Schwalbe 303

Die Juni-2020-Ausgabe der Schwalbe bietet wieder 60 Seiten konzentrierten Problem-Lese- und Lösestoff. Aus den allesamt interessanten Artikeln möchte ich nur den Bericht zum Konstruktions- und Lösewettbewerb 2018 hervorheben sowie euch Retrofreunden besonders den Beitrag “Entschlag auf der Fesselungslinie” ans Herz legen:

Ich hatte mich riesig gefreut, als ich Anfang des Jahres Kontakt zu Harry Goldsteen bekam, von dem ich lange Zeit keine Aufgaben mehr gesehen hatte — und der sich nun mit zwei echten “Krachern” bei mir meldete. Den ersten konntet ihr schon im Urdruckteil des Aprilhefts bewundern, den zweiten nun hier in dem kleinen Aufsatz, der mir in Absprache mit Harry zur Publikation besser geeignet erschien als der Urdruckteil, in dem dieses Mal wieder neun abwechslungsreiche Aufgaben auf eure Lösungen und Kommentare warten.

Viel Spaß!

Neuer Wettbewerb des SVW

Der Schachverband Württemberg schreibt in diesem Jahr zum neunten Male seinen Problemschach-Wettbewerb aus. Dieses Mal geht es um eine Partie Caruana — Carlsen aus dem Jahr 2012, anhand derer eine spannende “Konstruktionsübung” gefordert ist; die Preise sind wie immer beachtlich. Der Einsendeschluss ist der 30. November 2020.

Die Ausschreibung aus Problemschach für Tiger könnt ihr wie üblich hier herunterladen. Und wenn ihr das gemacht habt, stürzt euch nicht sofort auf den Wettbewerb, sondern schaut euch zunächst die Tiger-Tests an!

Viel Spaß und Erfolg beim Wettbewerb wünsche ich euch!

Konstruktionswettbewerb und Jacobi

Auch im letzten Jahr hatte der Schachverband Württemberg e.V. wieder ein Konstruktionsturnier ausgeschrieben: Ich hatte offensichtlich vergessen, hier darauf hinzuweisen, da dieses Mal kein Retro gefordert war; es ging um eine Folge von Mattsetzungen: Nach einem Matt werden die schachbietenden Steine entfernt, und es geht weiter.

Ausschreibung und Preisbericht habe ich zusammengefasst; die sind nicht nur interessant, weil mit dem Team Andrej Frolkin und Chris Tylor echte Retrofreunde gewonnen haben, sondern von Chris stammt eine englische Beschreibung, wie sie das “Märchen-Beweispartie-Prüfprogramm Jacobi” hierzu intensiv genutzt haben. (Dank an Chris, dass er mir erlaubt hat, diesen Bericht hier vorzustellen.)

Das sollte sicher einige von euch interessieren. Viel Spaß bei der Lektüre!

Verhunzt

Auch wenn sich Schach für Tiger hauptsächlich an Partiespieler wendet, um ihnen Problemschach näher zu bringen, so bietet es auch immer für gestandene Problemisten interessanten Lesestoff.

Die November-Ausgabe 2019 weist nicht nur noch einmal auf den 8. Problemschach-Wettbewerb des Schachverbandes Württemberg hin (Einsendeschluss: 30. November 2019), sondern stellt auch drei von Wolfgang Erben bewusst etwas “verhunzte” Probleme (darunter auch eine Beweispartie) vor, anhand derer er wichtige Prinzipien des Problemschachs verdeutlicht.

Interessant und didaktisch gut aufbereitet, wie man es von Wolfgang Erben kennt, also dringend zum Lesen empfohlen. Und vielleicht wollt ihr euch ja auch noch auf den Wettbewerb stürzen?

Retro der Woche 46/2019

Heute komme ich zurück auf die Mushikui Rekonstruktion, die ich am letzten Donnerstag hier vorgestellt habe. Dort könnt ihr auch die Schreibregeln für diese spezielle Art von Beweispartien nachlesen.

Bei dieser Art von Beweispartien wird nicht die Schlussstellung angegeben, sondern die Lösung – allerdings codiert, indem nur die Anzahl der Zeichen der entsprechenden Zugnotation angegeben wird.

(Für die Mathematiker unter uns: Auf die Zugnotation wird also eine Hash-Funktion angewendet, die die normalerweise gar nicht gewollte Eigenschaft hat, dass man unter gewissen Umständen die Ursprungswerte wieder erhalten kann.)

Schauen wir uns doch solch eine Partienotation an und überlegen, wie wir auf die zu Grunde liegende Partie schließen können.

Mu-Tsun Tsai, http://www.abstreamace.com/retro/ 11.6.2011
1.** *** 2.**** ** 3.**** **** 4.***** **** 5.*** **** 6.****** *** 7.**** ** 8.******* **** 9.** *** 10.******* *** 11.***** ****

Zunächst mag man kaum glauben, dass man aus diesen wenigen Informationen die Partie rekonstruieren kann. Schauen wir uns einmal an, wie man da lösend vorgehen könnte.

Einen guten Einstieg liefern bereits die ersten drei Halbzüge: Klar ist, dass es mit einem Bauernzug und einem Figurenzug losgeht: Schwarz kann in seinem ersten Zug also nur einen Springer ziehen.

Der zweite weiße Zug hat die Notationslänge 4 — das muss im zweiten Zug also ein Schlag sein. Da gibt es nur vier Möglichkeiten: 1.e3/e4 Sa6 2.Lxa6 oder symmetrisch: 1.d3/d4 Sh6 2.Lxh6. Damit haben wir die Lösungswege schon deutlich eingegrenzt.

Weiterlesen

Stern-Notation

Kennst du eigentlich Mushikui Rekonstruktionen? Das sind, eingeführt von Mu-Tsun Tsai im Jahr 2011, Beweispartien, in denen nicht die Schlussstellung angegeben ist, sondern die Lösung.

Das wäre natürlich schrecklich langweilig, wenn da nicht eine kleine Gemeinheit wäre: Die Angabe der einzelnen Züge ist verborgen! Wie bei der Eingabe eines Passworts im Computer oder am Geldautomaten wird jedes Zeichen in der Notation hinter einem Sternchen versteckt. Dabei wir die normale Notation verwendet, die muss natürlich ein wenig „normiert“ werden:

  • Schlagfälle werden durch ein Schlagzeichen (‚x‘ oder ‚:‘) notiert: Dxc7 >> ****
  • En Passant Schläge werden durch angehängtes ‚ep‘ notiert: cxd6ep >> ******
  • Bei Umwandlungen wird ‚=‘ genutzt: a8=T >> ****
  • Für die Kennzeichnung von Schach- bzw. Mattzügen wird ‚+‘ bzw. ‚#‘ angehängt: Dxe5+ >> ***** Doppelschachs werden nur mit einem Schachzeichen versehen.
  • Mehrdeutigkeiten müssen angegeben werden: Steht also Springer auf c1 und c5, so ist S1d3 anzugeben > **** — das gilt auch, wenn Sc5 gefesselt ist!
  • Rochaden werden wie üblich notiert: O-O bzw. O-O-O >> *** bzw. *****

Ich finde das sehr reizvoll; vielleicht möchtet ihr damit einmal „zwischendurch“ spielen?

Eine nicht allzu komplexe Beweispartie von Mario Richter & Mu-Tsun Tsai (& Computer), Internet 2011 (die genaue Adresse gebe ich mit der Lösung an, damit ihr nicht in Verlegenheit kommt dort nachzuschauen…) wäre:

1.*** ** 2.** **** 3.*** ***** 4.***** *****

Was kann man schnell über die Art der ersten fünf Halbzüge sagen? Beim sechsten muss man schon etwas genauer überlegen…

Wie üblich zeige ich die Lösung hier in etwa einer Woche; viel Spaß beim Knobeln! … Und hier ist sie nun:

Lösung

Die drei letzten Fünfersterne markieren also zwei Schläge mit Schachgebot und einen Schlag mit Auflösung der Mehrdeutigkeit.

Ach ja, die Internet-Quelle wollte ich noch verraten — besser gesagt das habe ich schon im Retro der Woche 46/2019 gemacht:
http://www.abstreamace.com/retro/

Ergänze

Habt ihr genug Schachspiele zur Verfügung? Heute braucht ihr neun weiße Damen!

Alain Brobecker & Computer
Add Units 2011
Ergänze zwei Steine (9+0)

 

Mehr muss zu der Aufgabe gar nicht gesagt werden. Viel Spaß beim Knobeln wünsche ich euch und, wenn der heutige Tag auch bei euch Feiertag ist: Genießt das lange Herbstwochenende — nicht nur am Schachbrett!

Wie immer gibt es die Lösung hier in einer Woche.

Lösung

Es müssen natürlich die beiden Könige eingesetzt werden.
Alle Felder sind mindestens zweimal von Damen kontrolliert, und Doppelschach durch R g7xXh8=D+ funktioniert nicht, denn der sK kann weder auf g8 (wegen De6) noch auf h7 stehen.
Also muss sK auf ein nur zweimal kontrolliertes Feld gestellt werden, der weiße König muss dann eines der beiden Schachs aufheben können. Es gibt sieben nur zweimal gedeckte Felder: a5,d1,f3,f4,f7,f8 sowie h2. Nur f4 lässt dem weißen König genug Platz, eine der Deckungen aufzuheben, also ist die Lösung +sKf4, +wKd2.

Homebase-Beweispartien und WinChloe

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Christian Poisson hat kürzlich ein Büchlein mit 1144 Seiten (!!) veröffentlicht: 562 Parties Justificatives Homebase. Er stellt dort wie zu vermuten 562 Beweispartien mit (doppelter) Homebase vor, die meisten mit zusätzlichen Märchenbedingungen. Dabei wird auf den ungeraden (= rechten) Seiten eine Aufgabe im Diagramm vorgestellt und auf der nachfolgenden geraden (= linken) Seite deren Lösung gezeigt. Ideal also zum Selbstlösen, aber auch zum Blättern, da bei der Lösung das Diagramm wiederholt wird.

Ein Beispiel “für zwischendurch” möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten; die Lösung erscheint wie immer in etwa einer Woche hier.

Christian Poisson
562 Parties Justificatives Homebase 2019
Beweispartie in 7,5 Zügen (13+12)

 

Die Aufgaben entstanden übrigens hauptsächlich, um die neue Prüfroutine für Beweispartien in WinChloe 3.46 zu testen. Die ist für viele Märchenbedingungen deutlich schneller als Popeye, Christian hat aber gar nicht den Ehrgeiz, Jacobi in der Geschwindigkeit zu schlagen.

… Und hier ist die Lösung:

Lösung