Retro der Woche 10/2022

In dieser Woche ist die erste Ausgabe 2022 des niederländischen Probleemblad erschienen. In den Retro-Lösungen zu den Urdrucken aus Heft 3/2021 fand ich ein sehr interessantes Stück, das ich euch heute zeigen möchte – speziell, weil der Sachbearbeiter Roberto Osorio hier einen interessanten Vergleich zu einer völlig anders gearteten Forderung zieht.

Jorge Lois & Roberto Osorio
Probleemblad 2021
Beweispartie in 22 Zügen (13+15)

 

Bei Schwarz fehlt nur ein Stein, nämlich ein Turm, und der starb auf b3. Bei Weiß fehlen ein Turm sowie [Bd2] und [Bh2]. Weiß kann nicht mehr geschlagen haben, also wurde [Bh2] auf h6, der fehlende Turm auf e6 und [Bd2] auf der d-Linie geschlagen worden sein.

Versuchen wir uns nun am Abzählen der sichtbaren Züge: Bei Schwarz sehen wir 5+0+3+1+0+3=12 Upps, da fehlen noch glatt zehn Züge!

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10. FIDE Weltcup für Schachkomposition

Nachtrag 5.3.22: Hinweis ergänzt, dass nur Originale zugelassen sind.

Vor ein paar Tagen haben FIDE und WFCC den 10. Weltcup für Schachkomposition in den bekannten acht Rubriken ausgeschrieben; bei den Retros sind nur (orthodoxe) Beweispartien zugelassen. Wie üblich sind Gemeinschaftsaufgaben nicht zugelassen, jeder Autor darf pro Rubrik nur eine Aufgabe einschicken.

Preisrichter für die Retros ist Kostas Prentos. Einsendungen (nur Originale!) bis zum 1. Juli 2022 an Turnierdirektor Aleksej Oganesjan aus Russland (nur per E-Meil: alexeioganesyan(at)gmail.com); der Preisbericht (1. Preis je 500 €), wird spätestens am 1. November 2022 im Internet veröffentlicht.

Die detaillierte Ausschreibung findet sich auf der WFCC-Seite.

Ob das Turnier nun trotz der schlimmen Ereignisse in der Ukraine und den (sport)politischen Reaktionen darauf so stattfinden wird wie ausgeschrieben, werden die nächsten Wochen zeigen …

Petko A. Petkov 80

Heute feiert Petko A. Petkov seinen 80. Geburtstag; ganz herzliche Glückwünsche gehen nach Bulgarien verbunden mit den besten Wünsche für Gesundheit und weiter viel Freude und Erfolg beim Problemschach.

Über Petko muss ich wohl nicht viel berichten: Er ist gemessen an den Album-Punkten der mit Abstand erfolgreichste Problemkomponist überhaupt. Sehr vielseitig und fantasievoll ist sein Stil; viele Märchensteine und -bedingungen hat er bereits erfunden und publizistisch gefördert. Das zeigt schon, dass sein Schwerpunkt im Märchenschach liegt, aber er auch ist auch ein höchst produktiver Selbstmatt-Komponist. Allerdings ist er auf allen Gebieten zu Hause, und auch zwei Retros finden sich in der PDB; eines davon möchte ich euch „für zwischendurch“ und zum Feiern des Jubilars vorstellen; er war gerade 20, als er es veröffentlicht hat.

Petko A .Petkov
Schach-Echo 1962
h#2 – b) +wBb6 (7+11)

 

Das ist sehr hübsch, aber nicht allzu schwer – viel Freude am Lösen! Und wie immer: Die Lösung kommt hier in etwa einer Woche.

Lösung

a) Sechs Schläge der schwarzen Bauern sind sichtbar, also kann sich [Bd7] mit weiteren drei Schlägen auf g1 in einen Turm umgewandelt haben, wobei irgendein Stein auf f1 Schachschutz gegeben hat. Also darf Weiß noch rochieren: 1.Lf8 0-0-0 (Td1?) 2.Te7 Sf6#
b) Mit einem weißen Stein mehr geht diese Schlagbilanz nicht mehr auf, sTg2 muss sich also auf f1 (schachbietend) umgewandelt haben, oder er ist irgendwie über die Reihe nach g2 gelangt: Auch dafür muss der weiße König gezogen haben. Damit ist die lange Rochade nicht zulässig, und es löst 1.Kd7 Td1 (0-0-0??) 2.Kc6 Txd6#

Retro der Woche 09/2022

Den ersten Preis der Beweispartien im Retro-Preisbericht 2012 in StrateGems hatten wir uns in der letzten Woche hier angeschaut. Die beiden erstplatzierten „übrigen Retros“ gab es schon im Retro der Woche 28/2013 sowie 2/2016 zu bewundern; ein Blick auf diese beiden Stücke lohnt noch immer.

Dennoch möchte ich noch ein mal auf diesen Bericht zurückkommen, um mal wieder ein Märchen-Retro zu zeigen.

Thomas Brand & Hans Gruber
StrateGems 2012, 1. Lob
Ergänze KTBktbb zu einem Illegal Cluster, Circe. b) sBh3>h2 (14+15)

 

(Groß geschriebene Buchstaben kennzeichnen weiße, klein geschriebene schwarze Steine.) Wir erinnern uns: Ein Illegal Cluster ist eine illegale Stellung, die durch Entfernung jedes einzelnen Steines (natürlich außer der Könige) legal wird.

„Circe“ ändert keine Zugwege, aber Durchführung und auch Möglichkeiten von Schlagfällen. In Retros ist das Entschlagen eines Steins daran gebunden, dass er „Circegerecht“ auf dem Schlagfeld erscheinen kann: Dafür muss das Partieausgangsfeld des Schlagopfers besetzt sein: Steht das Schlagopfer selbst dort, so wird es mit dem Entschlag von dort wegbewegt, ansonsten ganz normal ergänzt. Ist das Partieausgangsfeld allerdings leer, so ist der Entschlag unmöglich.

Wie kann uns dieser Unterschied zum orthodoxen Schach nun helfen, eine Idee für das Lösen dieses Illegal Clusters zu finden?

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Werner Keym 80

Heute vor fünf Jahren erschien hier ein Beitrag mit sehr ähnlichem Titel wie heute: Ist da neben den Glückwünschen zum runden Geburtstag schon wieder ein Artikel nötig?

Nun, wir wissen es alle, Werner war in den letzten fünf Jahren unglaublich aktiv, ich bin in der Februar-Schwalbe und in diesen Jahren auch hier schon oft darauf näher eingegangen. Bemüht einfach mal die Suchfunktion hier im Blog!

Hier möchte ich zusätzlich sein Engagement um den neuen Beweispartie-Längenrekord erwähnen – die „Ersatzfassung“ in 58,5 Zügen scheint ja zu halten…

Lieber Werner, im Namen aller Leser hier gratuliere ich dir von Herzen zum Geburtstag; ich wünsche dir für das nächste Lebensjahrzehnt alles Gute, vor allen Dingen natürlich Gesundheit und weiterhin viel Freude und Erfolg bei unserem Lieblingshobby!

Die Aufgabe von Werner, die ich heute vorstelle, har er schon als „Spät-Twen“ gebaut, und sie zeigte schon vor über 50 Jahren seinen Hang zu den außergewöhnlichen und besonders phantasievollen Aufgaben, speziell in unserem Lieblings-Segment des Problemschachs.

Werner Keym
Die Schwalbe 1971, 1.-2. Preis
Ergänze die 2KK, dann Matt in weniger als einem Zug! (12+6)

 

Das ist sehr hübsch, aber nicht schwer – viel Freude beim Lösen! Und wie immer: Die Lösung kommt hier in etwa einer Woche.

Lösung

En Passant kommt hier nicht in Frage, also muss das Matt durch Vervollständigung der Rochade erfolgen. Weiß schlug dxcxbxBa, exdxcxb sowie fxexdxc, das sind alle fehlenden schwarzen Steine. Schwarz schlug bxa4, hxg4 gxf/h; bxa4, fxg4 und gxBh funktioniert nicht, da [Lc1] fehlt!
Nicht Kc1/Kd3 oder Kg1/Kf3, da [Bf7] schlagfrei umwandeln musste, auch nicht Kf6/Kg8, da Th8 bereits gezogen hat, um [Bh2] die Umwandlung zu ermöglichen.
Also nur Kd6/Kc8 und 1.– 0-0-0#.

Retro der Woche 08/2022

In der letzten Woche hatten wir hier eine Aufgabe gesehen, in der eine Steinart (Grashüpfer) in einem Märchenretro das inhaltliche Spiel bestimmte. Heute möchte ich euch eine Beweispartie zeigen, in der Ähnliches geschieht; das ist der erste Preis aus dem sehr starken Retro-Informalturnier von StrateGems 2012, also vor 10 Jahren.

Nicolas Dupont
StrateGems 2012
Beweispartie in 23,5 Zügen (14+15)

 

Beim ersten Blick auf die Diagrammstellung schaut es aus wie eine Home Base Position – aber dann sieht man den dritten weißen Turm, der ziemlich weit entfernt von seinen eigenen Truppen dem schwarzen König Schach bietet.

Schauen wir dann einmal nach den Schlägen: Bei Weiß fehlen drei Bauern, von denen einer als dritter Turm noch auf dem Brett steht. Ferner sehen wir zwei Bauernschläge durch Schwarz (axb und bxc). Damit müssen die beiden fehlenden Bauern geschlagen werden, das aber klappt nicht direkt.

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Retro der Woche 07/2022

Mal wieder ein nettes Märchen-Retro gefällig? Nein, das wird nicht besonders schwer, und „die Klassik“ überwiegt – trotzdem bekommen wir sehr Märchentypisches zu sehen!

Die kopfstehende Dame im heutigen Diagramm ist ein Grashüpfer: der zieht wie eine Dame, benötigt aber genau einen Sprungbock, hinter dem er landet. Ist der Landeplatz durch einen Stein der anderen Farbe besetzt, so wird dieser geschlagen. Bei allen Märchensteinen in Retroproblemen wird vorausgesetzt, dass sie durch Bauernumwandlungen entstanden sind.

Nikita Plaksin
feenschach 1981
Letzte 9 Züge? (13+12)

 

Der schwarze Grashüpfer ist offensichtlich durch Umwandlung des [Bb7] entstanden. Er bietet im Diagramm dem weißen König Schach, hat aber (als Grashüpfer) keinen letzten Zug; also muss er gerade umgewandelt haben: R 1.d2xXe1=G+.

Betrachten wir die weißen Steine, sehen wir, dass bei Weiß drei Bauern fehlen: [Bg2], [Bh2] und (wahrscheinlich) [Ba2]. Die aber müssen sich alle drei umgewandelt haben, da sie sonst nicht geschlagen werden konnten.

Warum?

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Schwalbe 313

In dieser Woche ist die Februar-2022-Schwalbe erschienen, die ich euch wie immer ans Herz legen möchte.

Besonders möchte ih euch zum Lösen und Kommentieren der (Retro-)Urdrucke einladen; feiert am 22. Februar Werner Keyms Geburtstag — und schaut euch den Artikel von Manfred Rittirsch “Heute schon gegoogelt?” an: Ein induktiver Leitfaden zur strategischen Suche in (Schachproblem-)Datenbanken. Er orientiert sich in den Beispielen an WinChloe, das Prinzip lässt sich aber selbstverständlich auch auf z.B. die PDB übertragen.

Übrigens steht dieser Artikel online, auch für Nicht-Schwalbemitglieder.