Doppel-Homebase

Die Lösungsbesprechungen in der Schwalbe und in feenschach sind stets sehr ausführlich: Dort können Aufgaben intensiv diskutiert werden, dort können auch viele Vergleichsaufgaben vorgestellt werden. Das macht sie für mich so einmalig, so wertvoll.

Aber auch dort gibt es Platzprobleme, und so nutze ich hier die Gelegenheit, zwei der drei Vergleichsaufgaben, die Manfred Rittirsch zu 18559 in Die Schwalbe April 2021, die ihm zum Geburtstag gewidmet war, eingeschickt hatte, zu präsentieren.

Marco Bonavoglia
Problemkiste 2006
Beweispartie in 4,5 Zügen, Circe (14+16)

 

 

 

 

Marco Bonavoglia
Problemkiste 2006
Beweispartie in 5 Zügen, Circe (15+16)

 

 

 

 

Viel Spaß beim Knnobeln; die Lösung gibt es hier wie immer in etwa einer Woche.

Lösungen

Oben: 1.Sc3 d5 2.Tb1 Lf5 3.Sxd5[d7] Lxc2 4.Sc3 Lxb1 5.Sxb1[Lc8]

Unten: 1.e4 Sf6 2.Df3 Sxe4[e2] 3.Kd1 f6 4.Dxf6[f7] Sxf6 5.Ke1 Sg8

Nikita Plaksin 90

Nikita Plaksin ist sicherlich einer der bekanntesten, produktivsten und besten Retro-Komponisten aller Zeiten; heute vollendet er sein 90. Lebensjahr — ihm ganz herzliche Glückwünsche zum Geburtstag!

Seit dem Jahr 2001 ist der Wasserbau-Ingenieur FIDE-Meister für Schachkomposition (16,5 Album-Punkte); bereits seit 1989 ist er Internationaler Preisrichter für Retros. Allein in der PDB sind von ihm 1520 Retros enthalten, von denen er fast 1150 in feenschach veröffentlicht hat. Das liegt vor allen Dingen daran, dass er sich intensiv mit “Märchen-Retros” beschäftigt hat, speziell mit Lastmovern-Ökonomierekorden, dies häufig gemeinsam mit Andrej Kornilow.

Besonders bekannt ist er aber für seine beinahe 100 Aufgaben mit Nutzung der 50-Züge-Regel, wonach ein Remis (bei Retros automatisch!) eintritt, wenn seit 50 Zügen kein Schlag oder Bauernzug stattgefunden hat — meist wird auch die Rochade als “die Regel unterbrechender Zug” hinzugezählt. 1979 hat Plaksin dazu in Problem einen bekannten Artikel 50×50 veröffentlicht, in dem er — ihr ahnt es — 50 eigene Aufgaben mit diesem Thema vorstellt. Sehr lesens- und studierenswert, aber nicht gerade “leichte Kost” wegen der doch recht lakonischen Lösungsangaben.

Als Beispiel möchte ich eine Aufgabe aus den Märchen-Lastmove-Untersuchungen zeigen, allein schon um zu demonstrieren, dass auch die Verwendung zweier Märchenarten nicht automatisch schwer zu lösende Stücke hervorbringen.

Nikita Plaksin & Andrej Kornilow
feenschach 12/1982
Letzter Zug? Circe, monochromes Schach (5+1)

 

Bei diesem Stück solltet ihr euch aber auch Gedanken zumindest über den vorletzten Zug machen. Die Lösung folgt an dieser Stelle traditionsgemäß in etwa einer Woche.

Lösung

Mit letztem Zug von Schwarz klappt es nicht: R 1.– Kb1-a2/Kb1xBa2 2.0-0+ Kc2-b1: Weiß hat keinen legalen letzten Zug.

Also R 1.0-0! Kb1xTa2!, und nun hat Weiß Tempozüge mit seinem Umwandlungsturm, und der schwarze König kann via c2-d1-e2-f3 nach draußen kommen.

Und warum ging nicht R 1.– Kb1-a2 2.0-0 Kc2xTb1? Weil der Turm als Umwandlungsstein (das Original steht ja auf h1!) wegen “monochrome” niemals auf die erste Reihe gelangen konnte!

Klein und unscheinbar, aber doch mit einigem Tiefgang!

R.I.F.A.C.E. 2021

Unsere französischen Problemschachfreunde treffen sich an diesem Wochenende zu ihrem traditionellen R.I.F.A.C.E. in Charenton-le-Pont (Paris), dem Heimatort von Jean-Michel Trillon (21.8.1929-1.3.2007).

Traditionell gibt es bei diesem Treffen wieder ein Retro-Kompositionsturnier, das auch für Nicht-Teilnehmer offen ist. In diesem Jahr geht es um Vorgabepartien; die Ausschreibung benennt als Einsendeschluss den kommenden Sonntag (11.7.21) 15 Uhr unserer Zeit. Dort findet ihr auch Hinweis zum Computertesten.

Viel Spaß und Erfolg für euch, herzliche Grüße nach Frankreich!

July-September 2021

Genau so pünktlich wie Problemas lag auch wieder das neue Exemplar von StrateGems in meinem Briefkasten. Neben den neun Urdrucken gibt es auch die zwei Preisberichte (“Sonstige Retros” und Beweispartien) zum Jahrgang 2018 von Dmitrij Baibikov, auf die ich noch ausführlich eingehen werde.

Und die direkt anschließende Vorstellung von Franz Pachl mit zwölf Aufgaben solltet ihr auch nicht verpassen!

Retro der Woche 25/2021

Gestern hatte ich an den 25. Schach-960 Geburtstag erinnert; dieses Thema zu vertiefen kann ich gut mit der schon angekündigten Vorstellung von Aufgaben aus dem Probleemblad 2017-2018 Preisbericht verbinden.

Per Olin
Probleemblad 2018, 2. ehr. Erw. 2017–2018
Beweispartie in 14,5 Zügen, Schach-960 (16+16)

 

Um die weißen und schwarzen Türme auf ihre Positionen im Diagramm zu bringen, müssen die Parteien entweder rochiert oder die Könige nach f2 und f7 gebracht haben, um die Türme jeweils durchzulassen. Die Rochade ist hier der schnellere Weg. Die Läufer standen in der Anfangsstellung jeweils auf „östlichen“ Feldern (anderenfallls wären sie noch eingesperrt). Wenn die schwarze Dame zwei Züge macht, beginnt sie ebenfalls auf einem der vier Felder e8-h8; von den entsprechenden Feldern e1-h1 kann die weiße Dame in einem oder zwei Zügen das Feld b6 erreichen. Das Minimum an Springerzügen bekommen wir, wenn die Springer auf d und e beginnen: drei weiße und zwei schwarze Züge.

Weiterlesen

Retro der Woche 24/2021

Am letzten Mittwoch hatte ich die Juni-Ausgabe der Schwalbe im Briefkasten. Neben (leider nur) sechs Aufgaben im Urdruckteil enthält das Heft weitere vier Urdrucke in einem Aufsatz von Bernd Gräfrath „Beamte mit Nachtreitern“; einen davon möchte ich heute vorstellen.

Im Beamtenschach kann ein Stein nur ziehen und wirken, wenn er von einem Stein der anderen Farbe beobachtet wird; unbeobachtet kann er nur beobachten. Damit ist die Beamtenschach-Partieausgangsstellung für uns ziemlich uninteressant: Sie ist doppelpatt!

Um ihr etwas Leben einzuhauchen, hat Bernd nun „Beamtenschach“ mit „Cavalier majeur“ („Groß-Springer“) verbunden: Dort werden die Springer durch Nachtreiter ersetzt; auch Umwandlungen sind in Nachtreiter, nicht aber in Springer möglich. Damit sind dann in der Beamtenschach-Anfangsstellung jeweils die beiden Zentralbauern beobachtet, und wir können damit auch Beweispartien bauen.

Bernd Gräfrath
Die Schwalbe 2021
Beweispartie in 10 Zügen, Beamtenschach, Cavalier majeur (15+14)

 

Bei Weiß sehen wir nur einen einzigen Zug, für ihn muss aber irgendwie f1 von Schwarz beobachtet sein — und durch die Dame hindurchziehen kann ja auch ein verbeamteter Läufer nicht. Bei Schwarz sehen wir schon mehr: 0+2+1+0+1+3=7 — aber auch da sind noch drei Züge frei! Außerdem müssen wir uns noch darum kümmern, die fehlenden drei Steine ([Be2], [Lc8] sowie [Bd7] oder [Be7] loszuwerden.

Abgesehen davon: Wie konnten eigentlich die schwarzen Steine, speziell Dame und Nachtreiter, aber auch [Bc7], ziehen?

Weiterlesen

WJP 2020

Die Ergebnisse der Wenigsteinerjahrespreises 2020 sind nun veröffentlicht: Dort werden seit 1979 jährlich die von einer Jury gekürten besten drei im entsprechenden Jahrgang veröffentlichten Wenigsteiner (also maximal vier Steine in der Anfangsstellung) ausgezeichnet. auch in diesem Jahr hat es wieder ein Retro — dieses Mal ein Verteidigungsrückzüger nur mit den beiden Königen aufs Treppchen geschafft.

Die Seite, inhaltlich von Hilmar Alquiros und Hans Gruber betrieben, bietet neben den vorgeschlagenen und ausgezeichneten Aufgaben seit dem ersten Wettbewerb auch jede Menge statistische Informationen und ist für jeden Retrofreund, der vielleicht auch etwas Freude am Märchenschach hat, ein Muss!

Ohne Lösung — die ist ja leicht in der angegebenen Quelle zu finden, wenn ihr nicht fix lösen wollt — hier das drittplatzierte Stück des Jahres 2020:

Andreas Thoma
StrateGems X–XII/2020
-9 & #1, VRZ Klan, Anticirce Typ Cheylan (1+1)

Retro der Woche 20/2021

Ohne die leidige Corona-Pandemie wären neben mir sicherlich einige der Leser heute noch in Andernach zum traditionellen Problemschach-Treffen am Himmelfahrt-Wochenende, das seit 1975 jedes Jahr dort stattfindet, wenn nicht gerade Corona einen Strich durch die Rechnung macht.

„Zur Feier des Tages“ habe ich daher heute eine Märchen-Beweispartie herausgesucht, wie schon in der letzten Woche aus den Phénix-Urdrucken des Jahres 2020. Die Hinweise aus der letzten Woche sind auch heute gültig.

Éric Pichouron
Phénix 2020
Beweispartie in 20,5 Zügen, Knightmate (15+16)

 

So sehr märchenhaft ist „Knightmate“ gar nicht; hier die Definition aus dem Schwalbe-Märchenlexikon: In der Partieanfangsstellung werden die Könige durch königliche Springer und die Springer durch nichtkönigliche Könige ersetzt. Könige dürfen geschlagen werden und durch Umwandlung entstehen.

Mit anderen Worten: Könige und Springer tauschen vollständig ihre Rollen.

Und so haben wir bei Weiß, wenn man von den Bauernzügen absieht, eine Homebase-Stellung für diese Märchenbedingung.

Weiterlesen