Jacobi

Jacobi ist ein neues Computer-Prüfprogramm speziell für Märchen-Beweispartien (aber auch noch eine Menge Anderes) und schließt damit eine echte Marktlücke, denn orthodoxe Beweispartien lassen sich ja bereits sehr gut mit Natch oder Euclide prüfen.

Autor François Labelle hat es vor wenigen Tagen im Internet zur Verfügung gestellt: Das Lösen erfolgt auf dem eigenen Rechner, die Benutzungsschnittstelle hingegen steht im Internet zur Verfügung. Die Benutzungsschnittstelle ist ein wenig gewöhnugnsbedürftig und orientiert sich etwa an Popeye. Besonders hervorzuheben ist der “PG demolition mode”, der aufgrund von Heuristiken zunächst die “gefährlichsten” Abspiele sucht, um so möglichst schnell Nebenlösungen zu finden — gerade während des Kompositionsprozesses besonders praktisch, da zeitsparend.

Jacobi hat wie zu erwarten bereits erfolgreich “zugeschlagen”, so hat das Programm schon in seiner Betatest-Phase einige Märchenberweispartien gekocht, und auch von einem Komponisten habe ich den ersten “Erfolg” beim Kochen einer bereits veröffentlichten Aufgabe mitgeteilt bekommen. Gleichzeitig kann er nun einige Aufgaben, an deren Korrektheit er nicht glauben wollte, mit dem Gütesiegel “C+ (Jacobi)” versehen.

Probiert Jacobi einfach aus — es ist für Komponisten und Preisrichter sicherlich eine unschätzbare Hilfe!

Retro-Wenigsteiner

Auf der Seite von Julia’s Fairies hat Andreas Thoma 15 Retro-Wenigsteiner (ihr werdet euch nicht wundern, dass es sich um Anticirce-Verteidigungsrückzüger handelt?!) veröffentlicht, die ihr direkt ansehen oder herunterladen könnt.

Die drei Seiten enthalten auf der ersten die Diagramme, auf der zweiten Lösungshinweise und auf der dritten die Lösungen. Also solltet ihr zunächst nur die erste, ggf. die zweite Seite anschauen, wenn ihr euch mit den Aufgaben befassen wollt!

Zufälle

Manchmal gibt es schon verrückte Zufälle! Das letzte Retro der Woche hatte ich wegen Andernach schon eine Woche vorher geschrieben. Und am Mittwoch vor der Veröffentlichung flatterte mir das Mai-Heft von The Problemist ins Haus – mit gleich drei monochromen Retros!

Eines davon, das im Heft gründlich besprochen wurde, möchte ich kurz vorstellen:

Andrew Buchanan
The Problemist 2017, Yoav Ben-Zwi gewidmet
Letzter Zug? monochromes Schach (2+1)

 

Hier gilt implizit die „Dead Reckoning“ Regel, die auf Artikel 5.2b der FIDE-Schachregeln basiert: Kann ein Remis nicht mehr verhindert werden, endet die Partie automatisch und sofort; weitere Züge sind nicht mehr legal.

Mit dem vorhandenen Material kann Weiß nicht mattsetzen, die Stellung ist also remis. Also muss im letzten Zug entschlagen worden sein – und zwar so, dass die „andere Seite“ zumindest noch theoretische Gewinnmöglichkeiten hatte.

KxS, egal welcher Seite, scheidet aus, da die Stellung schon vorher remis war. KxL scheidet aus, da der Umwandlungszug unmöglich war: Kb7xLa8 geht nicht, da der letzte weiße Zug Bb7xXa8+ gewesen sein müsste – der scheidet aber aus, da b7 besetzt war. Dieses Argument zieht eigentlich auch für wKb2xLa1, aber diese Stellung wäre remis gewesen.

Ebenso scheidet beispielsweise Kb2xDa1 aus: Weiß hätte gar keine andere Zugmöglichkeit gehabt als die Dame zu schlagen und damit eine Remisstellung (nämlich die Diagrammstellung) herbeizuführen. Nach der Dead Reckoning Regel wäre die Stellung also schon VOR dem Schlag remis gewesen, der Schlag also gar nicht zulässig.

Bleibt also nur der Entschlag eines Turms übrig: K+T gegen K ist im monochromen Schach remis, da der König seinem Gegenüber kein Fluchtfeld nehmen kann. Also scheidet wKb2xTa1 als letzter Zug wegen Dead Reckonig aus, also hat Schwarz entschlagen: R Kb7xTa8.

[Th1] konnte niemals nach a8 gelangen, also wurde auf a8 ein Umwandlungsturm entschlagen. Eine extrem sparsame Darstellung des Ceriani-Frolkin-Themas – genauer gesagt gar des Prentos-Themas, da der Umwandlungsstein nicht von einem Bauern geschlagen wurde.

Wer hätte das bei nur drei Steinen auf dem Brett vermutet?

Retro der Woche 22/2017

Am heutigen Sonntag endet das traditionelle (Märchen-) Schachtreffen in Andernach, und daher habe ich für heute ein Märchen-Retro, eine Märchen-Beweispartie herausgesucht. Die hier geltende Bedingung „monochromes Schach“ wird im Schwalbe-Lexikon ganz einfach definiert: „Es sind nur Züge erlaubt und legal, deren Ausgangs- und Zielfeld von gleicher Farbe sind. Das gilt auch bei der Beurteilung von Matt und Patt.“ Das ist schon alles.

René J. Millour
Springaren 2007, 2. Preis
Beweispartie in 20,5 Zügen, monochromes Schach (13+7)

 

Einige Schlussfolgerungen für mögliche und unmögliche Züge kann man direkt aus der Bedingung ableiten.

So werden die Springer zu „Immobilien“, die nie ziehen können. So können die Könige direkt auf benachbarten Feldern stehen, da sie sich gegenseitig nie „bedrohen“ können: Der weiße König bleibt immer auf schwarzen, der schwarze König immer auf weißen Feldern. Und es gibt nur kurze Rochaden, da ja bei einer langen der beteiligte Turm die Felderfarbe wechseln würde. (Das ist allerdings Vereinbarungssache, denn wenn man die Rochade als reinen Königszug betrachtet, könnte man den Felderfarbwechsel des Turmes ignorieren. Das aber hätte merkwürdige Folgen für die Turmzüge.)

Ein ganz wichtiger Aspekt ist, dass Bauernzüge natürlich eingeschränkt sind: Bauern können nicht einen einfachen Schritt machen, da dabei dir Farbe gewechselt wird. Es funktionieren also nur der Bauerndoppelschritt am Anfang und anschließend nur Schläge.

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Marco Bonavoglia 64

Einen sehr “eckigen” Geburtstag, der aber für jenen Schachfan eigentlich der rundeste ist, feiert heute Marco Bonavoglia: Viele kennen ihn sicher beispielsweise aus Andernach und schätzen ihn auch als Retro-Freund, der schon lange in unserem Lieblingsbereich schöne Aufgabe, häufig verbunden mit Märchenbedingungen baut.

Ein schon etwas älteres Stück, das mir aber immer wieder hervorragend gefällt, habe ich zur Feier des Tages herausgesucht:

Marco Bonavoglia
feenschach 1986
Beweispartie in 11,5 Zügen, Schlagschach (16+15)

 

Die Frage ist natürlich, wie und wo der einzig fehlende Stein, der schwarze König, “herausoperiert” werden konnte, ohne dabei in andere Schlagfallen tappen zu müssen.

1.d3 Sf6 2.Kd2 g5 3.Ke3 Lh6 4.Ld2 0-0 5.Le1! Kh8 6.Lc3 Sg8 7.Lxh8 a5 8.Lc3 a4 9.Ld2 Sf6 10.Lc1 Th8 11.Kd2 Lf8 12.Ke1.

Da gibt es in so wenigen Zügen viel zu bestaunen: Jede Menge Rückkehren, Rochade, ein verblüffender Tempozug — immer wieder schön!

Lieber Marco, alles Gute wünsche ich dir zu deinem Geburtstag — und wir sehen uns in Andernach?!

Beweis zum 5. SVW-Konstruktionsturnier

Vielleicht erinnert ihr euch noch an den Preisbericht des 5. Konstruktionsturniers des Schachverbands Württemberg? Martin Hintz hatte mit einer besonders sparsamen Beweispartie den ersten Preis gewonnen.

Das Thema hat Martin nicht in Ruhe gelassen, er schrieb dazu:

“Ich fand die Aufgabenstellung so spannend, dass ich mit der Konstruktion der Sieger-Beweispartie nicht halt gemacht, sondern mich noch weiter damit beschäftigt habe. Zuerst wollte ich nur beweisen, dass meine BP mit 63,0 Zügen und 10 Schlägen optimal im Sinne des Wettbewerbs ist (d.h. dass sie eine KBP ist und dass jede KBP mindestens 10 Schläge braucht). Dieser Beweis ist mir tatsächlich schon im Sommer 2016 gelungen. Dann habe ich mir aber noch mehr vorgenommen, und am Ende ist ein ziemlich weitreichender und umfangreicher Überblick über die grundlegenden Strukturen sämtlicher kürzester Beweispartien herausgekommen.”

Diesen Überblick hat er mir für den Blog zur Verfügung gestellt (herzlichen Dank dafür!), den könnt ihr nun herunterladen und euch dann mit den 183 Seiten (!!) beschäftigen.

Viel Spaß damit!

Niederrhein-Treffen

Am letzten Sonntag, dem 2. April, trafen sich bei Hans-Peter Reich in Neuss einige Problemisten (Hans-Peter Reich, Stefan Höning, Bernd Gräfrath, Bernd Schwarzkopf, bernd ellinghoven, Jörg Kuhlmann, Ralf Binnewirtz und Thomas Brand) zu einem gemütlichen Schach-Nachmittag und -Abend. Bernd Gräfrath hatte im Vorfeld auf die Broschüre Synthetic Games von J. P. Jelliss aus dem Jahr 1998 hingewiesen und speziell nach einer Verbesserung des Rekordes für eine (nicht-eindeutige) Beweispartie unter der Bedingung „Doppellängstzüger“ gefragt, die mit einem Bauernmatt endet. Beim Doppellängstzüger müssen beide Seiten von allen legalen Zügen den geometrisch längsten machen, bei gleicher Länge haben sie freie Auswahl. Bei Rochaden addieren sich die Königs- und Turmwege.

Jelliss hatte (siehe Seite 17) eine Partie in 19 Zügen gefunden und nach einer kürzeren („more subtle“) Lösung gefragt.

Schwierig bei dieser Bedingung ist es, andere Steine als Springer überhaupt ans Laufen zu bekommen…

Beim Treffen selbst hatten wir ein wenig mit der Forderung herumgespielt, aber über das viele Diskutieren und Erzählen dieses Thema ein wenig aus den Augen verloren.

In den Tagen darauf hat sich Bernd Schwarzkopf damit beschäftigt – und auch wirklich eine deutlich kürzere Partie gefunden, die auch noch ziemlich trickreich ist, wie ihr sehen werdet. Zunächst aber herzlichen Dank an Bernd, dass er mir die Aufgabe für den Blog zur Verfügung gestellt hat — und Hans-Peter nochmals für die Organisation und Gastfreundschaft!

Bernd Schwarzkopf
Urdruck
Kürzeste BP (17,5 Züge), die mit Bauernmatt endet, Doppellängstzüger (13+14)

 

Dem Diagramm sieht man noch nicht unbedingt die Feinheiten an, mit denen das Ziel erreicht wird.

1.Sf3 Sf6 2.Sh4 Se4 3.Sf5 Sg5 4.Sa3 Sc6 5.Sb5 Sf3+ 6.exf3 Sd4 7.Lc4 Se2 (Verhindert 9.0-0!) 8.Lxf7+ Kxf7 9.Sh6+ gxh6 10.Sd6+ Kg6 11.Sc4 Sg3 12.Se5+ Kh5 13.Sg4 Sf1 14.Se3 Sxe3 (Nun noch nicht 15.h2-h4, weil Weiß dann im nächsten Zug rochieren müsste.) 15.Tf1 Sc4 16.Th1 Se5 17.h4 Sg6 18.g4#.

Raffiniert wird die weiße (Zwangs-)Rochade, die h4 die Deckung entziehen würde, vereitelt. Und sicher kommt man nicht sofort auf den Gedanken, mit dem Läufer dem schwarzen König den Weg nach draußen zu öffnen?!

Vermag diesen Rekord noch jemand zu unterbieten?

Andernach-Treffen 2017

bernd ellinghoven teilt mit:

“Das 43. Treffen der Märchenschachfreunde in Andernach (wie immer am Himmelfahrts-Wochenende, also vom 25. bis zum 28. Mai 2017) findet wie (in den letzten Jahren) üblich im Ratskeller, Hochstrasse, in D-56626 Andernach statt.

Ausweich-Räumlichkeiten sind im benachbarten Restaurant Bellini vorhanden (z.B. für Schwalbe-Vorstandssitzung oder für kleinere Grüppchen); dort kann man natürlich auch trefflich Pizza essen.

Bitte Zimmer selbst buchen, Zdravko Maslar ist momentan nicht so belastbar.

Ansonsten wird alles seinen gewohnten Gang gehen (Komponieren, Lösen), wie Caissa es vorsieht.”

Ich freue mich drauf, viele von euch dort zu treffen!