Bedrich Formánek

Bereits im November letzten Jahres ist Bedrich Formánek (6.6.1933 – 19.11.2023) im Alter von 90 Jahren verstorben. Er hat Problemschach in allen Facetten gelebt: Er war Präsident und Ehrenpräsident der WFCC, war die “Über-Person im slowakischen Problemschach, hat viele Artikel und Bücher verfasst, war angesehener Preisrichter und hat natürlich komponiert, darunter auch einige Retros. Die zeichnen sich alle durch Witz und Charme aus, sind alle Werbung fürs Problemschach und speziell die Retroanalyse.

Ein hübsches Stück, die wohl erste “Duplex-Beweispartie” (Duplex: Die Problemforderung muss sowohl mit weißem wie mit schwarzem Anzug erfüllt werden), möchte ich euch für zwischendurch zum Lösen anbieten:

Bedrich Formánek
Die Schwalbe 1984, 5. Lob
Beweispartie in 3 Zügen, Duplex, Circe (16+16)

 

Wie immer findet ihr hier die Lösung in etwa einer Woche.

 

Lösung

Weiß zieht an: 1. e4 a6 2. Lxa6[Ba7] Sxa6[Lf1] 3. Sf3 Sb8
Schwarz zieht an 1. f5 e3 2. f4 e4 3. f3 Sxf3[Bf7]

Der Hinweis von Joost ist natürlich berechtigt, die Forderung muss “Beweispartie in exakt 3 Zügen, Duplex” lauten, denn in zwei Zügen löst jeweils Sf3 und e4 und eine schwarze Springerrückkehr völlig ohne Circe, Witz und Eindeutigkeit.

Retro der Woche 49/2023

„Klassische“ Auflöse-Retros mit Märchenbedingungen sind relativ selten: Sind sie doch häufig sehr kompliziert zu bauen, korrekt zu bekommen und auch zu lösen. Ein solches Stück möchte ich euch heute zeigen, dessen Entstehen übrigens eng mit der ersten beschriebenen Schwierigkeit zusammenhängt.

Das Stück verwendet die Madrasi Bedingung, ihr erinnert euch sicherlich? Ein Stein, der von einem gleichartigen Stein der anderen Farbe (außer den Königen, wenn nicht rex includive sie auch in die Regel einbezieht) beobachtet wird, ist paralysiert (man sagt auch „gelähmt“), d.h. er kann weder ziehen noch schlagen (und damit auch nicht Schach bieten), sondern nur paralysieren.

Nikita Plaksin, Andrej Kornilow & Hans Gruber
feenschach 1989, 3. Preis
Letzte neun Einzelzüge? Madrasi (14+8)

 

Im Diagramm ist der letzte Zug recht einfach zu finden: Der schwarze König steht im Schach durch den weißen Läufer, der aber im letzten Zug dort selbst nicht hingezogen haben kann. Das Schach kann also nur entstanden sein, wenn Weiß in seinem letzten Zug die Paralyse des wLg7 aufhebt.

Das kann offensichtlich nur durch Schlag eines schwarzen Läufers auf f6 geschehen sein. Und der schlagende Bauer kann nicht von g5 gekommen sein, denn dort wäre er ja durch sBh6 paralysiert gewesen, also muss der letzte Zug R Be5xLf6+ gewesen sein.

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Retro der Woche 47/2023

Wir verbinden die Kompositionen von bernd ellinghoven, der Anfang dieser Woche verstorben ist, meist mit Märchenschachaufgaben oder längeren Hilfsmatts, in denen er sich, häufig zusammen mit Fadil Abdurahmanović, um Darstellung neudeutscher Ideen bemüht hat — die von bernd so genannte “Hilfsmatt-Revolution”.

Aber er war auch ein großer Freund der Retroanalyse, bewunderte etwa das Werk von Wolfgang Dittmann, wie man in seinem Kommentaren zu dessen “Der Blick zurück” nachlesen kann. Selten kam er allerdings zum Komponieren von Retros — meist zusammen mit Co-Autoren. Eines dieser Ergebnisse, das wesentlich Märchenschachelemente enthält, möchte ich euch heute zeigen.

bernd ellinghoven & Hans Peter Rehm
Messigny 2002, O. Ronat gewidmet, Ehrende Erwähnung
h#2 b) sLe4 nach d4 — Elsässisches Anticirce (3+15)

 

Wir erinnern uns: Bei Anticirce verschwindet das Schlagobjekt, der Schläger wird circensich wiedergeboren. Allerdings muss sein Wiedergeburtsfeld frei sein, ansonsten ist der Schlag nicht zulässig.

Das Attribut “elsässisch” bringt nun den Retroaspekt ins Spiel: bei “elsässischen” Aufgaben muss jede Stellung nicht nur gemäß der Märchenbedingung(en) legal sein, sondern auch gemäß der orthodoxen Regeln. Und das führt häufig zu spanenden Lösungen, in denen ansonsten mögliche Züge an der orthodoxen Legalität scheitern. Und das werden wir natürlich auch hier erleben.

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Andernach-Treffen 9.-12. Mai 2024

Zum 48. Male (ohne die erzwungenen Corona-Pausen 2020 und 2021 wäre es das 50. Mal) treffen sich am Himmelfahrtswochenende die Märchenschachfreunde in Andernach; das ist im kommenden Jahr also vom 9. bis zum 12. Mai. Und natürlich sind auch “Ortho-Problemisten” herzlich willkommen!

Wie im letzten Jahr findet das Treffen im Andernacher Parkhotel am Schänzchen statt, und für uns Problemisten ist bis zum 31. Januar 2024 unter dem Stichwort “feenschach” ein Zimmerkontingent reserviert.

Nähere Einzelheiten zur Organisation und den Kosten findet ihr auf der Einladung, die auf der feenschach-Seite für euch bereit steht.

Retro der Woche 43/2023

Am letzten Freitag feierte Bernd Gräfrath, nicht nur Vorsitzender der Schwalbe, sondern auch großer Retrofreund und -spezialist seinen 65. Geburtstag — nochmals herzliche Glückwünsche auch von dieser Stelle aus, lieber Bernd! Früher war das ja ein sehr einschneidendes Datum, aber heute müssen wir halt trotzdem noch ein wenig arbeiten…

Natürlich werde ich heute eine Aufgabe von Bernd vorstellen — obgleich (einziger) Preisträger in dem Turnier, aber vielleicht doch nicht so bekannt?!

Bernd Gräfrath
StrateGems 2006, Preis
Ist die Stellung legal? Schlagschach (14+16)

 

Wer ein wenig die Aufgaben von Bernd und seine Vorlieben kennt, weiß, dass Schlagschach (Das Schwalbe-Lexikon definiert: “Es herrscht für beide Parteien Schlagzwang: Gibt es eine Möglichkeit zu schlagen, muss geschlagen werden. Bei mehreren Schlagmöglichkeiten besteht freie Wahl unter diesen. Die Könige sind nicht königlich; sie können geschlagen werden und durch Bauernumwandlung entstehen. …”) zu seinen Lieblingsbedingungen gehört und dass er gern “gegen die Bedingungen ankämpft” — also hier im Schlagschach möglicherweise versucht, Schläge (bzw. beim Rückwärtsspiel Entschläge) zu vermeiden?!

Betrachten wir erst einmal die Schlagfälle: Bei Weiß fehlen zwei Steine [Ba2] und [Ta1] — Th1 ist der Königsturm, er kann nicht von a1 kommen. Wegen der schwarzen Bauernschläge axb und b7xc6 muss also, um verschwinden zu können, [Ba2] schlagfrei auf a8 umgewandelt haben: Schwarz hat ja noch alle 16 Steine auf dem Brett.

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Champagne-Preisbericht 2023

Mit etwas Verspätung ist nun die ausführliche Fassung des Preisberichts zum Champagne-Turnier 2023 erschienen. Die Reihenfolge war bereits beim WCCC in Batumi verkündet worden; einige Korrekturen waren wegen Inkorrektheiten noch erforderlich.

Thema war “Rochade” in welcher Formm auch immer, aufgeteilt in zwei Abteilungen: A Beweispartien, B sonstige Retros. Nach meinem ersten Eindruck ein sehr gutes Turnier, auf das ich hier noch zurück kommen werde.

Einen kleinen “Winzling”, laut Autor das ökonomischte AP-Problem, möchte ich euch “für Zwischendurch” zum Lösen anbieten:

Andrew Buchanan, Anna O’Donovan und Marco Bonavoglia zum Gedenken
Champagne-Turnier 2023, 3 Lob Abt. B.
h#3 a posteriori, b) ohne wBf3 (3+2)

Wie immer findet ihr die Lösung hier in etwa einer Woche!

 

Lösung

a) ist klar: 1.g3 Tg1 2.Kh4 Kf1 3.Kh3 Th1#

b) ist dann trickreich (“strange”, wie der Autor meinte): Hier gibt es Matt nur mit Rochade — und um die ausführen zu dürfen, muss Weiß am Zug sein — also spielt er analog der a posteriori Regel die Rochade und “beweist” damit, dass er am Zug ist! Also 1.– O-O! 2.Kh4 Kf2 3. Kh3 Th1#. Weder geht 1.Kh5?? als Wartezug noch 1.– Tf/g1?, da das nichts über das Anzugsrecht aussagt.

“Das ökonomischte AP-Problem überhaupt” (Autor)

Champagne-Turnier 2023

Traditionell wird zum WCCC das (Retro-) Champagne-Turnier ausgeschrieben: In diesem Jahr fordert das Thema zum Gedenken an Marco Bonavoglia die Beschäftigung mimt Rochaden (echten, vorgetäuschten, illegalen, märchenhaften, —) in zwei Abteilungen: Beweispartien und andere Retros. Märchenbedingungen sind zugelassen, aber keine Märchenfiguren.

Einsendungen (mit bestimmten Mengenbeschränkungen) an Eric Pichouron bis zum 5. September 20:00 Uhr per Mail: chesschampagne(at)gmail.com; Richter ist Michel Caillaud.

Details findet ihr natürlich in der Ausschreibung!

Retro der Woche 32/2023

Natürlich können wir nicht über Retros in feenschach reden, ohne auch experimentelle Märchen-Retros zu betrachten. Ausgesucht habe ich für euch eine Aufgabe von Manfred Rittirsch, die wahrscheinlich erstmals die Nutzung der Märchenbedingung Isardam in einer Beweispartie zeigt. Gut zehn Jahre später würde diese Kombination intensiver untersucht.

Hier die Definition von Isardam aus dem Schwalbe-Lexikon:

„Es sind solche Züge illegal, die dazu führen, dass ein Stein einen gegnerischen Stein der gleichen Art beobachtet. Ein König steht daher nicht im Schach, wenn durch den virtuellen Schlag des Königs ein Stein einen gegnerischen Stein der gleichen Art beobachten oder von einem solchen beobachtet werden würde.“

Das erklärt auch den Namen: Es ist quasi das Gegenteil von Madrasi, wo sich gegnerische Steine gleicher Art, die sich beobachten, lähmen — „Isardam“ ist also „Madrasi rückwärts“.

Manfred Rittirsch
feenschach 1999
Beweispartie in 15 Zügen, Isardam (11+14)

 

Aus meiner Sicht ist diese Aufgabe ganz typisch für viele Erstdarstellungen einer Märchenbedingung mit einer dafür neuen Forderung: Häufig auf einen besonders spektakulären Zug konzentriert — und so ist es hier auch! Ich will schon einmal verraten, dass die ersten 11,5 Züge komplett orthodox sind — als ob dann beim zwölften Zug Schwarz einfiele, dass es doch noch eine Bedingung gebe…

Dennoch hilft uns die Bedingung auch schon vorher für die erste Analyse:

Bei Weiß fehlen drei Bauern, ein Turm und [Lc1]; Schwarz hat aber bereits drei Doppelbauern. Was ist daran so bemerkenswert??

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