Retro der Woche 53/2020

Im letzten Retro der Woche 52/2020 hatte ich eine hoch platzierte Aufgabe aus der Abteilung „Beweispartien“ des Schwalbe 2015 Retro-Preisberichts vorgestellt, heute nun ein solches Stück aus der Abteilung „Klassische Retros“.

Die drei Preise zeigen höchst unterschiedliche, aber allesamt sehr komplexe Verteidigungsrückzüger; ich möchte euch die darauf folgende Auszeichnung vorstellen, die schon mit ihrer höchst originellen Aufgabenstellung hoffentlich zum Lösen reizt.

Jens Guballa
Die Schwalbe 2015, 1. ehrende Erwähnung
Ergänze den wK und nimm den letzten weißen Zug so zurück, dass Schwarz nie mehr rochieren darf. (13+11)

 

wLh2 ist offensichtlich ein Umwandlungsstein, der aus [Ba2], dem einzig fehlenden weißen Bauern, entstanden sein muss. Einer der zwei schwarzen Schläge war bxc, der andere ist nicht durch Bauernschlag geschehen. (Achtung, nicht von der Steinkontrolle verwirren lassen: Weiß muss ja noch den König einfügen, hat also „eigentlich“ 14 Steine auf dem Brett. Sich jetzt hier auf die Angabe „13“ zu verlassen ist ebenso fahrlässig, wie beim „Partyschach“ die Klötze neben dem Brett zu zählen, nicht die auf dem Brett…)

Daher könnte man auf den Gedanken kommen, den [Th8] auszusperren, etwa indem Weiß die Rücknahme von g6-g7 erzwingt: Ein Kreuzschlag der [Bg7] und [Bh7] ist ja nicht möglich; es hätte der schwarze König Platz für den Turm machen müssen, und damit wäre das Rochaderecht verwirkt. (Das “Platz machen” hätte er ja auch durch die Rochade tun können, aber auch damit wäre je eine zukünftige Rochade ausgeschlossen…) Doch scheitert etwa +wKe5, dann zurück Kf4xTe5? an illegalem Doppelselbstschach.

Weiterlesen

Lösewettbewerb

Ralf Binnewirtz hat mich dankenswerter Weise auf den Weihnachts- und Neujahrs-Lösewettbewerb von ChessBase India aufmerksam gemacht. Interessante Aufgaben, darunter “natürlich” auch Retros, gibt es dort zu lösen, attraktive Preise zu gewinnen. Einsendeschluss (per Mail) ist genau der Jahreswechsel nach der Indischen Standardzeit IST; wenn ich richtig recherchiert habe, ist das am Silvesterabend 19:30 Uhr unserer Mitteleuropäischen Zeit: MEZ=UTC+1:00, IST=UTC+5:30 — IST ist uns also viereinhalb Stunden voraus.

Übrigens ist der (englischsprachige) Beitrag auch unabhängig vom Wettbewerb sehr lesenswert: Wer kennt beispielsweise das Gemälde “The Chess Problemist” von Abraham J. Bogdanove aus dem Jahr 1920? Und wenn ihr dann gerade schon am gemütlichen Schmökern seid, werft doch auch noch einen Blick auf Ralfs Website: Auch da werdet ihr garantiert interessante Sachen finden!

StZ-Knobeleien

Leider gibt es schon länger den Weihnachtslösewettbewerb der Stuttgarter Zeitung mit ihren attraktiven Preisen nicht mehr, aber zum Glück existiert die wöchentliche Schachspalte noch.

In der Weihnachtsausgabe 2020 finden sich neben einem “Weihnachtsbaum-2#-Nachdruck” gleich zwei Urdrucke von Werner Keym sowie eine Co-Produktion von ihm mit Bernd Schwarzkopf. Die Lösungen werden in der StZ am 16. Januar 2021 erscheinen — erst dann natürlich auch hier. Ihr habt also viel Zeit zum „Knobeln zwischendurch“!

Viel Spaß dabei!

Werner Keym
Stuttgarter Zeitung 24.12.2020
Wie lautet das kürzeste Matt? (Begründung!) (6+5)

 

 

 

 

Werner Keym
Stuttgarter Zeitung 24.12.2020
Wie lautet das kürzeste Matt? (Begründung!) (6+5)

 

 

 

 

Werner Keym & Bernd Schwarzkopf
Stuttgarter Zeitung 24.12.2020
Ergänze vier Steine. Aus der so entstandenen Anfangsstellung soll nach möglichst vielen verschiedenen Abfolgen eines weißen und eines schwarzen Zuges dieselbe Endstellung entstehen. Wie lautet die Anfangsstellung und wie viele verschiedene erste Züge von Weiß sind maximal möglich? (1+1)

 

Hier nun die Lösungen, wie sie am 16. Januar 2021 in der Stuttgarter Zeitung erschienen sind:

Lösung

Kc5/Kc7 :
Nicht 1.e5xd6ep#?, weil zuletzt Kc8/Kd8xLc7 Lb8-c7+ möglich war, sondern 1.Dxb7+ Kd8 2.Dd7#.

Kf5/Kf7:
Nicht 1.e5xf6ep+? Kxh8 2.Te8#, weil zuletzt Kg8-g7 g7xXh8T+ Kf8-g8 möglich war, sondern 1.T:x7+ Kf8 2.Tf7+ Kg8 3.Te8#.

Besonders gemein: Zweimal kein ep-Schlag! 🙂

Ke7/Kc8:
wBg7 und schwarze Türme auf f8, g8 und h8, dann g7:f8D/T/L/S+ T:f8 und g7:h8D/T/L/S T:h8, also acht verschiedene Möglichkeiten, um zur selben Stellung zu gelangen!

Frohe Weihnachten 2020

Frohe Weihnachten
Schöni Wienacht
Merry Christmas
Zalig Kerstfeest
Feliz Navidad
Buon Natale
Joyeux Noël
З Рiздвом Христовым
С Рождеством
Христос се роди
メリークリスマス
圣诞节快乐
Glædelig Jul
Hyvää Joulua
God Jul

Euch allen wünsche ich ein frohes, ein schönes, ein ruhiges, ein friedliches und besinnliches Weihnachtsfest 2020!

Vielleicht habt ihr ja jetzt an den Feiertagen Zeit, Lust und Muße, zwischendurch eine hübsche kleine Beweispartie zu lösen?

Silvio Baier
Die Schwalbe 2011
Beweispartie in 9 Zügen (11+11)

 

Viel Spaß dabei, und lasst euch dabei das Weihnachtsgebäck schmecken! Die Auflösung gibt es wie immer in etwa einer Woche hier!

… Und hier ist sie:

Lösung

Fast symmetrisch wie ein Weihnachtsbaum und viel Inhalt fürs Geld: Prentos-Thema(Ll) und Rückkehr (Kk).

SVW-Preisbericht

Die gerade herausgekommene 31. Ausgabe (Dezember 2020) von Problemschach für Tiger enthält den Preisbericht zum 9. Problemschachwettbewerb des SVW; die Ausschreibung dazu war im Mai 2020 auch hier veröffentlicht worden.

Diesmal war es möglich, die Aufgabenstellung theoretisch vollständig zu analysieren. In 33 Zügen (und nicht schneller) können die geforderten 60 Besuche erledigt werden. Das schafften zwei Teilnehmer. Über den Sieg entscheidet das sekundäre Kriterium
(schnellstmöglich 59 Besuche). Der Sieger beweist sogar, dass seine Partie in allen nachgelagerten Kriterien das Optimum darstellt. Unglaublich! Auch den sehr ausführlichen Beweis von Martin Hintz dazu findet ihr hier zum Lesen und herunterladen.

Wie immer gibt es auch in dieser “Tiger-Ausgabe” einige weitere interessante Aufgaben; auch dabei viel Spaß beim Le/ösen!

Übrigens: Die alten Ausgaben des “Tigers” findet ihr auf den Seiten des Münchener Problemkreises (mpk).

Retro der Woche 52/2020

Kürzlich hatte ich schon auf die vielen Beiträge im Dezember-Doppelheft der Schwalbe hingewiesen, die für uns Retro-Freunde besonders interessant sind. Darunter ist „natürlich“ auch der Preisbericht der 2015er Urdrucke von Mario Richter.

Den 1. Preis von Nicolas Dupont und Silvio Baier hatte ich bereits im Retro der Woche 33/2019 vorgestellt: die volle Punktzahl hat er im FIDE-Album erhalten.

Heute soll es nun um den 3. Preis gehen, ein deutlich kürzeres Stück, das damit hoffentlich auch mehr zum Selbstlösen einlädt?!

Silvio Baier
Die Schwalbe 2015, 3. Preis
Beweispartie in 21 Zügen (13+13)

 

Weiterlesen

PDB und LaTeX

Schon lange nutzen zum Beispiel die Schwalbe und feenschach das Textsatzsystem LaTeX zur Herstellung ihrer Zeitschriften. LaTeX ist nicht nur frei verfügbar für quasi alle Betriebssysteme und bietet hervorragende Druckergebnisse, sondern ist auch modular erweiterbar. Solche Erweiterungen gibt es etwa für das Setzen der Schwalbe oder auch allgemein für das Setzen von Problemschachdiagrammen: Dort sind die Anforderungen ja etwas anders als beim Partieschach.

Nun hat Gerd Wilts in der PDB die Möglichkeit implementiert, selektierte Probleme als LaTeX-Dateien herunterladen und dann entsprechend bearbeiten zu können. Dazu müsst ihr wie üblich mit Abfragen Aufgaben auswählen, und nach Drücken des “Suchen” (bzw. “Search”) Buttons findet ihr im Anzeigefenster ganz oben den Hinweis auf “LaTeX-Download”.

Um die heruntergeladene Datei dann bearbeiten zu können, benötigt ihr eine lauffähige LaTeX-Version sowie das Zusatzpaket Schwalbe-Chess, das zugrunde liegende diagram-Paket sowie die notwendigen Fonts.

Für schon etwas erfahrene LaTeX-Nutzer sehr empfehlenswert!

Retro der Woche 51/2020

Auf das gerade erschienene Schwalbe-Doppelheft hatte ich schon hingewiesen. Nun möchte ich ein Beispiel aus dem dort erschienenen Artikel Passagiertürme – neue „erster Zug?“ Ökonomierekorde von Andrej Frolkin und Andrew Buchanan vorstellen.

Man sollte meinen, „erster Zug?“ Darstellungen für Türme seien unmöglich, da man ja jede Partie etwa mit dem „Tänzchen“ 1.Sa3 Sa6 2.Tb1 Tb8 3.Ta1 Ta8 4.Sb1 Sb8 einleiten kann, ohne dass sich dies beweisen oder widerlegen lässt. Da kam Andrej Frolkin auf den Gedanken, dass man doch die Rochade als Königszug anzusehen habe, und wenn die durchgeführt ist, ist gezeigt, dass der mit-rochierende Turm noch nicht gezogen hat.

Wenn man also nachweisen kann, dass beispielsweise der letzte Zug eines Turms von seinem Rochade-Zielfeld ausging, dann die Rochade zurückgenommen werden musste, dann war der letzte Zug dieses Turms gleichzeitig sein erster: In der Rochade zieht der Turm nicht selbst, sondern ist quasi ein Passagier des Königs – daher der Titel des Artikels.

Andrej Frolkin & Andrew Buchanan
Die Schwalbe 2020
Erster Zug des wTf8? (14+9)

 

Betrachten wir zunächst die Stellung, bevor wir die Rücknahmen in Angriff nehmen: Schwarz schlug c7xb6 und fxe; bei Weiß fehlen ein Turm und der schwarzfeldrige Läufer. Die weißen Umwandlungen: c8=L, fxg8/e8=L. Weiß schlug fünfmal mit Bauern (axbxa, bxc > c8=L, f7xg8/e8=L sowie g2xBh3 ([Bh7] kann seine Linie ja nicht verlassen haben); die schwarzen Original-Läufer wurden zuhause geschlagen.

Um den kleinen Käfig im Nordwesten zu öffnen, ist die Rücknahme von b7-c8=L und c6-c7 nötig, gefolgt von c7xb6. Ein Versuch, Lc6 oder Lg2 zu entwandeln, scheitert:

Weiterlesen