Drei Springer

Update vom 11.08.2019

Am Dienstagabend erhielt ich eine ziemlich überraschenden Mail: Ein Mitarbeiter des Bundeswettbewerb Informatik (getragen von der Gesellschaft für Informatik, Fraunhofer IUK-Technologie und dem Max-Planck-Institut Informatik, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung) machte mich auf die dritte Aufgabe der zweiten Runde des 37. Bundeswettbewerb Informatik 2018/2019 aufmerksam.

In der waren die Endspiele König und drei Springer gegen König zu untersuchen: “Schreibe ein Programm, das für eine gegebene Stellung und ein Zielfeld feststellt, ob Weiß erzwingen kann, dass der schwarze König auf diesem Zielfeld matt gesetzt wird. … Zudem ist folgendes Schachproblem zu lösen: Der schwarze König steht in der obersten Reihe des Spielbretts und die weißen Figuren in der untersten Reihe. Für welche Felder kann Weiß erzwingen, dass der schwarze König dort matt gesetzt wird? Dieses Schachproblem ist noch offen! Es ist nur bekannt, dass es für die Eckfelder des Spielbretts möglich ist.”

Und hier gab es wirklich Neues: Das Matt kann nicht nur auf den Eckfeldern, sondern auf allen Randfeldern erzwungen werden. Hier findet ihr die genaue Aufgabenstellung sowie die Lösungshinweise.

Ein sicher interessantes “akademisches ” Ergebnis; besonders interessant ist aber die generelle “retroanalytische” Herangehensweise durch Zurückspielen von der Mattstellung. Dieser generelle Ansatz ist natürlich nicht neu; mit dem hatte bereits D. Relp (Pseudonym für Helmut Mertes) sein “Verzeichnis aller Hilfsmatt-Aufgaben mit dem Material KS-KS” erstellt, das er 1975 bei Peter Kniest in Wegberg veröffentlichte. Das Verfahren ist für direkte Mattforderungen allerdings komplizierter als beim Hilfsmatt, da sich Schwarz ja wehren kann, und so gibt es auch Stellungen (siehe etwa Beispiel 5), in denen der weiße Sieg unmöglich ist, da Schwarz den Schlag eines der weißen Springer erzwingen kann.

Übrigens: Auch die beiden anderen Aufgaben sind sehr interessant und für Informatik-affine Leser höchst empfehlenswert!

Zwei Verifikations-Beispiele aus dem Wettbewerb:

Beispiel 3

Beispiel 5

Nachtrag 11.08.2019:

Hier die von Joost (herzlichen Dank!) im Kommentar angegebene Studie von Herbstmann und Kubbel.

Retro der Woche 31/2019

Bleiben wir noch etwas bei dem Schwalbe-Preisbericht 2016 von Preisrichter Henrik Juel: nach der ersten ehrenden Erwähnung in der letzten Woche möchte ich euch heute die direkt dahinter platzierte Aufgabe vorstellen.

Jorge Joaquin Lois & Roberto Osorio
Die Schwalbe 2016, 2. ehrende Erwähnung
a) letzter Zug? b) Beweispartie in 25 Zügen (14+13)

 

Das ist schon mal eine recht ungewöhnliche, originelle „Doppelforderung“ -– von „Zwillingsbildung“ will ich in diesem Falle nicht unbedingt sprechen. Wenn die Frage nach dem letzten Zug eindeutig beantwortet werden kann, ist dies natürlich auch der letzte Zug der Beweispartie. Anders herum stimmt diese Überlegung nicht unbedingt: Der letzte Zug einer Beweispartie muss nicht ein eindeutig letzter Zug für die Stellung sein: Ohne den Zeitdruck der Beweispartie kann es meist auch andere letzte Züge geben.

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SCHACH 8/2019

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Heute lag das Augustheft von SCHACH in meinem Briefkasten, und ein “Blick über den Zaun” lohnt da sicherlich, auch wenn sich in diesem Heft keine einzige Retro-Aufgabe befindet.

Sicher geht dort der Blick immer zuerst auf die letzten vier Seiten, wo Franz Pachl eine hervorragende Problemrubrik leitet. Aber die vorderen 80 Seiten sollte man keineswegs überlesen: Viele Turnierberichte, Interviews, Nachrichten, Buchbesprechungen findet man hier in jedem Heft, und mich beeindrucken immer wieder die hervorragenden Fotos.

Im neuen Heft finde ich den schachgeschichtlichen Artikel über Philidor interessant — und ganz besonders (und der ist auch der Grund, weshalb ich auf dieses Heft hinweise!) den Artikel “Oleg Perwakow — König der Studien” von Martin Minski, in dem er den alten und neuen Studienkompositios-Weltmeister vorstellt, aber auch Aufgaben der Zweit- bis Viertplatzierten des letzten WCCI vorstellt: sich selbst, Steffen Slumstrup Nielsen, und Sergej Diduch, die alle vier ganz eng beieinander lagen.

Übrigens weist die SCHACH-Redaktion darauf hin, dass in einem der nächsten Hefte auch ein Beitrag über Silvio Baier und die Ergebnisse der Retroabteilung des WCCI folgen wird!

Viel Spaß beim Lesen!

Retro der Woche 30/2019

In der letzten Woche hatten wir hier eine Auflöse-Aufgabe von Andrej Frolkin und Joaquim Crusats betrachtet, heute möchte ich euch eine Beweispartie von Andrej zeigen, die im Schwalbe-Informalturnier 2016 von Preisrichter Henrik Juel die erste ehrende Erwähnung erhielt und die mir schon bei der Veröffentlichung sehr gut gefallen hatte.

Andrej Frolkin
Die Schwalbe 2016, 1. Ehrende Erwähnung
Beweispartie in 23.5 Zügen (12+15)

 

Sofort fällt bei Weiß der Platzwechsel von Läufer und Turm auf, und auch bei Schwarz ist in dieser Hinsicht offensichtlich etwas passiert: Springer, Dame, Läufer und Turm haben zyklisch „jeweils zwei Felder nach rechts“ (wobei der Turm natürlich „links“ landet) ihre Plätze getauscht. Das ist sehr hübsch und hilft meistens beim Lösen.

Für die Lösungsfindung ist aber auch die Schlagbilanz wieder sehr hilfreich: Schwarz hat drei der vier fehlenden weißen Steine mit den Bauern b6, c6 und d6 geschlagen. Irgendwie müssen aber neben der weißen Dame auch die [Be2], [Bf2] und [Bg2] verschwunden sein.

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Growing Men

Heute hatte ich die Juli-Ausgabe des Problemist im Briefkasten, nachdem gestern bereits die elektronische Kopie in meiner Mailbox gelandet war. Neben dem üblichen kleinen Urdruckteil sowie den “Selected Retros” von Bernd Gräfrath (die ich dieses Mal alle sehr gut kannte; sie stammen aus meinem Preisbericht Phénix 2016-2016) enthält die Ausgabe noch einen interessanten Beitrag von Paul Bissicks über die Märchenbedingung “Growing Men”, mit der man in allen Problemgebieten sicher sehr interessante Aufgaben bauen kann — nämlich Beweispartien von ebenfalls Bernd Gräfrath, wie hier anhand eines Beispiel demonstriert wird.

Wie ist die Bedingung definiert? Sehr einfach: “Ein Stein kann keinen Zug geringerer Länge als in dessen letztem Zug machen. Ein Zug bietet nur dann Schach, wenn es eine Drohung gibt, den gegnerischen König zu schlagen.” Wer eine etwas mathematischere und knappere Definition haben möchte: “Die Folge der Zuglängen jedes einzelnen Steins ist monoton wachsend.”

Das könnt ihr euch etwa “zwischendurch” anhand einer Aufgabe aus dem Aufsatz genauer anschauen; die Lösung folgt wieder hier in einer Woche.

Bernd Gräfrath
The Problemist 7/2019
Beweispartie in 7.0 Zügen, Growing Men (16+13)

 

Viel Spaß, allzu schwer sollte diese Aufgabe nicht sein — aber die Lösung ist sehr hübsch!

 

Lösung
1.c3 Sc6 2.Dc2 Sd4 3.cxd4 c6 4.Dc4 Dc7 5.Dxc6 Df4 6.Dxc8+ — und nun wehrt Schwarz das Schachgebot durch 6.– Kd8! ab, denn Weiß kann nicht DxKd8 spielen, da dieser Zug ja kürzer wäre als sein letzter Damenzug. Weiter
dann natürlich 7.Dc6 Ke8. Zwei Rückkehren zum Schluss.

Suche Schach-960 Probleme

Ich beschäftige mich gerade etwas intensiver mit Schach-960 (auch bekannt als Fischerrandom Schach) und bin da auf der Suche nach entsprechenden Schachproblemen, die sich nicht in der PDB finden lassen.

Wenn ihr also solche Aufgaben (Retro und Nicht-Retro) kennt, wäre ich euch sehr dankbar, wenn ihr sie mir zusenden könnt: am bequemsten per Mail (t.brand(at)gmx.net).

Schon jetzt sage ich euch herzlichen Dank für eure Unterstützung!

62. WCCC

Das 62. WCCC (World Congress of Chess Composition) wirft seine Schatten voraus: Es findet statt vom 17. bis zum 24. August 2019 in Vilnius, der Hauptstadt Litauens.

Auf der WCCC-Website findet ihr nicht nur das (noch vorläufige) Programm, sondern auch die Ankündigung verschiedener Kompositionsturniere; traditionell sind auch wieder Retro-Turniere darunter. Beachtet aber, dass manche Turniere nur offen für Teilnehmer am Kongress sind!

Im Moment gibt es schon die Ausschreibung für folgende Retro-Turniere:

  • Champagne Turnier von Michel Caillaud; Thema: Bahnung (nur für Teilnehmer, Koproduktionen mit Nicht-Teilnehmern sind erlaubt)
  • Murfatlar Turnier; von Paul Rãican; Thema: Duellantenschach-Beweispartien (auch offen für Nicht-Teilnehmer)

Schaut doch in regelmäßigen Abständen auf die Seite; sie wird immer aktuell gehalten.

Viel Spaß und Erfolg beim Komponieren!

Retro der Woche 29/2019

In den letzten beiden Retros der Woche hatte ich den zweiten Preis der Beweispartien-Abteilung und den ersten Preis der sonstigen Retro-Abteilung vorgestellt. Heute möchte ich aus diesem Jahrgang eine Aufgabe vorstellen, die nicht ausgezeichnet wurde – vielleicht, weil sie ursprünglich inkorrekt erscheinen, dann aber korrigiert wurde. Der Preisrichter benennt diese Aufgabe nämlich nicht in der Übersicht der zu betrachtenden Aufgaben. Darum betrachten wir sie hier… (Bei der Lösungsangabe orientiere ich mich stark an der von Andrej Frolkin.)

Andrej Frolkin & Joaquim Crusats
StrateGems 2017
Letzte 7 Einzelzüge? (12+12)

 

Man sieht sofort, dass der schwarze König im Schach steht. Also hat Weiß zuletzt gezogen, und dieser letzte Zug muss, möglichweise schlagend, Da1-d1+ gewesen sein.

Auffällig sind natürlich sofort die drei weißen Damen – und da Weiß noch über sechs Bauern verfügt, müssen neben der Originaldame die anderen weißen Offiziere auch Originalsteine sein; speziell La7 kommt von c1.

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