Tempoverlustspiele

In Heft 265 der Schwalbe (Seite 358-368) hat Nikolai Beluchow einen groß angelegten Artikel über “Ortho-Rekonstruktionen”, wie Luigi Ceriani seine Erfindung genannt hatte, veröffentlicht; im darauf folgenden Heft (Nr. 266, S.438-440) folgte eine Ergänzung von Bernd Schwarzkopf unter dem Titel “Tempoverlustspiele”.

Bei beiden geht es um die gleiche Forderung, nämlich die Diagrammstellung mit der anderen Partei am Zug wiederherzustellen.

Bereits 1949 hatte Die Schwalbe hierzu ein Thematurnier ausgeschrieben; der Preisbericht erschien als “Sonderdruck” der Schwalbe auf vier einzelnen Seiten, war aber den regulären Ausgaben nicht beigebunden und ist daher sicherlich vielen Problemfreunden bisher nicht bekannt.

Bernd Schwarzkopf hat nun eine Kopie des Preisberichts (Richter war Luigi Ceriani) besorgt, und die kann nun über die Schwalbe-Seite heruntergeladen werden. Viel Spaß bei der spannenden Lektüre!

 

KARL

Heute ein weiterer Lesetipp: Kennt ihr KARL, das kulturelle Schachmagazin? Wenn nicht, wird es höchste Zeit, das zu ändern!

Das Magazin erscheint vierteljährlich und widmet sich in Berichten, Analysen, Essays und Porträts den kulturellen, historischen und gesellschaftlichen Aspekten des Schachs. Jede Ausgabe hat ein bestimmtes Schwerpunkt-Thema; im neuesten, gerade erschienenen Heft 1/2014 dem Thema Schachkomposition.

Nun ahnt ihr, warum ich euch dieses Heft so ans Herz lege — auch wenn Retroanalyse so gut wie keine Rolle spielt. Aber das wäre sicher auch nicht so gut in einem Heft, das hauptsächlich Partie-Spielern Problemschach näher bringen soll?!

Das geschieht einerseits mit “historischen” Artikeln von Hanspeter Suwe (Geschichte des Problemschachs), Hans Gruber (über Die Schwalbe) und Günter Büsing (Internationale Problemschachverbände) sowie einem spannenden Interview mit bernd ellinghoven. Wenn ihr immer schon wissen wolltet, warum er seinen Namen klein schreibt, so erfahrt ihr es hier!

Dann folgen, sehr geschickt für das “Party-Zielpublikum” Lieblingsprobleme bekannter Partiespieler bis hin zu Vishy Anand, ein Beitrag über den Studienspezialisten Harold van der Heijden und seine Studiensammlung, über den Löse- und Partie-GM John Nunn sowie ein Artikel von Jochanan Afek (auch Party-IM…) über Chamäleon-Echos in Studien. Weiter geht es mit geschichtlichen Reminiszenzen über David Przepiorka und Arnold Graf Pongracz.

Im allgemeinen Teil findet sich ein sehr interessantes Interview mit Vlastimil Hort anlässlich seines 70. Geburtstags, ferner verschiedene Buchrezensionen, darunter auch das Kraemer-Buch von Ralf Binnewirtz.

Ich garantiere euch tolles Lesevergnügen!

Geburtstags-Wochenende

An diesem Wochenende feiern sofort zwei prominente Retrofreunde Geburtstag: Am gestrigen Sonnabend war Werner Keym an der Reihe, am heutigen Sonntag folgt Gerd Wilts.

Beiden von hier aus herzliche Glückwünsche für das neue Lebensjahr: Alles Gute, vor allen Dingen natürlich Gesundheit wünsche ich euch — und weiterhin viel Freude und Erfolg beim Schach!

Himmelsstürmer

Wer 2012 die Schwalbe-Tagung in Traunstein besucht hat, erinnert sich vielleicht noch an das gelegentliche Verkehrschaos in der Stadt, wenn wieder einmal der Stadtplatz komplett gesperrt war wegen der Dreharbeiten für einen Fernsehfilm. Übrigens war auch unser Tagungshotel ein paar Tage nach unserem Treffen Drehort.

Dieser Film wird am 14. Februar 2014 um 21:15 Uhr in der ARD gesendet: Die Himmelsstürmer. Ich werde also ausnahmsweise morgen mal den Fernseher einschalten und hineinschauen — ich bin gespannt, was wir an Bekanntem dort zu sehen bekommen?!

Die Schwalbe wird 90

Heute vor 90 Jahren, am Sonntag, dem 10. Februar 1924 fand auf Anregung von Anton Trilling in Essen die Gründungsversammlung der ‘Vereinigung der Problemfreunde’ statt.

Viele Problemschach-Historiker waren davon überzeugt, dass der genaue Gründungsort kaum noch zu rekonstruieren sein könne. Das lies Michael Burghardt, gebürtiger Essener, nicht ruhen, und so machte er sich im Essener Stadtarchiv auf die Suche — und wurde auch wirklich fündig, wie nun im Februar-Heft der Schwalbe dokumentiert ist.

In der von Wilhlem Maßmann geleiteten Schachecke des Essener General-Anzeigers vom 17. Februar 1924 fand er den entscheidenden Artikel:

“Schwalbe”, Vereinigung von Problemfreunden
Sonntag, den 10. Februar 1924, wurde in Essen, Restaurant “Zum Schwanen” (A. Rolf), Witteringsplatz, ein Problemclub (Schule) gegründet. Zweck: Kameradschaftliche Beziehungen unter den Problemfreunden herbeizuführen und zu unterhalten, insbesondere dem Problemschach durch Schulung, Anregung und Werbung Meister heranzubilden, um ihm die ihm gebührende Verbreitung und Anerkennung zu verschaffen. Nähere Auskunft an Interessenten erteilt bereitwilligst Ant, Trilling, Essen, Witteringstr. 56.

Nähere Details findet ihr in dem Artikel “Mein lieber Schwan…” von Michael Burghardt in der Februar-Schwalbe, S. 353-354 sowie auf der entsprechenden Seite von Ralf Krätschmer; dort auch mit Fotos.

Teilnehmer an der Veranstaltung heute vor 90 Jahren waren übrigens E. Skowronek, W. Burchard, A. Stemmer, H. August, W. Krämer, W. Karsch, A. Jakubzik, J. Ruczinski, J. Koöorz, J. Hinsken, W. Usath, A. Trilling, H. Eichholz, F. Mascher und F. Rudolph.

Ich werde heute Abend einen guten Tropfen auf das Wohl der “Schwalbe” trinken — auf die nächsten 90 Jahre!

Wolfgang Dittmann †

Wolfgang Dittmann, der verdienstvolle langjährige Vorsitzende der Schwalbe, der hervorragende Komponist, der Verfasser des „Blick zurück“, des Buchs über Retroanalyse ist gestern, am 5. Februar, nach längerer Krankheit in Berlin gestorben. Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Frau Angelika und seinen beiden Töchtern.

Wolfgang Dittmann, Andernach 2005

Wolfgang Dittmann 14.6.1933 – 5.2.2014

Auch wenn ich über seinen schlechten Gesundheitszustand in der letzten Zeit wusste, war ich voller Hoffnung gewesen, dass er wieder gesund werde. Umso geschockter war ich, als ich heute Abend von einer Dienstreise nach Hause kam, meine Mails durchschaute und dort die traurige Nachricht vorfand. Noch gestern hatte ich einen Schachfreund vertröstet: Das Thema, das er angesprochen hatte, könnten wir sinnvoll erst aufgreifen, wenn Wolfgang genesen sei.

Ich habe Wolfgang bei der Schwalbe-Tagung 1983 in Königsfeld kennen gelernt, als wir gemeinsam ein Konstruktionsturnier ausgerichtet haben; die Schwalbe-Tagung 1985 in Hagen habe ich in enger Abstimmung mit ihm, dem damaligen Vorsitzenden der Schwalbe, vorbereitet.

Nach seinem längeren Rückzug vom Problemschach haben wir uns 2004 bei der Schwalbe-Tagung in Furth im Wald wiedergetroffen – mit großen Auswirkungen, denn in den kommenden Jahren sollten wir intensiv zusammenarbeiten. Dort hatten wir zum ersten Male über sein Buchprojekt diskutiert; die Geschichte des „Blick zurück“ hat er im Vorwort zum Buch, für mich viel zu schmeichelhaft, beschrieben.

Die intensiven Diskussionen zu seinem Buch erfolgten nicht nur per Mail, sondern auch im persönlichen Kontakt: Nie werde ich das herrliche Wochenende bei Dittmanns in Berlin vergessen, an dem wir an der Schlussredaktion des Buches gearbeitet haben. In den folgenden Jahren hatte ich gelegentlich beruflich in Berlin zu tun, und häufig haben wir uns dann abends getroffen zum gemeinsamen Essen, zum gemeinsamen Diskutieren – längst nicht nur über Schach und Retros!

Von Wolfgang habe ich in unseren Diskussionen unendlich viel gelernt, dafür und für seine Freundschaft werde ich ihm immer dankbar sein. Ohne diese Erfahrungen hätte ich bestimmt nicht  die Retro-Spalte der Schwalbe übernommen, ohne diese Erfahrungen gäbe es auch diesen Blog nicht, bei dem er mich von Anfang an so großzügig unterstützt hat. Ich erinnere nur an seinen Artikel „Der König setzt matt!“, den ich euch noch einmal zur Lektüre im Gedenken an Wolfgang empfehle.

Wolfgang und ich hatten uns beide darauf gefreut, sein Geburtstagsturnier — die Ausschreibung findet ihr im Rahmen meines kleinen Artikels zu seinem 80. Geburtstags hier im Blog — gemeinsam zu richten, das bleibt uns nun leider verwehrt. Stattdessen wird das Turnier nun als Gedenkturnier fortgeführt, und ich werde mich bemühen, es in Wolfgangs Sinne zu richten.

In den kommenden Wochen werde ich hier im Blog noch ausführlich auf die Kompositionsleistungen von Wolfgang zurückkommen.

Nachtrag 9.2.2014: Ich habe das Sterbedatum korrigiert.

Terminsachen

Zwei kleine Randnotizen zum Thema in der Zeit:

Bereits am letzten Mittwoch (29. Januar!) sind die Februar-Hefte der Schwalbe verschickt worden! Mit etwas Glück können sie ja schon bei dem einen oder anderen noch im Januar angekommen sein — bei mir jedenfalls nicht, hier braucht die Post für Bücher und Zeitungen meist eine Woche.

In der letzten Woche habe ich auch den zweiten Teil des StrateGems Retro-Preisberichts fertig gestellt und an den dortigen Sachbearbeiter, Kostas Prentos, geschickt — die Preisberichte für das Jahr 2013.

Komponisten-Datenbank

Auf der WFCC-Seite ist das Projekt Chess composers’ names in various alphabets nun in neuer Darstellung verlinkt, nachdem es dort eine neue Heimat gefunden hat.

Ziel der Datenbank mit den Editoren Thomas Maeder und Rainer Staudte ist, beim “richtigen” Schreiben der Namen von Komponisten zu unterstützen. Na ja, nichts einfacher als das, sollte man denken: Man schreibt einfach den Namen aus der Quelle ab?!

Aber ganz so einfach ist das nicht, besonders nicht bei den Namen von Autoren, die in anderen Alphabeten geschrieben sind, beispielsweise kyrillisch. Dabei ist zu beachten, dass es unterschiedliche Weisen der Übertragung etwa in unser lateinisches Alphabet gibt (Transkription und Transliteration). Noch viel spannender wird es, wenn man einen ursprünglich in einem kyrillischen Alphabet geschriebenen Namen z.B. in einer englischen Quelle nachgedruckt findet und man kennt den Autor nicht: Im Englischen wird anders transkribiert als im Deutschen; eine einfache Übernahme der Schreibweise ist also nicht möglich.

Hierbei soll die neue Datenbank unterstützen. Schaut mal dort vorbei, auch zu den linguistischen Fragen gibt es interessante Informationen. Ich wünsche den Machern jedenfalls von Herzen, dass sie weitere Mitstreiter finden, die die unterschiedlichen Arten der Namensübertragung einpflegen, so dass die Datenbank noch besser nutzbar wird.