Retro der Woche 01/2021

Günther Weeth war in der Retrowelt besonders bekannt für seine tiefgründigen und phantasievollen Anticirce-Verteidigungsrückzüger, die er mit vielen neuen Ideen versah. Dabei wird oft vergessen, dass er gelegentlich auch auf klassischen Retrowegen unterwegs war — ein solches Beispiel möchte ich in Erinnerung an Günther heute vorstellen.

Andrej Frolkin & Günther Weeth
Die Schwalbe 2010
Löse die Stellung auf! (13+14)

 

Die beiden fehlenden schwarzen Steine wurden Opfer des Doppelbauern auf der c-Linie; der seinen Ursprung in [Ba2] oder [Be2] hat. Damit muss der fehlende [Bg7] umgewandelt haben, was einen Schlag kostet; die beiden anderen Schläge durch Schwarz waren exd sowie im letzten Zug Db3xXb2+. Auch der fehlende weiße Bauer muss umgewandelt haben, um geschlagen werden zu können. Das muss also [Be2] gewesen sein, da die beiden a-Bauern nicht aneinander vorbeikommen konnten.

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2021

Allen Retrofreunden wünsche ich
ein gutes neues Jahr 2021!

Beinahe schon traditionell schauen wir am Neujahrstag 100 Jahre zurück: Die PDB weist für dieses Jahr genau 16 Retros auf, immerhin ein Drittel mehr als noch für das Jahr 1920. Allerdings tauchen im Jahr 1921 elf Autoren auf, von denen nur ein einziger für mehr als eine Aufgabe steht — und das ist nicht weiter überraschend Thomas Rayner Dawson.

Von ihm heute ein etwas komplexeres Stück, bei dem es natürlich nicht nur um die Vorwärtsforderung geht! Viel Freude beim Lösen des vielleicht ersten Retros im neuen Jahr — und natürlich gibt es die Lösung wieder in einer Woche hier.

Thomas R. Dawson
The Times 1921
#2 (16+12)

 

 

 

Lösung

1.f5xe6ep+ Lxb8 2. Txf6#

Schwarz ist fast retropatt; als letzte Züge gehen nur R: 1.– e7-e5 2.Te5-e3+ Se3-g4+ 3.g4xLf5+ Ld7-f5 etc. Hünsche Folge von Kreuzschachs

Und wieso geht nicht R: 1.– e7-e6? Weil dann 2.Te5-e3+ Se3-g4+ 3.Bg4xSf5+?? illegal wäre, da Schwarz seinen dritten Springer nicht entwandeln könnte.

Günther Weeth †

Von Werner Keym erhielt ich die traurige Nachricht, dass Günther Weeth am Montag (28.12.2020) nach längerer Krankheit verstorben ist. Ich wusste, dass es ihm nicht gut ging, hoffte aber, dass sich sein Gesundheitszustand stabilisieren würde. Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Frau Gudrun, die ihn oft zum Beispiel nach Andernach begleitet hat, und seiner ganzen Familie.

Erst anlässlich seines 85. Geburtstages am 13. August diesen Jahres war ich noch auf seine Leistungen und Erfolge als Problemist eingegangen. Als starker Löser und pensionierter Lehrer lag ihm immer daran, seine Lieblings- und Spezialgebiete etwa in der Retroanalyse (Verteidigungsrückzüger mit der Anticirce-Bedingung) nicht nur kompositorisch (und erfolgreich!) zu bearbeiten, sondern in vielen Vorträgen und Aufsätzen zu erklären und popularisieren. Hier hatte er auch viele, sich oft als fruchtbar erwiesene Ideen wie etwa die Nutzung der Høeg-Version des VRZ zusammen mit Anticirce, in der letzten Zeit besonders die Verbindung von Anticirce und Circe im VRZ. Hierzu will ich auf seinen Artikel im Dezemberheft der Schwalbe (“Anticirce plus Circe im Verteidigungsrückzüger”, 306-2 Die Schwalbe XII/2020, S. 821–824) verweisen.

In der nächsten Zeit werde ich hier im Blog noch auf die Kompositionsleistungen von Günther zurückkommen.

ffff-f

Nachdem pünktlich zur Schwalbe-Tagung in Chemnitz Mitte Oktober 2020 der feenschach-Jahrgang 2019 abgeschlossen werden konnte, ist das nun, noch im “richtigen” Jahr, für den 2020er Jahrgang gelungen — und nicht nur das: auch das erste Heft 2021 (sic!) ist bereits erschienen!

Am 23. Dezember kamen die fünf Hefte in sechs Kisten vom Drucker bei bernd ellinghoven an, der dann ganz schnell der Versand vorbereitet und die Hefte sofort, als die Post es zuließ, auf die Reise geschickt hat. Und so sind bereits heute bei den ersten Abonnenten die Hefte f-239 bis f-243 eingetrudelt.

Wenn ich euch verrate, dass es für uns Retrofreunde natürlich wieder jede Menge Lesestoff gibt, überrascht euch das sicher nicht — aber besonders f-243 ist ein fast reines Retroheft geworden…

Viel Spaß beim Schmökern und Lesen, beim Lösen und Kommentieren!

Christmas puzzles

Schon traditionell gibt es auf der englischsprachigen ChessBase-Seite zwischen Weihnachten und Silvester Weihnachtsrätsel, die vor allen Dingen “Computer-resistent” sein sollen.

Während die Aufgaben vom 25.12.2020 sich mit klassischem Märchenschach (“Ohneschach”) beschäftigen, geht es bei denen vom 27.12.2020 um “unser” Gebiet: ergänze Steine oder nimm Züge zurück und spiele dann vorwärts — das sind typische Aufgaben “für zwischendurch”!

Die kleine Serie soll am 29.12.2020 noch fortgesetzt werden — ich trage dann den Link hier nach!

Nachtrag 29.12.2020:
In der schon angekündigten Fortsetzung geht es heute um Selbstmatts und Verwandte (Selbstpatt). Viel Spaß auch dabei!

Nachtrag 03.01.2021:
In einem vierten Post würden auch noch die Aufgaben von der indischen ChessBase Seite vorgestellt.
Heute erschienen nun die Lösungen der ersten drei Rätsel.

Neufassung

Widmungsaufgaben sind überdurchschnittlich oft defekt — woran liegt das? Wäre das nicht mal ein Thema für ein Forschungsprojekt, eine Dissertation, zumindest eine Masterarbeit??

Das Schicksal der Inkorrektheit widerfuhr auch dem Widmungsstück zu Günther Weeths 85. Geburtstag am 13. August 2020.

Nun haben die Autoren ihre Neufassung vorgestellt, bei der ich wiederum um gründliche Prüfung bitte.

Andreas Thoma und Klaus Wenda
Neufassung; Günther Weeth zum 85. Geburtstag
#1 vor 9 Zügen, VRZ Klan, Anticirce Calvet (4+8)

 

Auf h8 steht ein Grashüpfer, auf f8 ein Läuferhüpfer, der wie ein Grashüpfer, aber halt nur auf den Diagonalen zieht.

 

Lösung:
1.LHc4:Df1[LHf8]! Dg2-f1+ 2.Ga8xDh1[Gh8] Dh2-h1/h2-h1=D+ 3.Kb1xGc1 [Ke1] Lb3-a2+ (Gc8xSc3[Gc1]+?) 4.a5xb6ep[b2] b7-b5 5.Kc2-b1 La2-b3+ 6.Kb1-c2 Lb3-a2+ 7.Kc2-b1 La2-b3+ 8.Kb1-c2 Gc8xSc3[Gc1]+ (erzwungen) 9.Ge4-a8 & vor: 1.Sb5#.
2.Ge4xDh1[Gh8]? Dh2-h1+ 3.Kb1xGc1[Ke1]…usw. wie in der Lösung 9.K -b1 & vor: 1.Sb5# scheitert nur daran, dass der für die Einleitung des Pendels nötige Zug 4.a5xb6ep[b2] illegal wäre, da a8 frei ist, sodass der sK durch LHc4 im Schach stünde.

Retro der Woche 53/2020

Im letzten Retro der Woche 52/2020 hatte ich eine hoch platzierte Aufgabe aus der Abteilung „Beweispartien“ des Schwalbe 2015 Retro-Preisberichts vorgestellt, heute nun ein solches Stück aus der Abteilung „Klassische Retros“.

Die drei Preise zeigen höchst unterschiedliche, aber allesamt sehr komplexe Verteidigungsrückzüger; ich möchte euch die darauf folgende Auszeichnung vorstellen, die schon mit ihrer höchst originellen Aufgabenstellung hoffentlich zum Lösen reizt.

Jens Guballa
Die Schwalbe 2015, 1. ehrende Erwähnung
Ergänze den wK und nimm den letzten weißen Zug so zurück, dass Schwarz nie mehr rochieren darf. (13+11)

 

wLh2 ist offensichtlich ein Umwandlungsstein, der aus [Ba2], dem einzig fehlenden weißen Bauern, entstanden sein muss. Einer der zwei schwarzen Schläge war bxc, der andere ist nicht durch Bauernschlag geschehen. (Achtung, nicht von der Steinkontrolle verwirren lassen: Weiß muss ja noch den König einfügen, hat also „eigentlich“ 14 Steine auf dem Brett. Sich jetzt hier auf die Angabe „13“ zu verlassen ist ebenso fahrlässig, wie beim „Partyschach“ die Klötze neben dem Brett zu zählen, nicht die auf dem Brett…)

Daher könnte man auf den Gedanken kommen, den [Th8] auszusperren, etwa indem Weiß die Rücknahme von g6-g7 erzwingt: Ein Kreuzschlag der [Bg7] und [Bh7] ist ja nicht möglich; es hätte der schwarze König Platz für den Turm machen müssen, und damit wäre das Rochaderecht verwirkt. (Das “Platz machen” hätte er ja auch durch die Rochade tun können, aber auch damit wäre je eine zukünftige Rochade ausgeschlossen…) Doch scheitert etwa +wKe5, dann zurück Kf4xTe5? an illegalem Doppelselbstschach.

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Lösewettbewerb

Ralf Binnewirtz hat mich dankenswerter Weise auf den Weihnachts- und Neujahrs-Lösewettbewerb von ChessBase India aufmerksam gemacht. Interessante Aufgaben, darunter “natürlich” auch Retros, gibt es dort zu lösen, attraktive Preise zu gewinnen. Einsendeschluss (per Mail) ist genau der Jahreswechsel nach der Indischen Standardzeit IST; wenn ich richtig recherchiert habe, ist das am Silvesterabend 19:30 Uhr unserer Mitteleuropäischen Zeit: MEZ=UTC+1:00, IST=UTC+5:30 — IST ist uns also viereinhalb Stunden voraus.

Übrigens ist der (englischsprachige) Beitrag auch unabhängig vom Wettbewerb sehr lesenswert: Wer kennt beispielsweise das Gemälde “The Chess Problemist” von Abraham J. Bogdanove aus dem Jahr 1920? Und wenn ihr dann gerade schon am gemütlichen Schmökern seid, werft doch auch noch einen Blick auf Ralfs Website: Auch da werdet ihr garantiert interessante Sachen finden!