Dass noch Rekorde für das Konstruktionsthema „letzter Zug“ unterboten werden, ist sehr selten, besonders für die Typen A (es wird nicht gesagt, wer am Zug ist, keine Partei steht im Schach) und B (es wird gesagt, wer am Zug ist, keine Partei steht im Schach).
2012 unterbot Andrew Buchanan einen damals 55 Jahre alten Rekord durch Einsparen eines ganzen Steines – das war eine Sensation, und das veranlasste das Richterteam Brand/Gruber/Ring, dafür einen Spezialpreis zu vergeben.
Andrew Buchanan feenschach 2012, Spezialpreis Letzter Zug? Typ B Schwarz am Zug (2+6)
Dieser Typ von Aufgaben ist im Rekordsinne meist schwer zu bauen, aber sehr einfach zu lösen. Das sollte auch hier rasch gehen… Trotzdem bringe ich hier in etwa einer Woche wie gewohnt die Lösung.
Lösung
R 1.Da7-a8
Der König kann nicht zurücknehmen: 1.Kb5-c6? Ba7-a6+ illegale Stellung. R 1.Ba7-a8=D? verhindert eine Öffnung des Nordwestknotens, ebenso Da7xXa8.
Der alte Rekord war:
V. Bartolović, R. Buljan, L. Loewenton, Zd. Maslar problem 1957, 1.-3. Ehrende Erwähnung Letzter Zug? Typ B Schwarz am Zug (7+2)
Heute erhielt ich die Ausschreibung zum diesjährigen Champagne-Turnier, wie immer (aus)gerichtet von Michel Caillaud.
“Moment!” höre ich den einen oder anderen von euch sagen: “Das Turnier gibt es doch immer zum WCCC, und das fällt doch dieses Jahr Corona-bedingt aus!” Beides stimmt, aber keine Regel ohne Ausnahme: Das Turnier findet trotzdem statt, Einsendeschluss ist das eigentliche Tagungsdatum (18.10.2020 — “Schwalbe-Sonntag”) — nur gibt es keinen Champagner zu gewinnen, sondern Jahres-Abos von Phénix und Lizenzen für WinChloe light. Und die Abgabe erfolgt nicht auf Rhodos, sondern ganz gewöhnlich per Mail.
Die Ausschreibung, in der ein sehr hübscher Effekt gefordert ist, ist auf französisch und englisch verfasst.
Heute vor acht Jahren saß ich an meinem Rechner, um die letzten Feinheiten für meine neue Website, für meinen Retroblog zu implementieren und zu testen, beides ging dann am 8. September 2012 online, pünktlich zum und knapp vier Wochen vor dem Schwalbe-Treffen in Traunstein.
So lange ist das schon her, und das möchte ich zum Anlass nehmen, einige Stücke aus diesem Jahr hier noch einmal Revue passieren zu lassen.
Beginnen wir mit der zweitplatzierten Beweispartie des Schwalbe-Jahrgangs 2012 (die Beweispartie auf dem zweiten Platz des Turniers hatten wir bereits im Retro der Woche 18/2014 betrachtet).
Silvio Baier Die Schwalbe 2012, 2. ehrende Erwähnung Beweispartie in 23 Zügen (14+13)
Machen wir zunächst einmal Inventur: Bei Weiß fehlen zwei Bauern, bei Schwarz drei, nämlich [Be7], [Bf7] und [Bg7], bei Weiß sind dies zwei der drei gegenüberstehenden Bauern: Die Doppelbauern auf der h-Linie können nicht von [Bf2] und [Bg2] gebildet sein: Dies würde drei Schläge erfordern, das wären mit axb3 bereits vier -– bei Schwarz fehlen aber nun drei Steine.
Dieser letzte Bauernschlag zeigt schon: Es werden Umwandlungen benötigt, um die fehlenden Bauern loswerden zu können: Entweder ersetzen sie geschlagene Originalsteine oder haben sich selbst schlagen lassen.
Zählen wir nun die im Diagramm sichtbaren Züge: Bei Weiß sind dies 1+2 (oder 2+1) +0+1+1+3=8 Züge (der Platzwechsel von König und Dame erfordert drei Züge, jedoch wissen wir noch nicht, welche der beiden Figuren doppelt gezogen hat); bei Schwarz haben wir 2+0+1+1+3+2=9 Züge. Damit sind noch 15 bzw. 14 Züge frei.
In den letzten Wochen habe ich, auch in „Geburtstags-Beiträgen“, gelegentlich Hilfsrückzüger vorgestellt: Hier gilt es, Züge zurückzunehmen, sodass eine Vorwärtsforderung erfüllt werden kann, dabei kooperieren bei der Rücknahme Schwarz und Weiß, auch wenn sich im Vorwärtsspiel Schwarz verteidigen will.
Gelegentlich wird nur die Rücknahme eines weißen Zuges gefordert; hierbei kommt der „Hilfe“-Aspekt durch Schwarz natürlich nicht zum Tragen, dennoch verwendet man auch hier diesen Begriff, da Weiß hier aus retroanalytischer Sicht mehrere Rücknahmen zur Verfügung stehen, aber nur eine die Realisierung der Vorwärtsforderung erlaubt.
Walentin M. Filippow Problem 1972, 1. Lob -w, dann #2 (8+10)
Solch ein Stück wollen wir uns heute anschauen. Wäre Weiß nun in dieser Stellung am Zuge, könnte er 1.Lxa7 ~ 2.b8=D# versuchen – das aber scheitert an 1.— 0-0! Das bringt uns auf den Gedanken zu überlegen, wie wir die schwarze Rochade retroanalytisch verhindern können?
Da könnte wLb8 ein Ideengeber sein: Wenn wir nachweisen könnten, dass er Umwandlungsläufer ist, können wir vielleicht zeigen, dass er dann auf h8 entstanden ist – das würde erfordern, dass [Th8] bereits gezogen und damit das Rochaderecht verwirkt hätte. Also sollten wir zeigen können, dass vor kurzer Zeit auf d2 noch ein weißer Bauer gestanden hat.
Heute gehen ganz herzliche Glückwünsche nach Süddeutschland (Bobingen? Regensburg?), wo Hans Gruber heute seinen 60. Geburtstag feiert — leider hat es mit dem gemeinsamen Feiern in Andernach ja wegen Corona nicht geklappt.
Kaum zu glauben, was Hans schon in diese 60 Jahre hineingesteckt hat: Berufliche Karriere (Professor an der Uni Regensburg), sportliche Karriere (einer der besten zumindest bayerischen Langstreckenläufer (>= 10 Kilometer) seiner Altersklasse), musikalische Karriere (Leiter und Dirigent eines Zither-Orchesters). Das würde für sehr viele Menschen schon reichlich reichen.
Und dann gibt es natürlich „nebenbei“ noch seine schachlichen Aktivitäten: Seit über 40 Jahren engagiert bei der Schwalbe (vielfacher Sachbearbeiter vom #3 bis „Bemerkungen und Berichtigungen“), in der Vereinigung (Ehrenvorsitzender nach acht Jahren Vorsitz), Chefredakteur und treibende Kraft hinter feenschach — die andere treibende Kraft, bernd ellinghoven feiert übrigens heute auch Geburtstag, dazu herzliche Glückwünsche nach Aachen! –, Buchautor (mit Chris Feather und mir das Paros-Buch, mit Erich und Elmar Bartel die Umwandlungen in Märchenfiguren, mit Frank Müller und Peter Kniest die s#/r# Miniaturen, um nur die Veröffentlichungen in der FEE=NIX Reihe zu nennen), Artikelschreiber und Preisrichter: Vielleicht der meist beschäftigte auf der Welt, ein unglaublich kompetenter, schneller und präziser Richter; es ist immer ein Vergnügen für mich, wenn wir beide zusammen (häufig noch mit Uli Ring) ein Turnier richten. Allein das würde für fast alle reichlich den Tag, die Woche, das Jahr füllen…
Lieber Hans, für dein neues Lebensjahrzehnt wünsche ich dir alles denkbar Gute, besonders natürlich Gesundheit, Glück und Zufriedenheit – und uns allen, dass du an deinen schachlichen Aktivitäten weiterhin viel Freude hast, dass du dich dort weiterhin für uns alle so toll engagierst!
Natürlich kommt Hans, der die Retroanalyse besonders liebt, viel zu wenig zum komponieren. Hier habe ich eine hübsche kleine Beweispartie von ihm herausgesucht, viel Spaß beim Lösen.
Hans Gruber Schach-Echo 1984, 1. Ehrende Erwähnung Beweispartie in 8,0 Zügen (13+16)
Wie immer findet ihr in etwa einer Woche hier die Lösung — und hier ist sie nun:
Lösung
Sehr frühe und zeitökonomische Darstellung der Pseudo-Rochade.
Im Januar hatte ich euch bereits den großartigen 1. Preis des Schwalbe-Informalturniers von vor 20 Jahren vorgestellt. Satoshi Hashimoto ist in diesem Preisbericht, den das Dreierteam Brand/Gruber/Ring erstellt hatte, noch mit einem weiteren Stück vertreten.
Satoshi Hashimoto Die Schwalbe 2000, 2. Ehrende Erwähnung Beweispartie in 14,5 Zügen (16+14)
Bei Weiß sind wir schnell mit dem Zählen der sichtbaren Züge fertig; bei Schwarz hingegen kommen wir auf 13: 0+2+3+4+2+2. Dabei haben wir berücksichtig, dass [Dd8] nur auf e3 geschlagen werden konnte. Der weitere fehlende schwarze Stein, nämlich [Bc7], konnte nur auf der c-Linie geschlagen werden, da bei Weiß ja kein Stein fehlt.
Aber stimmt die 13 wirklich? Wenn wir mit den minimalen Zügen bei Schwarz richtig lägen, müsste ja Bd5, Le6, Lb3 gespielt worden sein – das aber geht nicht, da dem Läufer dann das Feld d5 versperrt wäre. Also muss Schwarz den Läufer entweder via d7 und a4 nach b3 gezogen oder Bd7-d6-d5 gespielt haben: Beides erfordert einen weiteren schwarzen Zug, sodass Schwarz mit den „Diagrammfiguren“ all seine 14 Züge ausgeführt hat. Speziell ist damit klar, dass [Bc7] zuhause geschlagen wurde.
Heute gehen ganz herzliche Glückwünsche nach Bayerisch-Schwaben, nach Augsburg, wo Erich Bartel seinen 90. Geburtstag feiert.
Erich ist nicht nur ein hervorragender und unglaublich produktiver Komponist – ich habe nicht nachgezählt, aber die Zahl seiner Probleme ist sicher fünfstellig! – sondern auch publizistisch sehr aktiv: Eigene Bücher (z.B. die Krummen Hunde und Umwandlung in Märchenfiguren zusammen mit seinem Sohn Elmar und Hans Gruber), intensive Mitarbeit bei feenschach – und natürlich seine Problemkiste: Entstanden aus der Beilage einer Vereinszeitschrift wurde sie über 210 Ausgaben zu einem „Zentralorgan des Wenigsteiners“, aber nicht nur dafür, sondern eine toll gemachte Märchenschach-Zeitschrift: Schade, dass sie nicht weitergeführt werden kann.
Lieber Erich, von Herzen wünsche ich dir für deine neues Lebensjahr(zehnt) alles denkbar Gute, vor allen Dingen natürlich Gesundheit – und heute lass dich toll feiern!
Auch wenn Erich nicht speziell als Retro-Fan bekannt ist – seine Prioritäten liegen schon lange im Märchenschach – hat er auch eine Menge meist kleiner, eleganter und werbewirksamer Retros gebaut. Zu seinem 85. Geburtstag hatte ich schon einen sehr kleinen Hilfsrückzüger (nur zwei Steine) vorgestellt, heute geht es etwas gewichtiger weiter:
Erich Bartel Feladvanykedvelök Lapja 1973 -1(w+s), dann h=1 (13+6)
Wie immer findet ihr die Lösung in etwa einer Woche hier; viel Spaß beim Beschäftigen mit dieser hübschen, aber sicher nicht schwer zu lösenden Aufgabe!
Am letzten Donnerstag habe ich hier Günther Weeth zum Geburtstag gratuliert, und heute möchte ich noch eine Aufgabe von ihm vorstellen. Dazu habe ich eine schon etwas ältere herausgesucht, die zeigt, dass Günther sich schon lange auch mit klassischen Retros beschäftigt.
Günther Weeth Die Schwalbe 1993 -(s+w) +#1, Hilfsrückzüger (14+7)
Erst Schwarz, dann Weiß nehmen also einen Zug zurück, sodass Weiß in seinem Vorwärtszug mattsetzen kann – natürlich unter Berücksichtigung der Legalität der Züge.
Begeben wir uns also, wie wir das auch beim Lösen eines Hilfsmatts tun würden, auf die Suche nach dem möglichen Mattbild: Könnte c2 gedeckt werden, könnte Txe3# erfolgen – aber dafür brauchte es zwei weiße Rücknahmen – das funktioniert also nicht.