Retro der Woche 35/2023

Bei Aufgaben von Thomas Volet kann man sich fast darauf verlassen, dass sie seine Lieblings-Thematik zeigen: Das sind Schirme, also Schachschutz, der benötigt wird, um weitere Züge zurücknehmen zu können, die ansonsten illegales Retroschach bieten würden. Und so ist es auch bei der Aufgabe, die ich heute ausgewählt habe.

Noch etwas ist typisch für den Kompositionsstil von Tom: Er legt keinen besonderen Wert auf möglichst lange eindeutige Folgen von Rücknahme-Zügen (wie wir das etwa im Retro der Woche vor zwei Wochen gesehen hatten); ihm ist es wichtig, dass die thematischen Züge wie Entschläge, wie Schachschutz-Züge eindeutig sind. Wie die Figuren nun auf diese thematischen Felder kommen, interessiert ihn weniger: Wenn dabei Zugumstellungen oder Alternativ-Wege möglich sind, stört ihn das nicht.

Thomas Volet
Orbit 2004, 1. ehrende Erwähnung
Letzter Zug? (13+13)

 

Zunächst einmal sehen wir, dass alle fehlenden Steine durch gegnerische Bauern geschlagen wurden: schwarze Schläge durch axb, dxc unf h7xg6; weiße Schläge durch bxc, e2xf3 und hxg. Beide Parteien können als Schläge zunächst nur hxg zurücknehmen: b2xc3 würde [Lc1] aussperren, und axb4 kann nicht zurückgenommen werden, weil zunächst der Bauer auf a7 zumindest bis a4 zurückgezogen werden muss: Er kam ja schlagfrei von a2.

Dann wollen wir schauen, wie der riesige Knoten im Süden und Westen geöffnet werden kann? Das funktioniert offenbar nur durch R: Kd5-c5. Dafür aber muss erst [Lf8] nach Hause, da spätestens dann e7-e6 zurückgenommen werden muss. Dafür muss aber ein Stein auf d6 das Schach durch diesen Läufer, der also über e7 heimkommen muss, abschirmen.

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bernd ellinghoven 70

Gäbe es einen Welt-feenschach-Tag, so müsste dies der 24. August sein: An dem feiern beide feenschach Hauptakteure Geburtstag. Während Hans Gruber heute einen ziemlich krummen Geburtstag feiert, ist der von bernd ellinghoven deutlich runder: Er vollendet heute sein 70. Lebensjahr. Dazu gehen herzliche Glückwünsche nach Aachen (und natürlich auch zu Hans nach Bobingen): Für dein neues Lebensjahrzehnt, lieber bernd, wünsche ich dir alles denkbar Gute; besonders für deine Gesundheit drücke ich dir natürlich fest die Daumen!

Über bernd hier viel zu erzählen, über seine großen Verdienste für feenschach und Die Schwalbe, seine Kompositionskunst, seine Artikel und Preisberichte, hieße Printen nach Aachen zu tragen; wer Lust hat, kann eine kurze und natürlich unvollständige Laudatio im aktuellen Schwalbe-Heft nachlesen.

Herausgesucht habe ich ein Zwei-Väter-Mini-Retro mit toller Zwillingsbildung:

Wolfgang Dittmann & bernd ellinghoven
The Problemist 1976, 2. Preis.
-1w, dann h=2 a) Längstzüger b) Kürzestzüger (2+2)

 

Das wollt ihr sicherlich selbst herausbekommen? Viel Spaß dabei – und ansonsten gibt es die Lösung hier in etwa einer Woche.

 

Lösung

a) R: 1.Kc7xSc8, dann 1.bxa7 Sb6 2.Kxb6=
b) R: 1.a5xLb6, dann 1.a6 Lc7 2.Kxc7=

Weiß hat zurückgenommen, macht also den ersten Vorwärtszug – „eigentlich“ also ein h=1,5.

Retro der Woche 34/2023

Und noch ein Stück aus der Zeit kurz vor der Jahrtausendwende: Heute eine unscheinbar wirkende Beweispartie von Michel Caillaud, die aber — bei dem Autor nicht anders zu erwarten — mit ein paar Überraschungen aufwartet.

Michel Caillaud
StrateGems 2000, 4. Preis
Beweispartie in 18,5 Zügen (15+15)

 

Betrachten wir das Diagramm, so stellen wir fest, dass die beiden e-Bauern fehlen. „Na ja, der schwarze Bauer wurde im letzten Zug mit Schach geschlagen, und der weiße verschwand irgendwo auf der e-Linie offenbar durch einen der schwarzen Springer!“ Könnte man meinen – und damit läge man reichlich schief! Woran kann man das sehr gut sehen? Dazu sollten wir uns überlegen, was Schwarz eigentlich in der Partie ziehen konnte?

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Retro der Woche 33/2023

Ein klassisches Retro mit der Frage nach den eindeutigen letzten Zügen möchte ich euch noch aus der kleinen feenschach-Parade zeigen.

Diese Aufgabenstellung finde ich auch deswegen so attraktiv, weil da ganz genau klar ist, was gefordert ist, ohne dass erst einmal durch die Forderung schon etwas verraten oder auch verschleiert wird.

Gerald Ettl ist in Deutschland ein besonders aktiver Spezialist für diesen Aufgabentyp – dass er das schon lange ist, zeigt er mit dem heutigen Stück.

Gerald Ettl
feenschach 1999, 1. ehrende Erwähnung
Welches waren die letzten 22 Einzelzüge? (13+12)

 

Zunächst stellen wir fest, dass keiner der Könige im Schach steht, wir also auch herausfinden müssen, wer mit der Rücknahme beginnt. Ferner müssen wir berücksichtigen, dass (mindestens) zwei Umwandlungssteine auf dem Brett stehen: eine weiße Dame und ein schwarzer weißfeldriger Läufer – nämlich der auf h1.

Schwarz benötigt für seine Bauernstruktur alle drei Schläge, sodass die weiße Bilanz ausgeglichen ist. Weiß benötigt zwei Schläge, um den [Ba7] nach a3 oder a2 zu lassen – deswegen kann wBd6 auch nicht der [Bh2] sein. Der hingegen muss sich in die zweite weiße Dame umgewandelt haben, wofür er einen Schlag brauchte. Er musste ja an [Bh7] vorbeikommen. Damit bleibt Weiß noch ein Schlag übrig, den er z.B. nutzen kann, um Schwarz Züge zu ermöglichen.

Damit sind wir dann auch schon bei der Frage nach dem Anzug, nach der generellen Auflöse-Strategie.

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Champagne-Turnier 2023

Traditionell wird zum WCCC das (Retro-) Champagne-Turnier ausgeschrieben: In diesem Jahr fordert das Thema zum Gedenken an Marco Bonavoglia die Beschäftigung mimt Rochaden (echten, vorgetäuschten, illegalen, märchenhaften, —) in zwei Abteilungen: Beweispartien und andere Retros. Märchenbedingungen sind zugelassen, aber keine Märchenfiguren.

Einsendungen (mit bestimmten Mengenbeschränkungen) an Eric Pichouron bis zum 5. September 20:00 Uhr per Mail: chesschampagne(at)gmail.com; Richter ist Michel Caillaud.

Details findet ihr natürlich in der Ausschreibung!

Stelvio 1.5

Reto Aschwanden hat die Version 1.5 seine Beweispartie-Prüfprogramms Stelvio veröffentlicht, die wegen meines Urlaubs zwei Tage hier gelegen hat. Ihr könnt sie wie immer von der Stelvio-Seite herunterladen!

Eine Menge Verbesserungen (Beschleunigungen, weniger Speicherbedarf) “unter der Motorhaube” gibt es. Das führt dazu, dass die Beweispartie in 58,5 Zügen in den ersten 51 Zügen in realistischer Zeit geprüft werden kann — danach allerdings “explodiert” der Suchbaum. aber “51 Züge” ist schon ein Wort: Davon hätte man bis vor Kurzem nicht einmal zu träumen gewagt …

Retro der Woche 32/2023

Natürlich können wir nicht über Retros in feenschach reden, ohne auch experimentelle Märchen-Retros zu betrachten. Ausgesucht habe ich für euch eine Aufgabe von Manfred Rittirsch, die wahrscheinlich erstmals die Nutzung der Märchenbedingung Isardam in einer Beweispartie zeigt. Gut zehn Jahre später würde diese Kombination intensiver untersucht.

Hier die Definition von Isardam aus dem Schwalbe-Lexikon:

„Es sind solche Züge illegal, die dazu führen, dass ein Stein einen gegnerischen Stein der gleichen Art beobachtet. Ein König steht daher nicht im Schach, wenn durch den virtuellen Schlag des Königs ein Stein einen gegnerischen Stein der gleichen Art beobachten oder von einem solchen beobachtet werden würde.“

Das erklärt auch den Namen: Es ist quasi das Gegenteil von Madrasi, wo sich gegnerische Steine gleicher Art, die sich beobachten, lähmen — „Isardam“ ist also „Madrasi rückwärts“.

Manfred Rittirsch
feenschach 1999
Beweispartie in 15 Zügen, Isardam (11+14)

 

Aus meiner Sicht ist diese Aufgabe ganz typisch für viele Erstdarstellungen einer Märchenbedingung mit einer dafür neuen Forderung: Häufig auf einen besonders spektakulären Zug konzentriert — und so ist es hier auch! Ich will schon einmal verraten, dass die ersten 11,5 Züge komplett orthodox sind — als ob dann beim zwölften Zug Schwarz einfiele, dass es doch noch eine Bedingung gebe…

Dennoch hilft uns die Bedingung auch schon vorher für die erste Analyse:

Bei Weiß fehlen drei Bauern, ein Turm und [Lc1]; Schwarz hat aber bereits drei Doppelbauern. Was ist daran so bemerkenswert??

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Günter Lauinger 75

Herzliche Glückwünsche gehen heute nach Ravensburg, wo Günter Lauinger heute sein drittes Lebensvierteljahrhundert vollendet.

Beruflich war er in der Luft- und Raumfahrt tätig, pflegt(e) sehr viele interessante Hobbys, von denen Problemschach, speziell die Retroanalyse einen ganz besonderen Platz einnehmen: Nicht einmal durch so viele Aufgaben, die er komponiert hat (die PDB zählt 68, davon 60 Retros, davon viele Märchen-Lastmover), sondern durch seine herausragende Leistung als Retro-Sachbearbeiter der Schwalbe von Heft 43 (II/1977) bis Heft 230 (IV/2008), also über weit mehr als 30 Jahre, in denen er die Retro-Rubrik der Schwalbe sicherlich zur Nummer eins in der Welt machte.

Erinnert sei auch an die beiden Schwalbe-Treffen, die er zu Beginn (1977) und zum Ende (2009) seiner Sachbearbeiter-Tätigkeit in Ravensburg organisiert hatte. Bei der ersten war ich noch nicht dabei, die zweite habe ich in bester Erinnerung, wenn ich mal von der schrecklichen Stau-Anreise absehe …

Lieber Günter, für dein neues Lebensjahr wünsche ich dir von Herzen alles Gute — und heute lass dich toll feiern!

„Für zwischendurch“ zeige ich euch einen hübschen Høeg-Retraktor (die Gegenseite bestimmt, ob und was entschlagen wurde) von Günter, der sicherlich gar nicht so schwer zu lösen ist: Irgendwie muss ja der weiße König nach e1 geführt werden! Aber gerade beim Typ Høeg ist es immer spannend, weshalb andere Schläge nicht funktionieren …

Günter Lauinger
feenschach 1979
Rochade vor 3 Zügen, VRZ Høeg (9+8)

 

Die Lösung findet ihr wie immer in etwa einer Woche hier!

 

Lösung

R: 1.Kf2xSf1 (Schwarz muss einen Springer ergänzen, um das Läuferschach erklären zu können) 1.– Sg3-f1+ (Weiß ergänzt nichts, da er die Linie e1-h1 freihalten will) 2.Kf1 (Schwarz kann nun keinen Läufer einsetzen, da bereits Lh4 ein Umwandlungsläufer ist: Zwei Umwandlungsläufer lassen sich nicht erklären) 2.– Se4xBg3+ 3.Ke1-f1 (wegen der Bauern-Ergänzung zuvor kann nun Schwarz wegen der Schlagbilanz keinen Stein auf f1 einsetzen) & vor 1.O-O!