Sam Loyd 180

Am 30. Januar 1841, heute vor 180 Jahren, wurde Sam Loyd in Philadelphia, Pennsylvania, USA geboren; er starb 70jährig am 10. April 1911 in New York. Schon früh begann er mit dem Komponieren von Schachaufgaben, er zählt auch heute noch zu den populärsten und erfindungsreichsten Komponisten überhaupt.

Auch in unserem Lieblingsgebiet des Problemschachs war er Pionier: mit gerade einmal 19 Jahren komponierte er das allererste Rochade-Retro, gleichzeitig das wahrscheinlich zweite Retro überhaupt, siehe P0002056.

Ich möchte aber heute ein anderes, deutlich tieferes Stück von ihm vorstellen, das allerdings auch sehr bekannt ist: Genießt es einfach zur Feier des Tages noch einmal, wenn ihr es bereits kennt!

Sam Loyd
American Chess Journal 1876
#1 (9+8)

 

Natürlich gilt es hier nicht nur, den Schlüssel zu finden, sondern es geht um die Begründung, warum er geht…

Die Auflösung zu dem Stück, das das Motto Spectrum Analysis trägt, findet ihr wir immer in etwa einer Woche hier.

 

Lösung

Wir sehen sechs schwarze Bauernschläge (sBh3 kommt von d7), zusätzlich starb [Lf1] zuhause; damit sind alle fehlenden weißen Steine erklärt. Weiß schlug ebenfalls sechs Mal mit seinen Bauern.

Schwarz kann in seinem letzten Zug nicht geschlagen haben, denn zuletzt Be7xf6 würde [Lb8] zum Umwandlungsstein machen, [Ba7] oder [Bc7] hätten schlagfrei umwandeln müssen; was zwei zusätzliche Bauernschläge von Weiß erfordern würde, zusätzlich müsste natürlich noch [Lf8] zuhause sterben: Das wäre ein Schlag zu viel.

Wäre der letzte Zug Kb7-c7 oder Kd7-c7 gewesen, hätte [Bc2] zweimal schlagen müssen — und auch [Ba7] müsste noch verschwinden: ein Schlagfall zu viel. Als letzter Zug scheiden Kc8-c7 und Kd8-c7 aus, da Weiß das Schach nicht aufheben kann.

Da zuletzt La7-b8 und Bb6-b5 offensichtlich illegale Retroschachs gegen den weißen König gewesen wären, bleibt als letzter schwarzer Zug nur Bb7-b5; Weiß darf also en Passant schlagen und damit mattsetzen.

Ein 145 Jahre alter Klassiker, ein echtes Pionierstück!

Retro der Woche 04/2021

24.1.2021: Mario Richter hat die Aufgabe leider gekocht; siehe seinen Kommentar. Die Aufgabe wird natürlich ihre Auszeichnung verlieren.

Seit etwa der Mitte des letzten Jahrzehnts beschäftigen sich hauptsächlich ukrainische Autoren (Andrej Frolkin, aber auch Michail Kosulja) mit „Rebus-Problemen“, in denen im Diagramm nur Buchstaben angegeben werden, aus denen dann auf die Diagrammstellung geschlossen werden muss; häufig gibt es zur gefundenen Diagrammstellung dann weitere (retroanalytische) Fragen. Eine solche Aufgabe findet sich beispielsweise im Retro der Woche 10/2017.

Der feenschach Retro-Preisbericht für 2017 ist im letzten Heft (243, Januar 2021) erschienen; Richter Hans Gruber stellte ein solches Rebus-Problem auf den zweiten Platz; einziger Preisträger ist hier ein komplexer Anticirce-Verteidigungsrückzüger des kürzlich verstorbenen Günther Weeth.

Michail Kosulja
feenschach 2017, 1. ehrende Erwähnung
Bestimme die Steine! Letzte 4 Einzelzüge? (30)

 

Wie löst man solche Aufgaben am besten? Als generelle Regel kann man versuchen, die Bauern und die Könige als erste zu bestimmen, um dann anhand der Stellungs-Spezifika, häufig durch ein Ausschlussverfahren, die Offiziere zu bestimmen. Häufig hilft bei solchen Aufgabe die Unterscheidung von Groß- und Kleinbuchstaben, die dann die Farbverteilung symbolisiert; hieraus konnte der Autor in unserer heutigen Aufgabe verzichten. (Bei den Lösungsangaben habe ich mich am Preisbericht orientiert.)

Machen wir zunächst Inventur: Auf dem Brett befinden sich je 7 B,F, je 2 A,C,E,G,L,R sowie je 1 D,H,S,W. Da nur zwei Steine fehlen, können nicht so viele Umwandlungen erfolgt sein, dass B oder F Umwandlungssteine sind; sie sind also Bauern.

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Retro der Woche 01/2021

Günther Weeth war in der Retrowelt besonders bekannt für seine tiefgründigen und phantasievollen Anticirce-Verteidigungsrückzüger, die er mit vielen neuen Ideen versah. Dabei wird oft vergessen, dass er gelegentlich auch auf klassischen Retrowegen unterwegs war — ein solches Beispiel möchte ich in Erinnerung an Günther heute vorstellen.

Andrej Frolkin & Günther Weeth
Die Schwalbe 2010
Löse die Stellung auf! (13+14)

 

Die beiden fehlenden schwarzen Steine wurden Opfer des Doppelbauern auf der c-Linie; der seinen Ursprung in [Ba2] oder [Be2] hat. Damit muss der fehlende [Bg7] umgewandelt haben, was einen Schlag kostet; die beiden anderen Schläge durch Schwarz waren exd sowie im letzten Zug Db3xXb2+. Auch der fehlende weiße Bauer muss umgewandelt haben, um geschlagen werden zu können. Das muss also [Be2] gewesen sein, da die beiden a-Bauern nicht aneinander vorbeikommen konnten.

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Retro der Woche 53/2020

Im letzten Retro der Woche 52/2020 hatte ich eine hoch platzierte Aufgabe aus der Abteilung „Beweispartien“ des Schwalbe 2015 Retro-Preisberichts vorgestellt, heute nun ein solches Stück aus der Abteilung „Klassische Retros“.

Die drei Preise zeigen höchst unterschiedliche, aber allesamt sehr komplexe Verteidigungsrückzüger; ich möchte euch die darauf folgende Auszeichnung vorstellen, die schon mit ihrer höchst originellen Aufgabenstellung hoffentlich zum Lösen reizt.

Jens Guballa
Die Schwalbe 2015, 1. ehrende Erwähnung
Ergänze den wK und nimm den letzten weißen Zug so zurück, dass Schwarz nie mehr rochieren darf. (13+11)

 

wLh2 ist offensichtlich ein Umwandlungsstein, der aus [Ba2], dem einzig fehlenden weißen Bauern, entstanden sein muss. Einer der zwei schwarzen Schläge war bxc, der andere ist nicht durch Bauernschlag geschehen. (Achtung, nicht von der Steinkontrolle verwirren lassen: Weiß muss ja noch den König einfügen, hat also „eigentlich“ 14 Steine auf dem Brett. Sich jetzt hier auf die Angabe „13“ zu verlassen ist ebenso fahrlässig, wie beim „Partyschach“ die Klötze neben dem Brett zu zählen, nicht die auf dem Brett…)

Daher könnte man auf den Gedanken kommen, den [Th8] auszusperren, etwa indem Weiß die Rücknahme von g6-g7 erzwingt: Ein Kreuzschlag der [Bg7] und [Bh7] ist ja nicht möglich; es hätte der schwarze König Platz für den Turm machen müssen, und damit wäre das Rochaderecht verwirkt. (Das “Platz machen” hätte er ja auch durch die Rochade tun können, aber auch damit wäre je eine zukünftige Rochade ausgeschlossen…) Doch scheitert etwa +wKe5, dann zurück Kf4xTe5? an illegalem Doppelselbstschach.

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Retro der Woche 51/2020

Auf das gerade erschienene Schwalbe-Doppelheft hatte ich schon hingewiesen. Nun möchte ich ein Beispiel aus dem dort erschienenen Artikel Passagiertürme – neue „erster Zug?“ Ökonomierekorde von Andrej Frolkin und Andrew Buchanan vorstellen.

Man sollte meinen, „erster Zug?“ Darstellungen für Türme seien unmöglich, da man ja jede Partie etwa mit dem „Tänzchen“ 1.Sa3 Sa6 2.Tb1 Tb8 3.Ta1 Ta8 4.Sb1 Sb8 einleiten kann, ohne dass sich dies beweisen oder widerlegen lässt. Da kam Andrej Frolkin auf den Gedanken, dass man doch die Rochade als Königszug anzusehen habe, und wenn die durchgeführt ist, ist gezeigt, dass der mit-rochierende Turm noch nicht gezogen hat.

Wenn man also nachweisen kann, dass beispielsweise der letzte Zug eines Turms von seinem Rochade-Zielfeld ausging, dann die Rochade zurückgenommen werden musste, dann war der letzte Zug dieses Turms gleichzeitig sein erster: In der Rochade zieht der Turm nicht selbst, sondern ist quasi ein Passagier des Königs – daher der Titel des Artikels.

Andrej Frolkin & Andrew Buchanan
Die Schwalbe 2020
Erster Zug des wTf8? (14+9)

 

Betrachten wir zunächst die Stellung, bevor wir die Rücknahmen in Angriff nehmen: Schwarz schlug c7xb6 und fxe; bei Weiß fehlen ein Turm und der schwarzfeldrige Läufer. Die weißen Umwandlungen: c8=L, fxg8/e8=L. Weiß schlug fünfmal mit Bauern (axbxa, bxc > c8=L, f7xg8/e8=L sowie g2xBh3 ([Bh7] kann seine Linie ja nicht verlassen haben); die schwarzen Original-Läufer wurden zuhause geschlagen.

Um den kleinen Käfig im Nordwesten zu öffnen, ist die Rücknahme von b7-c8=L und c6-c7 nötig, gefolgt von c7xb6. Ein Versuch, Lc6 oder Lg2 zu entwandeln, scheitert:

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Retro der Woche 49/2020

Ein böser, weil so suggestiver, Tippfehler hatte sich im letzten Retro der Woche eingeschlichen: Nein, die Probleemblad-Redaktion hatte mich am 31. August 2010 (NICHT 2020!) ums Richten gebeten; der Bericht war dann im Oktober 2010 fertig.

Heute gehe ich auf das im Turnier bestplatzierte klassische Retro ein und stütze mich teilweise auf meine Kommentare im Preisbericht. Euch erwartet ein echtes „Verschiebestück“ in der Auflösung; bei dem die Musik fast ausschließlich im Südwesten spielt.

Harry Goldsteen
Probleemblad 2008, 1. ehrende Erwähnung
Matt? (13+11)

 

Die Inventur zeigt, dass für die Auflösung des Retroknotens im Südwesten keine Entschläge zur Verfügung stehen: Letzter Zug war offensichtlich Bd2xXc1=D#. Weiß hat drei offensichtliche Bauernschläge gemacht ([Be2], [Bf2] und [Bg2] schlugen jeweils nach links); darüber hinaus muss Weiß auf b und c überkreuz geschlagen haben, da Schwarz dazu wegen des Doppelbauern auf der d-Linie nicht imstande ist. Damit hatte Weiß fünf Bauernschläge, darunter auch die sBauern g und h, die sich beide auf g1 umgewandelt haben müssen, und damit sind alle Schläge erklärt. Bei Schwarz hat sich [Be7] nach c1 durchgeschlagen, ferner musste für die Umwandlung auf g1 auch hxg geschehen, und das erklärt alle drei Schläge durch Schwarz.

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Retro der Woche 47/2020

Manchmal benötigt die Angabe der reinen Forderung einer Aufgabe noch zusätzliche Informationen, um sie besser in ihren Kontext einordnen zu können; so ist es mit dem nun schon über 70 Jahre alten Stück, das ich heute vorstellen möchte, auch.

Hugo August & Karl Fabel
Revista Română de Şah 1949
Letzte 16 Einzelzüge? (16+12)

 

Aber untersuchen wir zunächst die Stellung, um die letzten Einzelzüge zu identifizieren:

Schwarz hat offensichtlich keinen letzten Zug, Weiß muss daher mit der Rücknahme beginnen. Wir sehen bei Weiß auch schnell die vier Schläge: hxg sowie dxcxbxa, damit [Bd2] auf a8 in die zweite auf dem Brett stehende Dame umwandeln konnte.

Hierbei müssen wir berücksichtigen, dass Schwarz ständig vom Retropatt bedroht ist, dass ihm die Züge auszugehen drohen.

Also müssen wir dafür sorgen, dass der offensichtliche Umwandlungsläufer auf h1 möglichst rasch entwandeln kann.

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Retro der Woche 45/2020

Heute möchte ich euch wiederum ein klassisches Retro vorstellen — im Gegensatz zum Retro der Woche 42/2020 allerdings aus schon beinahe klassischer Zeit. Ein bedeutender Komponist solcher klassischer Auflöseaufgaben war der Ukrainer Alexander Kisljak (27.12.1938—5.5.2010), von dem ich hier schon verschiedene Aufgaben vorgestellt habe: Die Suchfunktion ist dein Freund!

Das folgende Stück erhielt beim Informalturnier der sehr angesehenen Zeitschrift Schachmati w SSSR vor 35 Jahren den ersten Preis und kam dann auch mit 10 Punkten ins FIDE-Album.

Alexander Kisljak
Schachmati w SSSR 1985, 1. Preis
Matt? (14+11)

 

Beginnen wir gleich mit den Standard-Betrachtungen einer solchen Stellung, bei der natürlich nicht erwartet wird, dass man einfach mit „ja!“ oder „nein!“ löst: Natürlich geht es um die Auflösung der Stellung — und heute würde man vielleicht einfach nach den, wie wir sehen werden, letzten 35 Einzelzügen fragen.

Zwei weiße Bauernschläge sind sichtbar: axb sowie d2xc3 — dieser Zug muss zurückgenommen werden, um den Knoten im Norden auflösen zu können, denn dafür muss sKc4 wegziehen können, um im Endeffekt den wK einen Zug zurücknehmen lassen zu können. Ferner wurde offensichtlich [Lc8] zuhause geschlagen; damit sind noch zwei Schläge durch Weiß offen.

Bei Schwarz ist nur cxb sichtbar — andererseits fehlen bei Weiß [Bg2] und [Bh2], sodass mindestens einer dieser Bauern umgewandelt hat, der dabei auch mindestens einmal geschlagen haben muss – nur noch ein Schlag ist frei.

Nun wollen wir uns anschauen, welche Steine denn eigentlich nach dem offensichtlichen R 1.Sb5-a3# (mit oder ohne Schlag?) Züge zurücknehmen können?

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