Retro der Woche 20/2021

Ohne die leidige Corona-Pandemie wären neben mir sicherlich einige der Leser heute noch in Andernach zum traditionellen Problemschach-Treffen am Himmelfahrt-Wochenende, das seit 1975 jedes Jahr dort stattfindet, wenn nicht gerade Corona einen Strich durch die Rechnung macht.

„Zur Feier des Tages“ habe ich daher heute eine Märchen-Beweispartie herausgesucht, wie schon in der letzten Woche aus den Phénix-Urdrucken des Jahres 2020. Die Hinweise aus der letzten Woche sind auch heute gültig.

Éric Pichouron
Phénix 2020
Beweispartie in 20,5 Zügen, Knightmate (15+16)

 

So sehr märchenhaft ist „Knightmate“ gar nicht; hier die Definition aus dem Schwalbe-Märchenlexikon: In der Partieanfangsstellung werden die Könige durch königliche Springer und die Springer durch nichtkönigliche Könige ersetzt. Könige dürfen geschlagen werden und durch Umwandlung entstehen.

Mit anderen Worten: Könige und Springer tauschen vollständig ihre Rollen.

Und so haben wir bei Weiß, wenn man von den Bauernzügen absieht, eine Homebase-Stellung für diese Märchenbedingung.

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Andrej Frolkin 64

Zum, obgleich sehr eckigen, aber für uns Schachleute besonders runden „Schachbrett-Geburtstag“, also zum 64., gehen heute besonders herzliche Glückwünsche nach Kiew zu Andrej Frolkin.

Über ihn muss ich sicherlich nicht viel erzählen: Die PDB und auch WinChloe enthalten mehr als 900 Retros von ihm, aber er beschäftigt sich auch mit den anderen Gebieten des Problemschachs, speziell mit dem Hilfsmatt.

Aber nicht nur als Komponist tritt er hervor: auch als Schreiber häufig sehr ausführlicher, theoretisch bedeutsamer Artikel zu allen Bereichen unserer Lieblingsthemen im Problemschachs, als Buchautor (zusammen mit Gerd Wilts 1991 – vor 30 Jahren! – Shortest Proof Games – The Rubik’s Cube of a Chess Player das erste über Beweispartien). Natürlich ist er wegen seiner Kompetenz, seiner Zuverlässigkeit und Schnelligkeit auch ein höchst begehrter Preisrichter, der seine Urteile, seiner Profession entsprechend, in perfektem Englisch abzugeben versteht.

Eine ganz frühe Beweispartie von ihm möchte ich heute vorstellen, sie lohnt das Lösen „zwischendurch“; wie immer veröffentliche ich hier die Lösung in etwa einer Woche!

Andrej Frolkin
Themes-64 1984, 1. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 14 Zügen (15+15)

 

Auch wenn wir uns noch nie persönlich getroffen haben, hat sich „per Mail“ zwischen uns eine echte Freundschaft entwickelt, die weit über den Austausch zu schachlichen Belangen hinaus geht.

Lieber Andrej, dir wünsche ich auch auf diesem Wege für dein neues Lebensjahr, für den „Start aufs zweite Brett“ alles denkbar Gute, vor allen Dingen natürlich Gesundheit, und weiterhin viel Freude und Erfolg mit unseren geliebten Retros!

Lösung

Warten auf die Papierversion

Heute hatte ich die Mai-Ausgabe des Problemist in elektronischer Form in meiner Mailbox — die Papierversion lässt wohl noch etwas auf sich warten.

Vielleicht wollt ihr euch ja die Wartezeit bis dahin verkürzen? Für zwischendurch ist die folgende Beweispartie aus der November-2020-Ausgabe sicher ideal dafür: Viel Spaß beim kurzweiligen Lösen!

Mark Thornton
The Problemist 2020
Beweispartie in 7 Zügen (15+13)

 

 

 

Lösung

Weiß muss gleich zu Beginn der Lösung ein Tempo verlieren — hübsch!

Retro der Woche 18/2021

Heute möchte ich die kleine Serie recht kurzer Beweispartien von Reto Aschwanden (siehe RdW 14/2021 und RdW 16/2021) fortsetzen mit einem Stück, das 2005 von Hans Gruber als Richter den ersten Preis im Jahresturnier von StrateGems erhielt — er konnte also seinen „Titel aus dem Vorjahr“ verteidigen.

Reto Aschwanden
StrateGems 2005, 1. Preis
Beweispartie in 18 Zügen (14+14)

 

Weiß muss offensichtlich in seinen 18 Zügen nichts tun außer [Bb2] und [Bh2] loszuwerden – ansonsten ist zumindest sichtbar nichts passiert. Bevor wir allerdings die schwarzen Züge zählen, überlegen wir uns, wie die Türme am zugsparsamsten ihre Diagrammfelder erreicht haben können?

Unabhängig von deren Wegen sehen wir, dass [Sg8] gezogen haben muss, um [Th8] heraus zu lassen: Der Springer hat also mindestens zwei Züge gemacht. Die Türme sind am sparsamsten mittels langer Rochade und dann beide via g8 und g5, wobei der „erste“ weiter nach e5 zieht, zu platzieren.

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Retro der Woche 16/2021

Wenn der Retro-Kompositionsweltmeister von 2004—2006 die folgende Beweispartie als seine beste (bis zum Jahr 2006 …) bezeichnete, wenn sie im FIDE-Album 10,5 Punkte erhielt, dann kann man schon eine Menge erwarten. Wenn man allerdings nur ins Album schaut und die Schlüsselwörter liest, kann man schon ins Grübeln kommen, wieso ein Richter gar 4 Punkte gegeben hat, denn soo ungewöhnlich ist das eigentliche Grundthema sicher nicht.

Aber es kommt gerade bei Beweispartien nicht nur auf das „was?“ an, sondern auch auf das „wie?“ und auf das „warum?“. Und das ist hier schon bemerkenswert.

Reto Aschwanden
StrateGems 2004, 1. Preis
Beweispartie in 20 Zügen (14+13)

 

Bei Schwarz ist nicht viel Sichtbares passiert, bei Weiß zählen wir die sichtbaren Züge (wobei wir die lange Rochade voraussetzen, da sie die erforderlichen weißen Züge minimiert): 2+2+3+3+4+6=20: alle weißen Züge haben wir also schon erklärt. Und damit haben wir schon bewiesen, dass Weiß lang rochiert hat, denn sonst brauchte er mindestens einen weiteren Zug, der ihm aber nicht zur Verfügung steht. Damit wissen wir ferner, dass die fehlenden [Bc2] und [Bg2] nicht gezogen haben können, also auf ihren Anfangsfeldern gestorben sein müssen.

Bei Schwarz hingegen sehen wir nur die beiden Bauernzüge, und aufgrund unseres Zählens ist auch klar, dass [Bb7] auf b6 geschlagen wurde. Wie aber sind die beiden anderen fehlenden schwarzen Bauern [Bd7] und [Bf7] verschwunden? 17 Züge hat Schwarz dafür Zeit …

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Aktueller geht’s kaum

Die Aufgabe, die ich euch heute für “zwischendurch” am Wochenende zeigen möchte, ist zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen noch keine drei Stunden alt: Andrew hat sie heute Morgen unserer Zeit (in Singapur ist es da schon später…) in der facebook-Gruppe “Chess Endgame Studies and Compositions” veröffentlicht.

Andrew Buchanan
facebook.com, 17.4.2021
a) Letzte zwei Züge? b) Kürzeste Beweispartie? (11+16)

 

Viel Spaß dabei — die Lösung findet ihr hier in etwa einer Woche!

 

Lösung

b) Beweispartie in 9 Zügen

a) Unabhängig von der Zugbeschränkung der Beweispartie lassen sich für die Diagrammstellung die letzten beiden Halbzüge für jede mögliche, auch beliebig lange, Beweispartie beweisen: Weiß hat keinen letzten Zug, also muss Schwarz zuletzt gezogen haben und dabei Weiß einen dann letzten Zug zur Verfügung stellen. sBh2 hat alle fehlenden weißen Offiziere geschlagen, also auch [Ta1], sodass DxBa3 nicht letzter Zug gewesen sein kann. [Th1] ist der einzige, der den Bauernkäfig nicht verlassen konnte, er muss also auf h2 geschlagen worden sein, und davor konnte er nur schlagfrei von h1 gekommen sein.

Retro der Woche 14/2021

Beim Andernach-Treffen 2008 hatten Hans Gruber, Ulrich Ring und ich vereinbart, uns als „Richter-Kollektiv“ anzubieten, um noch ausstehende Preisberichte zu erstellen — nicht nur für Die Schwalbe, sondern auch für andere Zeitungen.

Für das Jahr 2005 war in der Schwalbe kein Retro-Preisrichter benannt worden, sodass wir Anfang 2010 diese Aufgabe übernahmen; in Andernach haben wir nach vorheriger Diskussion per Mail die Schluss-Abstimmung vorgenommen.

Heute möchte ich aus diesem qualitativ hervorragenden Turnier den ersten Preis vorstellen; die Aufgabe gehörte zu den sechs, die Reto Aschwanden zum WCCI 2004—2006 einreichte, bei dem er den Weltmeistertitel im Komponieren von Retros gewann.

Reto Aschwanden
Die Schwalbe 2005, 1. Preis
Beweispartie in 20 Zügen (14+11)

 

Bei Schwarz sind nur zwei Züge des Königs sichtbar, ansonsten scheint es so, als müsse sich Schwarz „nur“ um das Schlagenlassen seiner fünf fehlenden Steine (beide Läufer, drei Bauern) kümmern.

Bei Weiß hingegen sind im Diagramm alle 20 erforderlichen Züge sichtbar, bis auf wenige Ausnahmen (Bg6, Sh2) sind auch die „Zugwege“ aller weißen Steine erkennbar.

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Mark Bassistyj

Wie ich von Andrej Frolkin erfahren habe, ist der ukrainische Problemist Mark Boryssowytsch Bassistyj (Марк Борисович Басістий, 31.8.1957—21.3.2021) am letzten Sonntag verstorben; Andrej und Mark kannten sich seit genau 40 Jahren.

Mir ist er zuletzt im Zusammenhang mit meiner Problemschachlexikon-Bibliographie besonders als Organisator und Herausgeber von Wörterbuch der Problemschach-Begriffe. Verlag Книга (Bücher), Kiew 2004 (Сло-варь терминов шахматной композиции (Составитель Басистый М.Б.) Киев, издательство “Книга”) mit 820 Diagrammen auf 624 Seiten aufgefallen. Zu den verschiedenen Problemarten gibt es einzelne Kapitel, in denen deren spezifischen Begriffe erläutert werden; der Retro-Teil stammt von Andrej Frolkin.

Mark war FIDE-Meister der Schachkomposition mit 15,49 Album-Punkten, sein Haupt-Kompositionsgebiet war der Zweizüger, aber gelegentlich hat er sich auch im Retro-Bereich getummelt, meist in Gemeinschaftsaufgaben. Die PDB enthält nur zwei Retros von ihm, WinChloe allerdings derer elf. Eines davon mit hübscher Zwillingsbildung möchte ich euch „für zwischendurch“ zum Lösen empfehlen:

Mykola Griva & Mark B. Bassistyj
Problemist Ukraini 2007, Andrej-Frolkin-50-Turnier, 3. Preis
a) Beweispartie in 10,5 Zügen? b) Hilfsmatt in zwei Zügen (14+14)

 

Die Lösung wie immer in etwa einer Woche hier!

Lösung

b) 1.Lf8 Se6 2.De7 Sxc7#

Doppelte Rückkehr, DL-Bahnung in der Beweispartie, LD-Bahnung im Hilfsmatt.