Anzeige von Beweispartien

Endlich konnte ich einmal nach einem PGN-Plug-In für den Blog schauen…

Wofür soll das gut sein? Damit können beispielsweise Beweispartien “auf einem Brett” dynamisch angezeigt werden. Damit könnt ihr euch dann durch die Lösung klicken oder auch mit den Pfeiltasten navigieren. Damit ist das Nachvollziehen von Beweispartien am Bildschirm sicher einfacher als bisher. Das sollte übrigens auch vernünftig auf Smartphones funktionieren — wenn nicht, sagt mir bitte Bescheid!

Hier ein kleines Beispiel:

Beispiel

Wofür kann diese Anzeiagert noch verwendet werden? Natürlich für Auflöse-Aufgaben (dabei solltet ihr aber dann “rückwärts ziehen”…) und auch für einige wenige Märchen-Beweispartien (z.B. Duellantenschach), weil da jeder legale Märchenzug auch ein legaler orthodoxer Zug ist UND die Schachgebots-Regeln wieder orthodox sind. Schach Schach-960 unterstützt dieses Plugin auch.

Nicht funktioniert es etwa mit Verteidigungsrückzügern, zumindest, wenn sie über Varianten verfügen, und die meisten Märchenbedingungen. Aber immerhin…

Es handelt sich übrigens um das RPB Chessboard Plugin von Yoann Le Montagner.

Wie gefällt euch das insgesamt? Ist euch übrigens das rechte Knöpfchen schon aufgefallen? Auf eure Kommentare bin ich gespannt!

Retro der Woche 26/2019

Die Ergebnisse des 7. WCCI hatte ich in dieser Woche schon vorgestellt und auch eine der Aufgaben, die Silvio Baier den Weltmeistertitel gebracht haben. Quasi in einem Fotofinish hinter Silvio kam der bisherige Weltmeister Dmitrij Baibikov ins Ziel – mit 39,75 gegen 40 Punkten! Daher will ich heute eine der sechs von ihm zum WCCI eingereichten Aufgaben vorstellen.

Dmitrij Baibikov
Wolobujew-60 Turnier 2018, 3. Preis
Löse auf! (15+11)

 

Zunächst sehen wir, dass Weiß mit der Rücknahme beginnen muss, da der schwarze König im Schach steht. Wenn wir die erfolgten Schläge eruieren wollen, so können wir bei den weißen sichtbaren Schlägen sofort einen hinzuzählen, denn das Schachgebot im Diagramm ist nur durch R 1.Da8xXb8+ zu erklären.

Der einzige schwarze Schlag ist leicht als gxh zu erkennen, bei Weiß ist es schon etwas komplizierter: Neben dem schon identifizierten Dxb8+ sehen wir noch drei, nämlich axbxcxd6, und dann muss noch etwas auf dem Königsflügel geschlagen worden sein: entweder [Bf7], oder der hat (schlagfrei!) umgewandelt; dafür aber musste dann fxg geschehen – damit kennen wir prinzipiell alle Schlagfälle.

Aber warum kann wBd6 nicht [Bf2] sein, und es erfolgte axbxc8=D+ — auch mit fünf Schlägen? Nun, dann kann nach der Rücknahme von cxYb8=D der Käfig um den schwarzen König nicht aufgelöst werden!

Weiterlesen

Retro der Woche 24/2019

Dürfte ich nur ein einziges Heft einer Problemschachzeitung mit auf die berühmte „einsame Insel“ nehmen, wäre dies mit Sicherheit feenschach-Heft 192, III-IV/2012: 48 Seiten voll nur mit Preisberichten und großartigen Artikeln — alle über Retros, überwiegend über orthodoxe Auflöse-Aufgaben.

Highlight in diesem Highlight-Heft ist für mich der beinahe 28 Seiten (!!) umfassende Artikel „Retrocages and Retroclusters: a Subjective Perception“ von Andrej Frolkin und Andrej Kornilow mit 78 ausführlich kommentierten Beispielen.

Heute habe ich daraus ein Stück, das nicht allzu schwer zu lösen ist, ausgesucht: Vielleicht motiviert euch das, selbst Löseversuche anzustellen, bevor ihr nachschaut…

Dragan Lj. Petrović
Pavlović Gedenkturnier 1981, 1. Preis Gruppe A
Welches waren die letzten Züge? (15+16)

 

Das Turnier war als 61. Thematurnier von der jugoslawischen Zeitschrift Problem zum Gedenken an Branko Pavlović (6.8.1906-21.5.1980) ausgeschrieben, der hauptsächlich Last Mover und Hilfsrückzüger komponierte.

Beim ersten Blick auf das Diagramm fällt gleich der riesige Knoten im Norden auf, ebenso das Schachgebot der weißen Dame gegen den schwarzen König — und dass nur ein einziger Stein fehlt, ein weißer Turm, der offensichtlich auf g6 oder g5 geschlagen wurde.

Wie aber können wir den Knoten lösen? Dazu muss [Ke1] herausgespielt werden, damit alles nach R: Sd/f6-e8 frei gespielt werden kann. Dazu aber muss [Ke8] ins Freie, und das kann er erst…

Weiterlesen

Retro der Woche 15/2019

„Es ist überraschend für die Alten und tröstlich für die Jungen, dass einer klassischen Retro-Idee noch etwas Neues abgewonnen werden kann, zumal wenn Luigi Cerianis und Michel Caillauds Darstellungen mit ersten Preisen belohnt wurden.“ So begann im Schwalbe Aprilheft 2016 der Artikel Faszinierende Läufer-Korridore in Retroproblemen von Werner Keym. Er fuhr fort: „Um welche Idee geht es? Bei der Auflösung einer Stellung stehen sich in einem Korridor zwei Läufer im Wege, daher muss einer der Läufer ein Ausweichfeld — in der Regel das Standfeld eines Königs oder Turms — betreten, so dass im Vorwärtsspiel nicht mehr rochiert werden darf.“

Der Artikel enthält einen Urdruck, der dann im Jahresturnier 2016 mit dem 2. Preis ausgezeichnet wurde.

Joaquim Crusats, Werner Keym gewidmet
Die Schwalbe 2016, 2. Preis
Matt in einem Zug (13+10)

 

Formal sind solche Aufgaben ja sehr einfach zu lösen: „Es gibt die Matts 1.Ke2# und 1.0-0-0#, da von einer eindeutigen Lösung auszugehen ist, geht aus irgendeinem Grund die Rochade nicht, also ist die Lösung 1.Ke2#.“ Stimmt. Also sind wir damit schon fertig? Natürlich nicht, denn uns interessiert ja der „irgendeine Grund“. Versuchen wir, dem auf die Spur zu kommen.

Schauen wir uns dazu erst einmal die Schlagfälle an: Bei Schwarz fehlen bis auf einen Springer alle Offiziere, und deren Verschwinden ist vollständig durch Bauernschläge erklärt: Wir sehen b2xc3, axb, und wBc7 ist [Bg2], er benötigte also vier Schlagfälle.

Bei Weiß fehlen ein Springer sowie [Dd1] und [Lc1], und auch deren Fehlen ist komplett durch schwarze Bauernschläge (axb, dxc und e7xc6) erklärt.

Weiterlesen

Retro der Woche 13/2019

Im letzten Retro der Woche hatte ich euch den ersten Preis der Beweispartien der Schwalbe 2008 vorgestellt, heute geht es um den dritten Preis der klassischen Retros: Die ersten beiden Preise findet ihr im Retro der Woche 8/2015 bzw. 46/2018. Auch heute orientiere ich mich an den Kommentaren des Preisrichters Nicolas Dupont.

Michel Caillaud (Günter Lauinger gewidmet)
Die Schwalbe 2008, 3. Preis
Matt in 2 Zügen (12+13)

 

Beginnen wir dieses Mal direkt mit der (formalen) Lösung:

1.0-0-0! ([2.Dxd7#] 1.– Td8/Ta7 2.Sg7#/Db8# — 1.Td1? 0-0-0!

Wir haben es hier offensichtlich mit der „RS-Konvention“ (Retro-Strategie) zu tun: Wenn zwei Rochaden sich gegenseitig ausschließen, dann ist es erlaubt, eine auszuführen und damit die andere zu verhindern — oder mit anderen Worten: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“

Also geht es im „retroanalytischen Teil“ dieser Aufgabe darum zu zeigen, dass die schwarze Rochade nicht mehr zulässig ist, wenn Weiß noch rochieren darf, ansonsten aber zulässig wäre.

Betrachten wir dazu erst einmal die Schlagbilanzen:

Weiterlesen

Retro der Woche 09/2019

Gestern hatte ich bereits eine klassische Retroaufgabe des jungen Gerd Wilts vorgestellt, heute soll noch eine folgen, wieder mit, gerade bei Auflöseaufgaben ungewöhnlich, mehr als einer Lösung.

Diese Aufgabe zeigt eine sehr spezifische Zwillingsbildung, nämlich Spiegelung an der senkrechten Mittelachse des Bretts.

Gerd Wilts
Die Schwalbe 1991, 7. ehr. Erwähnung
#1 (wer?). gespiegelt a1<->h1 (14+13)

 

Nun kann man sich natürlich fragen, inwiefern solch eine Spiegelung das Spiel (vorwärts oder rückwärts) ändern kann? Sie wird gelegentlich bei Circe-Aufgaben genutzt, weil sich damit das Repulsfeld der Damen ändert; Klaus Wenda hat sich damit intensiv beschäftigt.

Aber gleichzeitig, und das ist hier relevant, ändert sich die Partieausgangsstellung der Könige in der Brett-Topologie – und das hat natürlich Auswirkungen auf die Rochade. Aber was hat diese Aufgabe mit der Rochade zu tun?

Weiterlesen

Gerd Wilts 50

Heute feiert Gerd Wilts seinen 50. Geburtstag, und dazu gehen meine herzlichen Glückwünsche (und die des gesamten Blogs) nach München.

Erst vor kurzer Zeit war ich auf Gerds Verdienste speziell um die PDB eingegangen, hier möchte ich nur daran erinnern, dass er schon seit 30 Jahren ein ausgesprochen profilierter Komponist speziell von Beweispartien und klassischen Auflöse-Aufgaben ist; eine gar nicht mal so ganz frühe, aber höchst originelle, möchte ich euch heute vorstellen.

Gerd Wilts
Die Schwalbe 1993, 5. Preis
Welches waren die letzten 13 Einzelzüge? 4 Varianten (12+13)

 

Die originelle Mehrlingsbildung führt hier zu vier verschiedenen Offiziers-Entschlägen durch Schwarz, all die entschlagenen Steine müssen sich entwandeln. Wir sehen also eine Ceriani-Frolkin Allumwandlung im Auflöse-Retro in einer höchst originellen Darstellung!

I) R: 1.– Lg5-h6+ 2.h6-h7 h7xDg6! 3.Df5-g6 a3-a2 4.Dg4-f5 a4-a3 5.Dc4-g4 a5-a4 6.Dc8-c4 a6-a5 7.c7-c8=D! a7-a6 8.b6xD(T)c7 II) R: 1.– Lg5-h6+ 2.h6-h7 h7xTg6! 3.Tf6-g6 a3-a2 4.Tf4-f6 a4-a3 5.Tc4-f4 a5-a4 6.Tc8-c4 a6-a5 7.c7-c8=T! a7-a6 8.b6xD(T)c7 III) R: 1.– Lg5-h6+ 2.h6-h7 h7xLg6! 3.Le4-g6 a3-a2 4.Lc6-e4 a4-a3 5.Ld7-c6 a5-a4 6.Lc8-d7 a6-a5 7.c7-c8=L! a7-a6 b6xD(T)c7 IV) R: 1.– Lg5-h6+ 2.h6-h7 h7xSg6! 3.Sf8-g6 a3-a2 4.Sd7-f8 a4-a3 5.Sb6-d7 a5-a4 6.Sc8-b6 a6-a5 7.c7-c8=S! a7-a6 8.b6xD(T)c7

Gut hat mir der Löser-Kommentar des unvergessenen Hans-Heinrich Schmitz gefallen: “Es ist wohl eine glückliche Fügung, daß alles eindeutig ist? Aber die Fügung der Stellung — locker und gleichwohl beide Parteien in Zugverlegenheit bringend — ist auch sehr geglückt. Ich hab’ lange mit anderen Aufgabenverteilungen (insbesondere auf der rechten Seite) herumexperimentiert.”

Lieber Gerd, für das kommende Lebensjahrzehnt wünsche ich dir alles denkbar Gute — und ich wünsche mir, dass du neben Familie, Beruf und deinen anderen (u.a. musikalischen) Hobbys wieder mehr Zeit findest, dich ans Konstruktionsbrett zu setzen. Heute aber lass dich einfach feiern!

Retro der Woche 06/2019

Der Russe Alexej Troizki (13.3.1866—14.8.1942) war einer der wichtigsten Mitbegründer der Retroanalyse wie auch der Schachstudie; neben seinen großartigen Studien (schaut euch mal welche von ihm an, ihr werdet erstaunt sein, wie modern die auch heute noch vielfach wirken) besonders seine Untersuchungen zum Endspiel zweier Springer gegen Bauer sind bekannt und in der Zwischenzeit fast vollständig von den modernen Endspiel-Datenbanken bestätigt.

Zur Erinnerung an seinen 150. Geburtstag wurde ein Gedenkturnier für Retros ausgerichtet, aus dem ich euch heute den ersten Preis vorstellen möchte.

Dmitri Baibikov
Troizki-150 Gedenkturnier 2017, 1. Preis
Letzte 41 Einzelzüge? (13+12)

 

Betrachten wir zunächst die Schlagbilanz: Die vier fehlenden schwarzen Steine wurden von den weißen Bauern geschlagen: hxgxf, exf3 sowie axb. Damit ist klar, dass das Schachgebot gegen den schwarzen König schlagfrei zurückgenommen werden muss: Der letzte Zug war also R 1.Tg7-g8+.

Ferner ist damit klar, dass [Bc2] schlagfrei nach c7 gezogen hat. Demnach musste ihm [Bc7] Platz machen: Entweder, indem zur b-Linie schlug, um dort geschlagen zu werden, oder er musste auf b1 oder d1 umwandeln – auf alle Fälle musste er einmal schlagen. Zusammen mit dxc6 – vorher muss natürlich [Lc8] nach Hause gebracht werden — und hxg erklärt das alle drei fehlenden weißen Steine.

Weiterlesen