Preisrichter Kostas Prentos war vom Gesamtniveau des 10. FIDE-World Cup nicht begeistert, das erstplatzierte Stück allerdings ist schon sehr attraktiv, wie auch ich finde, obgleich das eine oder andere Motiv nicht mehr ganz neu ist. Aber welche Beweispartie ist heute schon vollständig „neu“? In meinem Text orientiere ich mich an Kostas‘ gründlicher Besprechung dieser Aufgabe.
Alle 20 schwarzen Züge sind sichtbar: 3+2+7+0+0+8=20. Dabei müssen wir bei sTe1 unterscheiden, ob dies der Originalturm (dann benötigt er 3 Züge, der sSg8 zusätzliche 2) oder ein Umwandlungsbauer ist — dann wurde [Th8] zu Hause geschlagen.
Die Ergebnisse des 10. FIDE World Cup liegen nun vollständig vor; den Preisbericht der Retro-Abteilung (in diesem Jahr waren nur orthodoxe Beweispartien zugelassen) von Kostas Prentos könnt ihr euch schon anschauen.
Natürlich werde ich in der nächsten Zeit noch näher auf dieses wie stets hoch dotierte Turnier eingehen.
Beim Schwalbe-Treffen am letzten Wochenende in Jena gab es abends insgesamt sechs sehr abwechslungsreiche Vorträge zu den unterschiedlichsten Bereichen des Problemschachs. Im letzten stellte der alte und neue Schwalbe-Vorsitzende eine Beweispartie vor, die er speziell für das Retro-Löseturnier beim Treffen der französischen Problemisten in diesem Jahr gebaut hatte: Weniger unter thematischen als mehr unter Rätsel-Gesichtspunkten.
Das ist vielleicht etwas für euch heute am Feiertag?
Bernd Gräfrath Retro-Löseturnier RIFACE 2022, Urdruck für Phénix 2022 Beweispartie in 10 Zügen (13+12)
Passend für den Anlass ist das Stück nicht ganz so leicht zu lösen, ist mein Eindruck. Jedenfalls schafften es bei dem Turnier genau die vier Erstplatzierten der zwölf Teilnehmer in der gegebenen Zeit.
Aber sicher wollt ihr euch selbst damit beschäftigen und nicht auf meine Lösungsangabe in etwa einer Woche warten?
Lösung
Wer etwa hatte auch beim zweiten Blick aufs Diagramm beispielsweise die exakten Züge des sSa7 erkannt? Und wer hatte nicht zunächst Kf8-De8-Dh5-Ke8 probiert? Ich finde, da ist ein klasse Vexierstück!
Heute komme ich — mit herzlichen Grüßen vom Schwalbe-Treffen in Jena — noch einmal auf das Retro-Informalturnier 2015-2016 von Problem-Paradise zurück, aus dem ich in der letzten Woche bereits den zweiten Preis vorgestellt hatte: Den ersten habe ich mir und euch für heute aufgespart.
Ken Kousaka & Satoshi Hashimoto Problem Paradise 2015-2016, 1. Preis Beweispartie in 20,5 Zügen (16+13)
Bei Weiß sehen wir (nur) 4+1+0+0+0+4=9 Züge — gleich 12 sind noch frei! Bei Schwarz ist es schon deutlich enger: 1+2+3+3+4+3=16. Doch dann sehen wir, dass auf f3 nur der fehlende schwarze Turm geschlagen werden konnte: Der braucht dorthin drei Züge, also haben wir 19 schon fixiert, damit ist nur noch einer frei.
Klar ist damit auch, dass zumindest einer der fehlenden Bauern [Bd7] und [Bg7] zu Hause geschlagen worden sein muss.
Nun sind die Ergebnisse des 11. WCCT (erst einmal nur die Punkte-Vergabe; die Aufgaben werden Mitte Oktober nachgereicht) veröffentlicht — mit großartigen deutschen Ergebnissen!
Hinter der Slowakei und der Ukraine — beiden ganz herzliche Glückwünsche! — belegt Deutschland den tollen dritten Platz. In allen acht Abteilungen war das Ergebnis gut bis sehr gut, in zweien herausragend: Bei den Mehrzügern erreicht Deutschland den geteilten ersten Platz, bei den Retros mit recht deutlichem Abstand gar den alleinigen ersten Platz.
Das ist das ausschließliche Verdienst von Silvio Baier, der damit seine Weltmeister-Titelverteidigung noch einmal bestätigen konnte. Die Aufgaben belegen Platz 1, Platz 3-4 und Platz 6-8, womit das letztere Stück schon das Streichresultat bildet: Drei Aufgaben durften pro Abteilung eingereicht werden, die zwei besten wurden gewertet.
Wenn die Aufgaben in der Broschüre veröffentlicht sind, werde ich hier natürlich darauf zurückkommen!
Wie in der letzten Woche möchte ich erneut eine Märchen-Beweispartie vorstellen; die heutige ist aber deutlich „orthodoxer“: Manche Märchenbedingungen ermöglichen nicht „neue“, orthodox nicht mögliche Züge, sondern schränken die orthodoxen Zugmengen ein, bilden also gleichzeitig eine Partie nach den orthodoxen Regeln. Dazu gehören neben Duellantenschach auch Längst- und Kürzestzüger. Beim heutigen Doppelküzestzüger müssen beide Parteien den kürzesten legal möglichen Zug machen; bei mehreren solcher Züge besteht freie Auswahl.
Michel Caillaud Problem Paradise 2015-2016, 2. Preis Beweispartie in 40,5 Zügen Doppelkürzestzüger (12+14)
Wie bei der Bedingung zu erwarten geht es in der heutigen Beweispartei deutlich ruhiger und bedächtiger zu als in der letzten Woche.
Beim Blick auf das Diagramm kann man direkt keinen Bauernschlag ausmachen: Kein einziger Doppelbauer ist vorhanden. Gibt es aber sonst Auffälligkeiten an der Stellung?
Am ersten Weihnachtstag des letzten Jahres hatte ich Unto Heinonen noch zu seinem 75 Geburtstag gratuliert, nun ist er am letzten Sonnabend verstorben.
In dem Beitrag war ich bereits auf die vielseitigen Interessen des Kompositionsgroßmeisters eingegangen, sodass ich gern auf diesen Beitrag verweise. Zwischenzeitlich sind bereits 224 Beweispartien von ihm in der PDB zu finden.
Er hat sich von Anfang an besonders für komplexe und komplizierte Themen interessiert; deswegen war es gar nicht so leicht, ein für die „Zwischendurch“ Rubrik passende Beispielaufgabe zu finden.
Unto Heinonen The Problemist 1991 Beweispartie in 12 Zügen (15+16)
Wie immer findet ihr in etwa einer Woche hier die Lösung; die wollt ihr aber sicher, besonders bei der Attraktivität der Diagrammstellung mit schwarzer Homebase, im Gedenken an Unto selbst finden?!