Retro der Woche 06/2019

Der Russe Alexej Troizki (13.3.1866—14.8.1942) war einer der wichtigsten Mitbegründer der Retroanalyse wie auch der Schachstudie; neben seinen großartigen Studien (schaut euch mal welche von ihm an, ihr werdet erstaunt sein, wie modern die auch heute noch vielfach wirken) besonders seine Untersuchungen zum Endspiel zweier Springer gegen Bauer sind bekannt und in der Zwischenzeit fast vollständig von den modernen Endspiel-Datenbanken bestätigt.

Zur Erinnerung an seinen 150. Geburtstag wurde ein Gedenkturnier für Retros ausgerichtet, aus dem ich euch heute den ersten Preis vorstellen möchte.

Dmitri Baibikov
Troizki-150 Gedenkturnier 2017, 1. Preis
Letzte 41 Einzelzüge? (13+12)

 

Betrachten wir zunächst die Schlagbilanz: Die vier fehlenden schwarzen Steine wurden von den weißen Bauern geschlagen: hxgxf, exf3 sowie axb. Damit ist klar, dass das Schachgebot gegen den schwarzen König schlagfrei zurückgenommen werden muss: Der letzte Zug war also R 1.Tg7-g8+.

Ferner ist damit klar, dass [Bc2] schlagfrei nach c7 gezogen hat. Demnach musste ihm [Bc7] Platz machen: Entweder, indem zur b-Linie schlug, um dort geschlagen zu werden, oder er musste auf b1 oder d1 umwandeln – auf alle Fälle musste er einmal schlagen. Zusammen mit dxc6 – vorher muss natürlich [Lc8] nach Hause gebracht werden — und hxg erklärt das alle drei fehlenden weißen Steine.

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7. FIDE World Cup

Heute ist die Ausschreibung für den 7. FIDE World Cup veröffentlicht worden. Dieses von FIDE und WFCC gemeinsam ausgerichtete Turnier wird in acht Abteilungen (wie im Album) durchgeführt, Richter der Retros ist Andrej Frolkin. Pro Abteilung erhält der Sieger neben Pokal und Urkunde 500 EUR.

Jeder Autor darf pro Abteilung nur eine Aufgabe einsenden, Gemeinschaftsaufgaben sind nicht zugelassen. Die Originale müssen bis zum 1. März 2019 nur per Mail an tischka(at)tut.by geschickt werden; der Preisbericht soll bis spätestens 1. August 2019 veröffentlicht werden.

Viel Erfolg bei der Teilnahme!

Ergebnis SVW-Wettbewerb

Im Juli 2018 hatte ich euch auf den 7. Problemschach-Wettbewerb des Schachverbandes Württemberg hingewiesen: Es war eine möglichst kurze Beweispartie zu konstruieren, die zur “Viele-Väter-Stellung” führt und in der nur Könige und Bauern ziehen dürfen.

Nun ist das Ergebnis erschienen — mit gleich drei Siegern: Andreas Niebler, Martin Hintz sowie das Team Bernhard Geismann & Christoph Fieberg teilen sich das Preisgeld (jeweils 85 €).

Den sehr interessanten Bericht von Wolfgang Erben könnt ihr in der Ausgabe 02/2019 von Schach für Tiger finden; zum Studium sehr empfohlen!

Retro der Woche 05/2019

In der letzten Woche hatte ich hier einen Verteidigungsrückzüger aus dem Preisbericht von Phénix 2015-2016 gezeigt, heute will ich die bestplatzierte Beweispartie in diesem sehr stark besetzten Turnier vorstellen.

Jorge J. Lois & Roberto Osorio
Phénix 2015-2016, 2. Preis
Beweispartie in 19 Zügen (13+14)

 

Bei Aufgaben des argentinischen Duos kann man immer davon ausgehen, dass man guten Inhalt technisch perfekt dargestellt zu sehen bekommt. Und so viel darf ich schon verraten: So ist es auch hier!

Mit dem üblichen Zählen der im Diagramm sichtbaren schwarzen Züge sind wir sehr schnell fertig: 0+0+0+1+0+3=4. Irgendwelche zusätzlichen Züge wegen eventueller Umwandlungen durch Schwarz können wir auch hier natürlich ausschließen, da noch alle acht schwarzen Bauern an Bord sind.

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Luigi Ceriani 125

Heute vor 125 Jahren, am 23. Januar 1894, wurde in Mailand Luigi Ceriani geboren, der sicherlich bedeutendste Retroanalytiker des letzten Jahrhunderts. Der promovierte Ingenieur hat mehr als 700 Aufgaben veröffentlicht, die meisten davon Retros, auch wenn er sich mit anderen Bereichen (Zweizüger, Märchenschach) beschäftigt hat.

Mit seinen Aufgaben und den im Eigenverlag herausgegebenen, in blauem Leinen gebundenen Büchern 32 Personaggi e 1 Autore (1955) und La Genesi delle Posizioni (1961) hat er die Retroanalyse endgültig als selbstständige Problemschach-Gattung emanzipiert.

Zur Feier des Tages und zum Gedenken an Luigi Ceriani möchte ich heute eines seiner bekanntesten Probleme vorstellen, das mit seiner Fragestellung direkt auf den Inhalt der Aufgabe zielt: Um sie zu beantworten, muss man die Stellung einer genauen Retroanalyse unterziehen, ohne direkt eine Abfolge von Auflöse-Zügen angeben zu müssen.

Er gab dem Stück gleich zwei Mottos mit: „La Donna è mobile?“ (aus Verdis „Rigoletto“) und „Eppur si muove!“ (Galileos Ausspruch vor der Inquisition); wenn ihr die Aufgabe gelöst oder die Lösung durchgegangen seid, werdet ihr sie direkt mit dem Stück in Verbindung bringen können.

Luigi Ceriani
Fairy Chess Review 1948
Erster Zug der schwarzen Dame? (13+14)

 
Bei Schwarz fehlt ein Turm und [Ba7]. Wegen wBb3c2 und wSa1 konnte [Ta1] den Südosten nicht verlassen, wurde also auf b1 geschlagen. Die beiden anderen fehlenden weißen Steine [Dd1] und [Lf1] verschwanden auf f6 bzw. g6.

Aus ähnlichen Überlegungen wie im Südwesten hat sich der Käfig im Nordosten auf folgende Weise gefüllt: Sh8 geschah vor hxLg6, also kamen wTh7 und sTh6 „von oben“, bevor Weiß mit Sh5 verkorkte. Um nach h7 zu kommen, musste [Th1] ([Ta1] kann es ja, wie wir schon gesehen haben, nicht gewesen sein!) via f1 und f3 sein Domizil verlassen. Also standen [Bg2] und [Bf2] bereits auf g3 ([Lf1] musste schon draußen sein!) und f4. Damit kann der „Verkorkungszug“ nur Sf6-h5 gewesen sein!

Dafür aber muss [Be7] noch zu Hause gewesen sein, damit auch [Lf8]. Damit muss auch [Bd7] noch zu Hause gestanden haben, denn anders hätte er nie nach b8 gelangen können. Demnach muss auch [Lc8] noch zu Hause gewesen sein. Der schwarze König musste dem Schachgebot des weißen Springers von f6 aus nach [Dd8] auf ihrem Ausgangsfeld geschlagen worden sein, denn sie konnte sich ja noch nicht bewegen.

Damit ist sDe1 nicht die Originaldame, sie ist aus [Ba7] entstanden und hat sich mit axTb1=D umgewandelt. Ihr erster Zug war also (schlagfrei) Db1-a2.

Auch die weitere Auflösung (Wie kommen die schwarzen Türme nach Hause?) ist noch ein wenig trickreich; vielleicht mögt ihr ja bei einem Glas italienischen Rotweins heute Abend die Auflösung noch komplett erspielen?

(Meine Lösungsbeschreibung orientiert sich an der von Roger Lipsett.)

Retro der Woche 04/2019

Vor einigen Tagen erhielt ich das Phénix Heft mit meinem Retro-Preisbericht 2015-2016. Aus dem Bereich der „klassischen Retros“ hatte ich hier bereits den 1. Preis und den 3. Preis gezeigt; heute möchte ich euch einen Verteidigungsrückzüger aus diesem Turnier vorstellen.

Andrej Frolkin & Joaquim Crusats
Phénix 2015-2016, 3. ehrende Erwähnung
-9 & #1, VRZ Proca (13+13)

 

Beim Verteidigungsrückzüger versucht Weiß die Vorwärtsforderung (hier: Matt in einem Zug) zu erfüllen, spätestens nachdem die angegebene Anzahl von Rückzügen gemacht worden ist; Schwarz versucht sich gegen das weiße Ziel (natürlich nur mit legalen Rückzügen) zu wehren. Beim Typ Proca bestimmt die rückziehende Seite, ob und welcher Entschlag mit der Rücknahme verbunden war; auch hier sind natürlich nur legale Entschläge gestattet.

Was haben Autoren, Löser und Preisrichter nur übersehen? Das lässt sich doch direkt in einem Zug lösen: R: 0-0-0 & vor: 1.Txa2#. Obwohl: Konnten die hochklassigen Autoren das übersehen? Und auch der Preisrichter? Vielleicht lohnt es, die Stellung genauer zu betrachten…

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Andernach 2019

Sicher hat der Eine oder Andere schon darauf gewartet: Nun ist endlich die Ankündigung für das 45. Andernachtreffen 2019 herausgekommen; ihr könnt sie z.B. über die feenschach-Seite anschauen und herunterladen.

Den Termin kennt ihr natürlich: das Himmelfahrts-Wochenende, dieses Jahr recht spät, nämlich vom 30. Mai bis zum 2. Juni.

Ich freue mich schon darauf, viele von euch dort zu treffen!

Auflösung Weihnachtsrätsel

Am 22. Dezember letzten Jahres hatte ich hier die beiden Aufgaben des Weihnachtsrätsels der Stuttgarter Zeitung veröffentlicht. Nun sind die Lösungen erschienen, und die möchte ich jetzt nachtragen:

I) Jens Guballa
Stuttgarter Zeitung 21.12.2018
Weiß nimmt seinen letzten Zug zurück und setzt stattdessen in einem Zug matt (5+3)

 

 

 

II) Werner Keym
Stuttgarter Zeitung 21.12.2018
a) Entferne b) ergänze einen schwarzen Bauern. Dann Matt in einem Zug (9+9)

 

 

 

Lösung zu I):
Zurück 1.La6-b5 und 1.c8D=#, zurück 1.Sd8-c6 und 1.c8S=#.

Lösung zu II):
Die weißen Bauern schlugen insgesamt sechsmal.
a) Man entferne den Bd4. Zuletzt geschah entweder R 1.– c7-c5, dann 1.b5:c6# e.p., oder R 1.– e7-e5, und dann 1.f5:e6# e.p. Dies gilt als eine Lösung, die aus zwei sich ausschließenden Teilen besteht (partielle Retroanalyse).
b) Vier Lösungen. +sBc6 und 1.b5:c6#, +sBe6 (letzter Zug R 1.– f7:Xe6+) und 1.f5:e6#, +sBf7 und +sBh7. In den beiden letzten Fällen geschah zuletzt R 1.– c7-c5 (1.b5:c6#), aber nicht R 1.– e7-e5, was den sLf8, der als Schlagobjekt für die weißen Bauern gebraucht wird, aussperren würde.

Werner Keym schrieb mir, dass er vier Lösungen zugesandt bekommen hatte — von denen waren nur zwei richtig! So leicht waren die Aufgaben offensichtlich doch nicht?!