Retro der Woche 02/2025

Eine meiner Lieblings-Märchenbedingungen ist „monochromes Schach“: Weil einerseits die Bedingung quasi mit einem Satz erklärt werden kann („Es sind stets nur Züge erlaubt und legal, deren Ausgangs- und Zielfeld von gleicher Farbe sind; Rochaden gelten als Königs- und Turmzug.“), sie gleichzeitig aber unglaublich tiefsinnige Aufgaben erlaubt.

Gerade „monochrome Retros“ besitzen häufig in „einfacher“ Stellung unerwartete Tiefe, wie vor allem die Spezialisten Thierry Le Grleuher und René J. Millour schon vielfach gezeigt haben. Heute möchte ich ein solches Stück aus dem 2022er Retro-Preisbericht der Schwalbe vorstellen.

Thierry Le Gleuher
Die Schwalbe 2022, 2. ehrende Erwähnung
Wo wurde sTa8 geschlagen? Monochromes Schach (8+5)

 

Aus der Definition ergibt sich beispielsweise sofort, dass Springer nie ziehen können, dass eine lange Rochade niemals möglich ist, dass ein Bauer mindestens vier Schläge bis zur Umwandlung benötigt.

Auch für Türme können wir wichtige Aussagen treffen: Weiße Türme können nur auf ungerade, schwarze nur auf gerade Reihen ziehen, bei Umwandlungstürmen ist es genau anders herum. Wir können also im Diagramm für jeden Turm eindeutig entscheiden, ob er durch Umwandlung entstanden oder der Originalstein ist.

So fällt hier also sofort auf, dass wTg4 erwandelt wurde, was allein schon vier Bauernschläge auf weißen Feldern erfordert hat.

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Frohe Weihnachten 2024!

Frohe Weihnachten
Schöni Wienacht
Merry Christmas
Zalig Kerstfeest
Feliz Navidad
Buon Natale
Joyeux Noël
Мирного та щасливого Різдва Христового
С Рождеством
Христос се роди
メリークリスマス
圣诞节快乐
Glædelig Jul
Hyvää Joulua
God Jul

Euch allen wünsche ich ein schönes, ein ruhiges, ein frohes, ein besinnliches und ganz besonders ein friedliches Weihnachtsfest 2024!

Wie ist das mit eurem Weihnachtsteller: Ist der drehbar? Wie praktisch das sein kann, zeigt die heutige Aufgabe:

Knud Hannemann
Skakbladed 1922
Matt in zwei Zügen, b) drehe 90 Grad (wKh6), c) drehe 180 Grad, d) Drehe 270 Grad (12+1)

 

Zu Silvester wird die Lösung natürlich hier erscheinen.

 

Lösung

a) 1.d8=D+ Ke6 2.De7#
b) 1.b8=T Kf4 2.Tf8#
c) 1.d8=L Kd4 2.Lf6#
d) 1.f8=S Kd5 2.Lb7#
Eine höchst originelle Allumwandlung!

Thierry Le Gleuher 65

Heute gehen unsere herzlichen Glückwünsche nach Montreal in Kanada, wo Thierry Le Gleuher sein 65. Lebensjahr vollendet. Thierry ist eine der profiliertesten Retro-Persönlichkeiten der Gegenwart: Ein großartiger, vielseitiger und sehr produktiver Komponist, Sieger des WCCI 2001-2003, damit Retro-Weltmeister, internationaler Kompositionsmeister seit 2010, der mit über 450 Retros in der PDB vertreten ist, seit vielen Jahren Retro-Sachbearbeiter bei Phénix, gesuchter Preisrichter (der FIDE seit 2014), seit 1998 “Indexer” der Retroabteilung im FIDE-Album …

Trotz der vielen Retros von ihm ist es mir schwer gefallen, für diesen Glückwunsch eine Aufgabe herauszusuchen, die in die “Zwischendurch”-Serie hier passen kann, denn die meisten seiner Aufgaben sind hoch komplex. Neben den orthodoxen “Eindeutige letzte Züge?” will ich besonders auf seine sehr tiefgründigen, schwierigen und gleichzeitig sehr logischen Monochrom-Stücke hinweisen.

Dann bin ich üb er dieses “Ohneschach” Stück gestolpert — und das sollte auch “zwischendurch” lösbar sein; die Lösung natürlich wieder in einer Woche hier. Beim “Ohneschach” sind Schachgebote nur zulässig, wenn sie gleichzeitig mattsetzen.

Thierry Le Gleuher
Messigny 2012, 9. Platz
Letzte 6 Einzelzüge? Ohneschach (14+13)

 

 

Übrigens ist der 28. November ein ganz besonderer Problemschach-Geburtstags-Tag: Hans Peter Rehm feiert heute seinen 82. Geburtstag, und wir denken auch an den 135. Geburtstag von Thomas R. Dawson.

Lösung

Die fehlenden weißen Steine wurden von Bauern auf dem Königsflügel geschlagen, und nach der erzwungenen Schlag-Rücknahme im ersten Zug können [Bb7] und [Bd7] nicht (schlagfrei) umgewandelt haben, sie wurden also auf ihren Linien geschlagen.
R: 1.a5xb6ep# b7-b5 2.e5xd6ep (Schwarz ist in Zugnot!) d7-d5 3.Sd6-e8 De8-f8
1.– b7-b6 und 2.– d7-d6 wären wegen der “Ohneschach”-Bedingung illegal.

Make&Take

Heute möchte ich euch „zwischendurch“ eine kleine Märchenschach-Beweispartie zeigen, die uns die ziemlich dynamische „Make&Take“ Bedingung näherbringt: Alle Steine ziehen schlagfrei ganz orthodox, für einen Schlag mus jedoch zunächst ein (schlagfreier) Zug in der Art des intendierten Schlagopfers erfolgen, bevor das dann mit einem „normalen“ Schlagzug des Schlagtäters beseitigt wird. In einer Stellung Kh1 Ba2 – Kb7 Le8 wäre also etwa möglich: 1.Ba2-f7xe8=S Kb7-d8xe8.

Michael Barth hat uns dazu einen Urdruck zur Verfügung gestellt, der in vier Zügen gleich zwei Lösungen präsentiert. Der erste weiße Zug ist in beiden Lösungen identisch, danach unterscheidet sich das Spiel. Im Hilfsmatt würde man das notieren „1.2;1.1…“

Michael Barth
Urdruck
Beweispartie in 4 Zügen, 2 Lösungen, Make&Take (14+15)

 

Versucht euch einmal daran! Und wenn es nicht klappt: In einer Woche erscheint hier die Lösung.

 

Lösung

1.b2-b3 g7*c1=S 2.Dd1*c1 Lf8-g7 3.Ke1-d1 Lg7*c1 4.Sb1-c3 Lc1-a3 und
1.b2-b3 g7*c1=D 2.Sb1-c3 Dc1-a3 3.Dd1*a3 Lf8-h6 4.Ke1-d1 Lh6*a3

Hier habe ich die Schlagfälle mit einem Stern * gekennzeichnet, damit man sofort sieht, dass es sich nicht um „normale“ Schläge handelt. Habt ihr jeweils die „Schlagwege“ erkannt – auch den märchentypisch begründeten Schnoebelen-Springer in der ersten Lösung?

Retro der Woche 41/2024

Am gestrigen Samstag hat auf der Mitgliederversammlung der Schwalbe, deutsche Vereinigung für Problemschach e.V. deren bisheriger Vorsitzende Bernd Gräfrath nach zehn Jahren im Amt nicht erneut kandidiert.

Ich hoffe, dass er nach einer verdienten Ruhe- und Erholungspause in Zukunft wieder vermehrt speziell Beweispartien komponiert, da ich seine Aufgaben sehr mag – besonders seine Märchen-Beweispartien, die häufig bei eingängigen Bedingungen einen „Kampf gegen die Forderung“ zeigen: Manchmal werden Märchenbedingungen genutzt, um Aufgaben korrekt zu bekommen – Bernd nutzt sie hingegen, um eben die naheliegenden Möglichkeiten der Bedingungen außen vor zu lassen, im Gegenteil die Schwierigkeiten zu betonen, die sich durch Zugeinschränkungen oder andere “Störungen des Betriebsablaufs” aufgrund der Bedingung ergeben können.

So auch in unserem heutigen Beispiel: Beim Längstzüger muss Schwarz den geometrisch längsten legalen Zug ausführen; bei mehreren gleichlangen hat er freie Auswahl. Die Länge eines Zuges wird von Feldmittelpunkt zu Feldmittelpunkt gemessen – und das zeigt zum Beispiel „nach Pythagoras“, dass a1-f6 länger ist als a1-a7. Bei der Rochade werden die Längen beider Teilzüge addiert.

Bernd Gräfrath
König & Turm 2011, 4. Preis
Beweispartie in 13 Zügen, Längstzüger (16+10)

 

„Thematisches Lösen“ kann auch die ursprüngliche Veröffentlichungsquelle berücksichtigen, und der Titel der Zeitschrift, die Hanspeter Suwe lange Zeit als „Einzelkämpfer“ herausgegeben hat, sagt schon eine Menge über deren thematischen Schwerpunkt aus: Die Rochade. Und auch der Blick aufs Diagramm zeigt die „Lange-Rochade-Stellung“ bei Weiß, und Schwarz steht spungbereit – dazu müsste Weiß nur die Überdeckungen von d8 und c8 beseitigen?

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Retro der Woche 32/2024

Gelegentlich schreibe ich Beiträge für die Retros der Woche „am Stück“, etwa wenn es um die Besprechung mehrerer Aufgaben aus einem Turnier geht. Für heute hatte ich nicht auf Vorrat geschrieben – in der Hoffnung, dass rechtzeitig zumindest einer der Preisberichte zu den beiden Retro-Thematurnieren beim WCCC in Jūrmala fertig würde.

Und die Hoffnung hat nicht getrogen, wie der am Donnerstag veröffentlichte Preisbericht des 7. Murfatlar-Turniers zeigte. Hier waren Beweispartien mit der Bedingung „Anticirce“ gefordert, optional mit einer weiteren Märchenbedingung. Heute möchte ich mit euch die bestplatzierte Aufgabe der „orthodoxen Abteilung“ (für dieses Turnier – keine weiteren Bedingungen) anschauen.

Zur Erinnerung: Bei Anticirce verschwindet das Schlagopfer ganz orthodox; der Schlagtäter hingegen wird gemäß den Circe-Regeln auf seinem Partieursprungsfeld wiedergeboren. Ist dieses besetzt, so ist der Schlag nicht möglich.

Michel Caillaud
7. Murfatlar-Thematurnier 2024, 1. Preis Abt. A
Beweispartie in 12,5 Zügen, Anticirce – 2 Lösungen (12+16)

 

Bei Weiß lohnt es, die Züge zu zählen 0+2+4+3+2+2=13 – alle weißen Züge sind erklärt. Das heißt auf der anderen Seite, dass alle fehlenden weißen Steine, das sind [Ba2], [Bd2], [Be2] und [Bh2], zu Hause geschlagen wurden, da für sie keine Züge zur Verfügung stehen.

Und dann hilft uns auch die Parteianfangsstellung bei Schwarz weiter: Hier können wir nälich erste Überlegungen zu den schwarzen Schlagtätern anstellen.

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Preisbericht 7. Murfatlar-Turnier

Der Preisbericht des 7. Murfatlar-Turniers, das traditionell zu WCCC ausgeschrieben wird, liegt schon vor!

Alt Thema waren Beweispartien mit der Bedingung “Anticirce” und optional einer weiteren Märchenbedingung (Ausschreibung) bis zum 15. Juli 2024 gefordert. Preisrichter Paul Rãican konnte sich nicht nur über 34 eingesandte Probleme freuen (neuer Rekord für das Turnier), sondern hatte dann natürlich auch viel Arbeit damit, den Bericht innerhalb von zwei Wochen zu erstellen.

Der Preisbericht findet sich seit heute auf der WCCC-Seite; ich werde hier auf das Turnier natürlich noch genauer eingehen.

Retro der Woche 29/2024

Sonntag, 14. Juli – französischer Nationalfeiertag UND Nicolas Dupont hat heute Geburtstag: Genz herzlichen Glückwunsch – und natürlich ein hervorragender Anlass, von Nicolas eine Aufgabe vorzuführen.

Wir alle kennen und schätzen ihn als einen der wichtigsten und besten „Proofgame of the Future“ Komponisten; vielleicht weniger bekannt ist, dass er gelegentlich gern und höchst erfolgreich auch Märchen-Beweispartien komponiert.

Eine davon habe ich für heute ausgesucht, sie nutzt die Bedingung „Immunschach“, die recht leicht zu erklären ist:

Ein Stein (auch Könige) kann nur geschlagen oder bedroht werden, wenn dessen Circe-Wiedergeburtsfeld frei ist, sobald der Schlagtäter sein Zielfeld erreicht hat. Ansonsten ist der Stein “immun”.
So steht es im Märchenschach-Lexikon der Schwalbe.

(Hinweis Wenn ihr Immunschach-Probleme mit Popeye oder Jacobi testen wolltt, nutzt die Bedingung RexInclusive, weil dort im Gegensatz zur Definition prinzipiell “Rex exclusive” gilt.)

Nun wollen wir uns anschauen, was Nicolas mit dieser Bedingung zaubert.

Nicolas Dupont
Weihnachtsturnier 2009, Retros 2. Preis
Beweispartie in 21 Zügen, Immunschach (15+12)

 

Beim Immunschach bleibt die Analyse der Schlagbilanzen „orthodox“; wir sehen also, dass [Ba7], [Bg7] und [Bh7] nicht von weißen Bauern geschlagen worden sein können. Zusätzlich ist noch [Be7] verschwunden, und damit sind alle fehlenden schwarzen Steine identifiziert. Bei Weiß hingegen fehlt ein Bauer, nämlich der [Bf2] oder [Bg2].

Nun zählen wir noch rasch die sichtbaren weißen Züge (bei Schwarz ist nicht viel zu zählen, was aber auch nicht so verwundert, da ja auf schwarzer Seite Umwandlungen geschehen sein müssen).
Da kommen wir auf 1+1+3+4+3+8=20 Züge – nur einer ist also noch frei.

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