12,5 Zügen, zwei Lösungen (15+14)

 

Ein kurzer Blick auf die Stellung zeigt schon schnell, dass [Bb2] umgewandelt haben muss: Es fehlt nur dieser Bauer, er wurde auf f6 geschlagen und kann dort nicht selbst hingelangt sein.

Relativ schnell muss auch dieser Schlag erfolgen, damit sich das schwarze Spiel entwickeln kann. Wer könnte dafür in Frage kommen?

Weiterlesen

Retro der Woche 26/2022

Sicherlich muss man Nikita Plaksin zu den bedeutendsten Retrokomponisten der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts rechnen: Auf dem Gebiet der klassischen Retroanalyse hat er viel in hoher Qualität komponiert, aber auch — ungewöhnlich für einen sowjetischen Koponisten, hat er sich auch intensiv mit Märchenschach, speziell mit Märchenretros (typischerweise systematische Untersuchungen zu Lastmovern bei speziellen Bedingungen) beschäftigt.

Heute allerdings möchte ich euch ein klassisches Stück von ihm vorstellen.

Nikita Plaksin
Schachmatni Westnik 1993, Dr. L. Ceriani zum Gedenken, 1.-2. Preis
Geschichte des sBg2? (10+13)

 

Alle fehlenden weißen Steine wurden von den schwarzen Bauern geschlagen: sBf5 und sBg5 haben zusammen zweimal geschlagen, und unser „Thema-Bauer“ auf g2 kommt offenbar von c7.

Dabei müssen neben fehlenden weißen Turm und weißer Dame auch die vier fehlenden Bauern geschlagen worden sein — dafür müssen aber alle vier umgewandelt haben. Und von den weißen Bauernschlägen sieht man direkt nur f6xe7, aber auch [Ba2] und [Bb2] müssen je einmal geschlagen haben, um umwandeln zu können; [Bc2] und [Bh2] müssen also schlagfrei auf ihrer Linie umgewandelt haben. Damit haben wir die Umwandlungsfelder b8 für [Ba2], c8 für [Bb2] und [Bc2] sowie h8 für [Bh2].

Weiterlesen

Verbesserung

Mario Richter hatte im Retro der Woche 24/2022 eine Nebenlösung gefunden; sie ist dort in den Kommentaren wiedergegeben.

Nun haben die Autoren Joaquim Crusats und Andrej Frolkin eine Verbesserung gefunden, die die Entwandlung eines Turms auf a8 ausschließt, ansonsten quasi nichts an der intendierten Lösung ändert.

Joaquim Crusats & Andrej Frolkin
Werner-Keym-75 Turnier, Die Schwalbe 2017, 1. Preis (Verbesserung)
Löse auf! (14+12)

 

Schön, dass das geklappt hat!

Retro der Woche 25/2022

Wenn sich zwei große Meister — das könnt ihr hier sogar wörtlich nehmen: zwei Großmeister — zusammentun, um gemeinsam eine Aufgabe zu bauen, kann man schon ein wenig mehr als „nur“ eine gute Aufgabe erwarten. Ich glaube, das heutige Problem wird diesen hohen Erwartungen gerecht.

Michel Caillaud & Reto Aschwanden
Donani-50 Turnier 2003, 2. Preis
Beweispartie in 20,0 Zügen (12+15)

 

Bei Weiß sind wir mit dem Zählen der sichtbaren Züge schnell fertig; wir kommen auf drei, und das hilft uns noch nicht viel weiter. Vielversprechender ist das Zählen bei Schwarz: 2+2+4+1+3+6=18, aber das kann so noch nicht stimmen: Sowohl für die lange Rochade als auch für die Turmzüge in den Südwesten benötigen wir ein freies Feld c8; der dortige Läufer muss das Feld also verlassen haben und wieder zurückgekehrt sein — und damit sind alle schwarzen Züge bereits nachgewiesen.

Aber noch ein paar andere Fakten können wir daraus ableiten:

Weiterlesen

facebook Retro-Video

Schon mehrfach hatte ich von Problemschach-Beiträgen des indischen Chessbase-Ablegers berichtet, die dort der Mitarbeiter Satanick Mukhuty gelegentlich vorstellt. Um diese Beiträge zu finden, nutzt doch einfach die Suche-Funktion dieses Blogs!

Letzte Woche ist nun ein viertelstündiges Video von ihm auf facebook veröffentlicht worden (facebook-Nutzer können einfach nach dem Namen suchen), in dem er ein bekanntes klassisches Retro vorstellt und die zugrunde liegenden Ideen und die Lösung sehr Retro-anfängerfreundlich erläutert.

Nikita M. Plaksin, Alexander Kisljak, Nenad Petrović, Michel Caillaud & Andrej Frolkin
173. Thema-Turnier der Schwalbe 1986
Erster und letzter Zug des schwarzen Königs? (8+9)

 

Ich vermute, dass ihr die Aufgabe “zwischendurch” schneller gelöst habt, als Satanick Mukhuty sie vorgeführt hatte? In etwa einer Woche könnt ihr hier wieder die Lösung finden!

Lösung

Letzte Züge: R: 1.dxe6ep+ e7-e5 2.d4-d5+ Kg6xBf6 3.gxf6ep+ f7-f5 etc.; letzter Zug des sK also: Kg6xBf6.
Der erste Zug des sK war 0-0-0: anders kann er nicht am schwarzen Turm vorbei gekommen sein (sSa8 musste schon vor axb6 dort gestanden haben).

Retro der Woche 24/2022

Vor etwa 30 Jahren hat bernd ellinghoven die „Hilfsmatt-Revolution“ ausgerufen und sie dann als Komponist, häufig gemeinsam mit Fadil Abdurahmanović, popularisiert. Die Idee ist, „neudeutsches Gedankengut“, etwa die Gliederung des Lösungsspiels in Vor- und Hauptplan, aber auch Überlegungen zu den Zwecken und ihrer Ökonomie, aufs Hilfsmatt zu übertragen.

Bei den klassischen Retros sind es vor allen Dingen Joaquim Crusats und Andrej Frolkin, die sich mit solchen Überlegungen beschäftigen (siehe beispielsweise das Retro der Woche 38/2019). Ein weiteres schönes Beispiel möchte ich euch aus dem Keym-75 Geburtstagsturnier zeigen.

Joaquim Crusats & Andrej Frolkin
Werner-Keym-75 Turnier, Die Schwalbe 2017, 1. Preis
Löse auf! (14+12)

 

Bei dem Turnier waren der Jubilar und ich gemeinsame Preisrichter; in der Besprechung der heutigen Aufgabe stütze ich mich stark auf Werners Kommentare, der die für die allgemeinen Retros geschrieben hatte, von damals ab.

Die schwarzen Bauern schlugen zweimal (f7xLe6 und g3xXh2). Die weißen Bauern schlugen zweimal (e2xSf3, f2xLg3); unklar ist noch, wer den [Ba7] und den [Bh7] geschlagen hat.

Da der weiße König im Schach steht, muss Schwarz im letzten Zug die Batterie 1.– Sc1-d3+ abgefeuert haben. Der Käfig im Süden löst sich durch die Rückkehr des wL nach f1 und durch e2xXf3 auf (nicht durch f2-f3, weil der schwarzfeldrige sL nicht auf g4 oder f3 schlagbar ist). Dieser Hauptplan scheitert zunächst mangels schwarzer Rückzüge (Retropatt). Denn wenn 2.Sd,f4-e2? f7xLe6 3.Lc4-e6 erfolgt, fehlt Schwarz ein weiterer Rückzug. Daher besteht der Vorplan von Weiß darin, Schwarz genügend Rückzüge zu verschaffen.

Weiterlesen