Retro der Woche 46/2024

Vor einigen Tagen ist die vierte Ausgabe des Jahrgangs 2024 der niederländischen Problemzeitschrift Probbleemblad erschienen. Die Retro-Abteilung dort wird vom Argentinier Roberto Osorio geleitet, der hier bei den Retros der Woche mit bisher 20 Beweispartien vertreten ist, häufig zusammen mit Jorge Lois, ebenfalls aus Buenos Aires..

Heute allerdings möchte ich ein Stück von Dirk Borst vorstellen, für den eine Veröffentlichung in Probleemblad quasi einem Heimspiel gleicht, ist er doch auch schon Jahrzehnte lang an der Herausgabe des Schwalbe-Schwestermagazins beteiligt.

Dirk Borst
Probleemblad 2024
Beweispartie in 20 Zügen (13+11)

 

„Nur“ zwanzig Züge, dennoch sicherlich nicht ganz leicht zu lösen. Das kann man schnell ahnen, wenn man einfach nur die sichtbaren Züge zählt: Bei Schwarz ist man da fix fertig: 0+0+4+2+1+2=9 – mehr als die Hälfte der Züge ist also noch frei, da nicht sichtbar.

Viel besser schaut es bei Weiß auch nicht aus: 2+2+5+3+3+1=16 – auch bei Weiß sind also noch vier Züge frei. Hilft uns das irgendwie weiter? Zumindest insoweit, dass wir, obgleich bei Weiß genau drei Bauern fehlen, keiner von denen umgewandelt haben kann: Soo schnell sind Bauern ja auch nicht!

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Retro der Woche 45/2024

Nicht nur die Beweispartien, wie wir das beispielsweise im letzten Retro der Woche gesehen hatten, waren in der US-amerikanischen Zeitschrift StrateGems bis zu deren Ende 2022 von exquisiter Qualität, sondern auch die klassischen Retros zeigten hohes Niveau und große thematische Bandbreite.

Das zeigte sich auch im letzten Informalturnier, von dem ich bereits den ersten Preis, ein unglaublicher Illegal-Cluster-Task und den zweiten Preis, ein klassisches Auflöse-Retro, vorgestellt hatte. Das auf Platz drei gelandete Problem ist ein höchst originelles Rebus-Problem, bei dem also aus den angegebenen Buchstaben erst einmal die Stellung rekonstruiert werden muss, bevor die Zusatzfrage beantwortet werden kann. Und, so viel kann ich schon verraten, die Zwillingsfassung hat es in sich!

Nina Omeltschuk, Andrej Frolkin & Jeff Coakley
StrateGems 2022 ‚Reflect‘– 3. Preis
Forderung siehe Text

 

Hier zunächst die Forderung: „Unterschiedliche Buchstaben bedeuten unterschiedliche Steinarten, Groß- und Kleinschreibung bedeuten verschiedene Farben. Bestimme die Stellung und den letzten Zug. – b) horizontal gespiegelt.“

Wie kann man solche Aufgaben lösen? Versuchen wir also, aus den Buchstaben Rückschlüsse auf die Steine zu ziehen. Vielleicht wird zwischendurch schon die Farbverteilung klar, vielleicht auch erst zum Schluss.

Hier ist die Klärung, was Könige und was Bauern sind, recht einfach. Die Bauern sind Cc – nicht etwa, weil gleich sieben Mal „C“ vorkommt, mit solchen “plausiblen” Überlegungen wäret ihr schon bei einigen Rebus-Aufgaben gescheitert! Nein, aber alle anderen Steine stehen mit mindestens einem Exemplar auf der ersten bzw. achten Reihe. Und auch die Könige können wir leicht als Rr identifizieren: Sie sind die einzigen Steine, die je Farbe exakt einmal vorhanden sind.

Nun wird es etwas schwieriger.

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Homebase-Matt

In der neuesten Ausgabe 7 des The Hopper Magazins stellt Rustam Ubaidullajew (einige wissen es vielleicht: Einer meiner Lieblings-Beweispartie-Komponisten) seine Zusammenstellung von Beweispartien vor, die mit Matt des schwarzen Königs bei weißer Homebase enden. Dabei gelingt ihm dies für alle denkbaren schwarzen Königsfelder.

Das ist natürlich Lösespaß pur, nicht unbedingt immer ganz leicht! Eine der Aufgaben möchte ich euch heute für „zwischendurch“ anbieten:

Rustam Ubaidullajew
The Hopper 2024
Beweispartie in 9,5 Zügen (15+12)

 

 

Der Blick in diese Online-Zeitschrift lohnt übrigens immer – nicht nur, weil dort relativ viele Retros veröffentlicht werden!

Und nächste Woche findet ihr hier natürlich die Lösung unserer heutigen Beweispartie!

Lösung


Retro der Woche 44/2024

Die US-amerikanische Zeitschrift StrateGems, herausgegeben von Mike Prcic, musste nach 25 Jahren und exakt 100 Ausgaben zum Ende des Jahres 2022 eingestellt werden. Das war ein Riesenverlust gerade für und Retrofreunde, war die entsprechende Abteilung über die gesamten 25 unter den besten, die die Welt zu bieten hatte.

Aus dem letzten Informalturnier hatte ich bereits den ersten Preis von Silvio Baier bei den orthodoxen Beweispartien vorgestellt; heute möchte ich mit euch das zweitplatzierte Stück betrachten.

Michel Caillaud
StrateGems 2022 – Ein Dankeschön an Mike Prcic, 2. Preis
Beweispartie in 30 Zügen (15+15)

 

Leicht zu sehen, dass bei Weiß genau ein Turm fehlt; die schwarze Bauernstellung verrät aber nichts über ein mögliches Schlagfeld. Bei Schwarz fehlt im Diagramm ein Bauer: Entweder wurde [Bf7] auf f3 geschlagen — dann starb der weiße Turn irgendwo auch der f-Linie, vom [Bg7] geschlagen, oder ein Offizier hat sich auf f3 geopfert und [Bg7] den durch Umwandlung ersetzt. In diesem Fall können wir wieder noch nichts über das Sterbefeld des weißen Turms aussagen.

Versuchen wir einmal, die schwarzen Züge zu zählen: Dabei kommen wir auf 3+2+5+8+5+5=28. Bei König und den Türmen bin ich von der langen Rochade ausgegangen: Egal, welcher Turm auf c7, welcher auf h3 steht, beide brauchten zwei bzw. drei Züge dorthin — nach c7 unabhängig davon, ob lang rochiert wurde oder nicht. Die Rochade allerdings spart einen schwarzen Königszug.

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Stelvio 3.0 ist da!

Reto Aschwanden hat eine neue Version, die 3.0, seine Beweispartie-Prüfprogramms “Stelvio” fertig gestellt.

Wieder standen weitere Verbesserungen der Performance und der Reduzierung des internen Speicherbedarfs im Vordergrund: Nach außen hin kaum sichtbar, aber natürlich sind so etwas wichtige Verbesserungen und Weiterentwicklungen.

Wie immer findet ihr die aktuelle Version auf meiner Stelvio-Seite!

Retro der Woche 42/2024

Bleiben wir nach dem Retro der Woche 39/2024 und der „Zwischendurch“-Beweispartie von Retos gestrigen 50. Geburtstag noch einen Moment bei Aufgaben von ihm. Das heutige Stück ist wiederum recht typisch für den Komponstionsstil von Reto Aschwanden: Nicht besonders lang, aber strategisch mit Tiefgang und Überraschungen. Preisrichter Michel Caillaud hatte darüber gesagt: „A stunning masterpiece which I expect will be widely reproduced.“

Dann wird es auch höchste Zeit, dass wir es uns hier anschauen…

Reto Aschwanden
Messigny 2004, 1. Preis
Beweispartie in 18 Zügen (12+14)

 

Bei Weiß fehlen vier Bauern, bei Schwarz zwei; alle Offiziere sind noch an Bord. Zählen wir erst einmal die sichtbaren schwarzen Züge: 2+2+4+3+3+4=18 – alle schwarzen Züge sind also erklärt. Damit der König in zwei Zügen nach h8 kommen kann, muss er rochieren: Ohne Rochade brauchte er drei für diesen Weg, ohne dass damit ein Turm einen Zug einsparen konnte. Also müssen wir die Rochade als gesetzt nehmen.

Und wir wissen, dass die fehlenden Bauern auf ihren Partieanfangsfeldern geschlagen wurden, denn sie hatten keine Zeit zu ziehen. Damit ist klar, dass sie auf c7 und g7 geschlagen wurden.

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Reto Aschwanden 50

Einer der bedeutendsten Beweispartie-Komponisten dieses Jahrtausends ist Reto Aschwanden, dem ich zu seinem heutigen 50. Geburtstag herzliche Glückwünsche in die Schweiz schicke. Reto baut meist strategisch tief gehende, stets originelle Beweispartien, hat aber schon mit 17 Jahren erste ausgezeichnete Zweizüger, anschließend auch höchst komplexe Märchenschach-Aufgaben veröffentlicht. Für die extrem hohe Qualität seiner Aufgaben spricht, dass er der jüngste Kompositionsgroßmeister aller Zeiten ist.

In der letzten Zeit hat er uns mit seinem leistungsfähigen Beweispartie-Prüfprogramm Stelvio das Leben erleichtert — ich bin sicher, ich hoffe, dass dort wie bei seinen Kompositionen das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist, dass wir noch jede Menge toller Aufgaben von ihm sehen werden.

Nachdem ich im Retro der Woche 39/2024 bereits eine frühe Beweispartie von Reto vorgestellt hatte, folgt nun eine weitere, etwas kürzere. Ich lade euch herzlich ein, sie selbst zu lösen, auch wenn wir hier sicherlich das “zwischendurch” zeitlich nicht ganz so knapp ansetzen sollten.

Reto Aschwanden
Problemesis 2001, 1. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 15,5 Zügen (14+14)

 

 

 

 

Lösung


Zwei Ceriani-Frolkin, schwarze Homebase, Tempoverlust.

Make&Take

Heute möchte ich euch „zwischendurch“ eine kleine Märchenschach-Beweispartie zeigen, die uns die ziemlich dynamische „Make&Take“ Bedingung näherbringt: Alle Steine ziehen schlagfrei ganz orthodox, für einen Schlag mus jedoch zunächst ein (schlagfreier) Zug in der Art des intendierten Schlagopfers erfolgen, bevor das dann mit einem „normalen“ Schlagzug des Schlagtäters beseitigt wird. In einer Stellung Kh1 Ba2 – Kb7 Le8 wäre also etwa möglich: 1.Ba2-f7xe8=S Kb7-d8xe8.

Michael Barth hat uns dazu einen Urdruck zur Verfügung gestellt, der in vier Zügen gleich zwei Lösungen präsentiert. Der erste weiße Zug ist in beiden Lösungen identisch, danach unterscheidet sich das Spiel. Im Hilfsmatt würde man das notieren „1.2;1.1…“

Michael Barth
Urdruck
Beweispartie in 4 Zügen, 2 Lösungen, Make&Take (14+15)

 

Versucht euch einmal daran! Und wenn es nicht klappt: In einer Woche erscheint hier die Lösung.

 

Lösung

1.b2-b3 g7*c1=S 2.Dd1*c1 Lf8-g7 3.Ke1-d1 Lg7*c1 4.Sb1-c3 Lc1-a3 und
1.b2-b3 g7*c1=D 2.Sb1-c3 Dc1-a3 3.Dd1*a3 Lf8-h6 4.Ke1-d1 Lh6*a3

Hier habe ich die Schlagfälle mit einem Stern * gekennzeichnet, damit man sofort sieht, dass es sich nicht um „normale“ Schläge handelt. Habt ihr jeweils die „Schlagwege“ erkannt – auch den märchentypisch begründeten Schnoebelen-Springer in der ersten Lösung?