Retro der Woche 46/2021

Ich möchte noch beim Preisbericht des diesjährigen Champagne-Turniers, bleiben, nachdem wir an den beiden letzten Sonntagen bereits die ersten Preise der Beweispartien und der übrigen Retros gesehen haben.

Heute präsentiere ich euch „nur“ eine Doppelsetzung des geforderten Themas, aber was für eine — lasst euch überraschen!

Roberto Osorio
Champagne-Turnier 2021, 3. Preis Gruppe A
Beweispartie in 19 Zügen (13+15)

 

Bauernschläge sind im Diagramm nicht zu sehen, darum beginnen wir mit dem Zählen der sichtbaren schwarzen Züge. Da kommen wir auf 2+1+3+5+3+5=19 — damit sind alle schwarzen Züge bereits erklärt. Dabei wissen wir noch nicht, ob Kf8/Te8 durch O-O, Te8, Kf8 oder durch Ke7, Te8, Kf8 entstanden sind — für die Zügezahl ist das auch irrelevant.

Das Schachgebot im Diagramm macht zusammen mit sBg5 den Weg des sLe3 eindeutig: Lf8-d6-f3xe3+. Ansonsten wäre ja auch ein Weg Lf8-h6-e3 und g6/hxg6-g5 möglich, für beides benötigen wir vier Züge.

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Schatten voraus

Das Dezember-Heft der Schwalbe wirft schon seine Schatten voraus — besser gesagt: gleich zwei Schatten, denn es gibt wieder ein Doppelheft, da so viele Beiträge vorliegen. Und selbst die passen noch nicht alle … Sehr erfreulich, dass Die Schwalbe immer gern zur Publikation interessanter, abwechslungsreicher und qualitativ hochstehender Artikel genutzt wird!

Zur Einstimmung bringe ich hier für Zwischendurch eine Aufgabe, die im Dezember in einem Artikel nachgedruckt wird — von wem und über welches Thema verrate ich natürlich noch nicht. Freut euch jedenfalls schon auf das Doppelheft!

Itamar Faybish
The Problemist Supplement 2009
Beweispartie in 9,5 Zügen (13+13)

 

 

 

 

Das muss ich sicher nicht mehr erwähnen, dass es die Lösung hier in etwa einer Woche geben wird?!

Lösung

Das dürfte die erste orthodoxe Darstellung des Themas “Pronkinfigur schlägt Schnoebelenfigur” sein.

Retro der Woche 44/2021

Vor gut einer Woche hatte ich auf den (vorläufigen) Preisbericht des diesjährigen Champagne-Turniers, das Michel Caillaud schon seit vielen Jahren in Zusammenhang mit dem WCCC ausrichtet, berichtet. Nun möchte ich euch heute die siegreiche Beweispartie vorstellen.

Silvio Baier
Champagne-Turnier 2021, 1. Preis Gruppe A
Beweispartie in 28 Zügen (11+15)

 

Ihr erinnert euch vielleicht noch an das vorgegebene Thema? Derselbe Stein schlägt mindestens zwei Umwandlungsfiguren.

Betrachten wir zunächst die Schlagbilanz: Bei Weiß fehlen fünf Bauern, von denen nur [Bb2] direkt geschlagen werden konnte; alle vier anderen fehlenden Bauern mussten sich umwandeln, um sich schlagen zu lassen oder einen geschlagenen Originalstein zu ersetzen; damit sind alle fehlenden weißen Steine erklärt. Geschlagen wurden sie entweder mit exdxcxb und fxe oder (beim geforderten Thema noch attraktiver) mit fxexdxcxb.

Damit ist zugleich der einzige weiße Schlagfall klar: Auch [Bh2] musste sich umwandeln, dazu musste er hxBg spielen, denn sBh4 hat ja keine Schlagmöglichkeit mehr.

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Retro der Woche 42/2021

Gestern erst habe ich auf die Oktober-2021-Ausgabe der Schwalbe hingewiesen, habe ich erst darauf hingewiesen, dass ich noch darauf zurückkommen werde — und heute ist es schon so weit: Ich möchte euch den ersten Preis der Beweispartie-Abteilung des Jahrgangs 2019 vorstellen.

Michel Caillaud
Die Schwalbe 2019, 1. Preis Gruppe A
Beweispartie in 23,5 Zügen (16+16)

 

Hier müssen wir erst gar nicht nach verräterischen Doppelbauern schauen: Es sind noch „alle Mann an Bord“! Also versuchen wir unser Glück mit den Zählen der sichtbaren erforderlichen Züge: Bei Weiß sind das 7+0+0+2+1+2=12 — das ist erst einmal erschreckend, wenn die Hälfte der Züge noch offen ist.

Bei Schwarz kommen wir auf 1+2+8+3+4+5=23 — alle schwarzen Züge sind erklärt. Um mit acht Zügen der schwarzen Türme auszukommen, brauchen wir die Zugwege Th8-h6-c6-c3(4) sowie Ta8-e8-e6-f6-f4(3)-c4(3), also 3+5.

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Retro der Woche 40/2021

Darauf kann man sich verlassen: Dass pünktlich zum Quartalswechsel die neue Ausgabe von StrateGems im Briefkasten liegt, so auch in der letzten Woche.

In diesem Heft findet man eine Fortsetzung der Serie Notable Composers mit einem Beitrag über Mario Parrinello, Kardiologe und Allgemeinmediziner, Kompositionsgroßmeister seit 2012. Besonders bekannt ist Mario als Hilfsmatt- und Märchenschachkomponist; in diesem Artikel werden zwölf solche Aufgaben vorgestellt und wie immer ausführlich kommentiert — sehr lesenswert!

Hier interessieren wir uns natürlich noch mehr für seine gar nicht so seltenen Ausflüge in den Bereich der Beweispartien: die PDB umfasst 33 solcher Aufgaben, WinChloe gar 58. Meist sind es nicht allzu lange, sehr pointierte Aufgaben; so auch unser heutiges Beispiel.

Mario Parrinello
StrateGems 2002, 1. Lob
Beweispartie in 14 Zügen (15+13)

 

Beginnen wir wie üblich mit der Inventur: Bei Weiß fehlt nur ein Springer, bei Schwarz ebenfalls ein Springer sowie der schwarzfeldrige Läufer und ein Bauer. Die fehlenden schwarzen Steine sind durch Bauernschläge vollständig erklärt, die Frage ist nur, wie der weiße Springer starb.

Auf den ersten Blick könnte er auf e6 geschlagen worden sein, ferner schlug Weiß mit f6xBe7 den Bauern; die beiden schwarzen Offiziere opferten sich dann auf a3 bzw. c3. Funktioniert das aber auch noch auf den zweiten Blick?

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Retro der Woche 38/2021

Bleiben wir bei aktuellen Retro-Preisberichten aus feenschach: Andrej Frolkin ging in seinem Bericht für den Jahrgang 2019, wie immer von ihm ebenso zügig wie profund vorgelegt und perfekt aufbereitet, auf die recht ungewöhnliche Verteilung der Aufgaben in „orthodox“ und „Märchenretros“ ein: Im orthodoxen Bereich fehlten Beweispartien fast vollständig, während bei den klassischen Auflöse-Aufgaben alle 21 vom selben Autor stammen!

Auf den ersten drei Plätzen landeten drei Märchenretros, bei denen die Autoren geschickt die Bedingungen bzw. Figuren ausgewählt haben, die sie das intendierte Thema darstellen ließen.

Den ersten Preis gewann eine Aufgabe des französischen Spezialisten, der auch im Bereich der Märchen-Beweispartien schon hervorragende Erfolge erzielt hat.

Nicolas Dupont
feenschach 2019, 1. Preis, Vlaicu Criçan gewidmet
Beweispartie in 16 Zügen, Vertikales Spiegelcirce (16+16)

 

 

Die Bedingung „Vertikales Spiegelcirce“ ist viel einfacher, als man bei dem recht sperrigen Namen vermuten sollte: „Ein geschlagener Stein wird auf dem Feld wiedergeboren, das sich symmetrisch an der vertikalen Mittelsenkrechten zu seinem Ursprungsfeld befindet.“ (Definition aus dem Schwalbe-Lexikon) Ein auf d3 (weißes Feld) geschlagener schwarzer Turm wird also nicht auf a8 wie im „normalen“ Circe wiedergeboren, sondern auf h8, sonst gelten die normalen Circe-Regeln.

Bei Weiß sind nur zwei Züge sichtbar, bei Schwarz allerdings springt die Bauernstruktur sofort ins Auge.

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Retro der Woche 36/2021

In den letzten Jahren kann man nicht nur in der Schwalbe, sondern auch in vielen anderen Problemzeitungen den Trend feststellen, dass der absolute und prozentuale Anteil an (klassischen) Beweispartien abnimmt. Inwieweit das nur eine „Konjunkturdelle“ ist, werden wir wohl in fünf oder zehn Jahren sehen; das momentan laufende 11. WCCT könnte möglicherweise darauf hindeuten, ist die Beteiligung an der Retroabteilung dort doch sehr gut.

Auch in den schon erwähnten feenschach-Preisberichten manifestiert sich der Eindruck eines Rückgangs. Aus „meinem“ Preisbericht für den Jahrgang 2018 möchte ich die bestplatzierte Beweispartie (im Gesamtrang auf Platz vier gelandet) vorstellen:

Bernd Gräfrath
feenschach 2018, 1. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 10 Zügen, zwei Lösungen (11+10)

 

Sicherlich ein extrem lösefreundliches Stück: Doppelte Homebase, zwei Lösungen, relativ kurz: Wenn das nicht zum Lösen vom Blatt reizt, dann weiß ich es kaum!

So elegant solche Homebase-Positionen sind, so wenig Ansätze bieten sie zum Lösen: Weder verrät die Bauernposition etwas über (die reichlich vorkommenden) Schläge, noch kommen wir mit dem Zählen sichtbarer Züge weiter: Unseren einzigen Hilfen sind die fehlenden Steine.

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Aufgaben des 11. WCCT

Pünktlich zum 1. September sind die Aufgaben, die zum 11. WCCT eingereicht worden sind, in anonymisierter Form veröffentlicht worden. Erfreulich, dass es wieder so viele Retros gegeben hat: Nach #2 und Hilfsmatts ist die Retroabteilung die drittstärkste! Und so lange hattee einige Funktionäre versucht, Retros mit dem Argument außen vor zu lassen, dass sich da kaum Leute beteiligen würden.

Schön, dass die wieder so eindrucksvoll widerlegt worden sind!