Zum Preisbericht des 2. Retroblog-Thematurniers war ein kleines Update nötig: Schaut einfach noch einmal vorbei, ladet ggf. den Preisbericht neu herunter!
Archiv der Kategorie: Verteidigungsrückzüger
Preisbericht 2. Retroblog-Thematurnier
Durch ein Missverständnis hat sich die Veröffentlichung des Preisberichts zum 2. Retroblog-Thematurnier ein wenig verzögert, aber nun ist er da!
Herzliche Glückwünsche gehen an die Verfasser der ausgezeichneten Aufgaben, besonders an Vlaicu Crisan (1. Preis) und Michel Caillaud (2. und 3. Preis).
Und langsam könnt ihr euch schon warmlaufen für das dritte Retroblog-Thematurnier, dessen Ausschreibung “wie üblich” am 1. Weihnachtstag veröffentlicht werden soll!
Korrekturen / Ergänzungen vom 21.12.2017:
- Es steht eine neue Fassung des Preisberichts zur Verfügung: Beim 4. Lob war ein Autor durch mein Versehen unterschlagen worden. Den könnt ihr einfach neu herunterladen.
- Die Preisträger können sich direkt mit Ralf Krätschmer, dem Schwalbe-Bücherwart (Mail: ralf.kraetschmer(at)t-online.de) wegen ihrer Buchauswahl in Verbindung setzen. Hier auch für alle der Link zur Schwalbe-Bücherliste.
Retro der Woche 42/2017
Warum sind eigentlich normalerweise weiße Schachgebote in direkten Mattaufgaben verpönt? Einfach, weil es „starke“ Züge sind, die die Zugmöglichkeiten des Schwarzen sehr stark einschränken.
Bei Verteidigungsrückzügern entspricht dies dem Retroschach, das der Schwarze sofort aufheben muss. Auch das schränkt seine Zugmöglichkeiten ein.
Eine noch stärkere Einschränkung ist aber die Rücknahme eines e.p.-Schlags durch Weiß, da Schwarz dann nur noch genau einen Zug hat, den er zurücknehmen darf.
Ähnlich wie Schachprovokation (Schwarz bietet Schach!) im direkten Mattproblem ist dann der e.p.-Schlag durch Schwarz ziemlich paradox, da dies ja jeweils die weißen Zug- bzw. Rücknahmemöglichkeiten dramatisch einschränkt.
Das schauen wir uns mal in einem klassischen Verteidigungsrückzüger vom Typ Proca an:
Mat 1978, 3.Preis
#1 vor 10 Zügen, VRZ Proca (3+8)
Stünde der schwarze König nicht auf h7, sondern auf h8, ginge es ganz einfach in einem Zug: R 1.Te8-e7 und vor 1.Sxf6#. Mit dem König auf h7 scheitert dies offensichtlich an 1.– gxf6!.
Wie kann nun der König nach h8 gezwungen werden, wo doch schließlich alle schwarzen Offiziere beweglich sind? Irgendwelche Drohungen kann man sich bei der gut verteidigten siebten Reihe kaum vorstellen, die den König veranlassen würden, „freiwillig“ nach h8 zurückzuziehen.
Retro der Woche 40/2017
Beweispartien und klassische Auflöseaufgaben können unter dem Begriff „Hilfsspiel“ eingeordnet werden, da Weiß und Schwarz gemeinsam an der Erfüllung der Forderung mitwirken. Das schaut bei den „Verteidigungsrückzügern“ (VRZ) anders aus, wie schon der Name sagt:
Hier versucht ja Weiß, vor einer angegebenen Zügezahl eine Forderung im Vorwärtsspiel zu erfüllen: Meist ist dies ein Matt in einem Zug. Schwarz hingegen versucht sich dagegen zu verteidigen: Er nimmt (selbstverständlich nur legale) Züge zurück mit der Absicht, dass Weiß seine Forderung nicht erfüllen kann.
Bekanntlich gibt es mehrere Formen der Verteidigungsrückzüger, die sich darin unterscheiden, wie Schlagfälle realisiert werden. Die beiden klassischen Formen „Proca“ und „Høeg“, beide nach ihren Erfindern benannt, entstanden unabhängig voneinander quasi gleichzeitig: Niels Høeg hatte wohl ein paar Tage Vorsprung vor Zeno Proca.
Im Typ Proca entscheidet die ziehende Partei, ob ihr Zug ein Schlagfall war; in diesem Fall bestimmt sie auch die Art des geschlagenen Steins. Im Typ Høeg entscheidet über diese beiden Fragen jeweils die Gegenseite – ziemlich logisch, da Niels Høeg auch an „Retropartien“ dachte, die auf einem leeren Brett beginnen sollten.
Bei den Autoren ist der Proca-Typ deutlich beliebter, aber auch der Høeg-Typ bietet sehr viele interessante Aspekte; ich bin mir sicher, dass es dort noch viel zu erforschen gibt.
In der Frühzeit beschäftigten sich mit dem Høeg-Typ neben dem Erfinder besonders Thomas Rayner Dawson und sein Freund Charles Masson Fox; von letztem möchte ich heute ein (recht leicht zu verstehendes) Beispiel vorstellen.
The Problemist FCS 1935
-3 & #1; VRZ Typ Høeg (7+13)
Schwarz hat noch alle acht Bauern auf dem Brett, er kann also bei einem von ihm bestimmten Schlagfall nur fehlende Steine einsetzen, da Umwandlungen ja ausgeschlossen sind; Weiß hingegen hat ziemlich freie Auswahl beim Einsetzen.
Wie könnte denn ein Vorwärts-Matt ausschauen? Man könnte an R b6-a7(X) und vor 1.b7# denken: Dazu müssten b7 und b8 gedeckt sowie a7 durch den Schlag nicht störend geblockt sein; Schwarz müsste also dazu gezwungen werden, auf a7 einen Läufer und keinen Turm einzusetzen.
Retro-Wenigsteiner
Auf der Seite von Julia’s Fairies hat Andreas Thoma 15 Retro-Wenigsteiner (ihr werdet euch nicht wundern, dass es sich um Anticirce-Verteidigungsrückzüger handelt?!) veröffentlicht, die ihr direkt ansehen oder herunterladen könnt.
Die drei Seiten enthalten auf der ersten die Diagramme, auf der zweiten Lösungshinweise und auf der dritten die Lösungen. Also solltet ihr zunächst nur die erste, ggf. die zweite Seite anschauen, wenn ihr euch mit den Aufgaben befassen wollt!
2. Retroblog-Thematurnier
Ich freue mich, wie schon im letzten Jahr am ersten Weihnachtstag, zusammen mit Andreas Thoma ein neues Retroblog Thematurnier ankündigen zu können!
Gefordert sind Proca Verteidigungsrückzüger mit der Märchenbedingung Anticirce mit Selbstmatt-Vorwärtsforderung und einer speziellen, Anticirce-typischen „schlagenden“ Idee; die Details sind an Hand dreier Originalaufgaben in der Ausschreibung erläutert.
Schickt eure Beiträge bis zum 16. April 2017 (Ostersonntag) an mich als Turnierdirektor. Andreas Thoma wird das Turnier richten; für die Sieger stehen Buchpreise zur Verfügung.
Andreas und ich freuen uns auf eure Einsendungen!
Retro der Woche 40/2016
Auf der Schwalbe-Tagung in Güstrow habe ich am gestrigen Samstagabend einen kleinen Vortrag zum Thema „Retro-Retraktoren“ gehalten. Den kurios erscheinenden Titel muss ich kurz erklären: Bei vielen Verteidigungsrückzügern (VRZ) zeigt die Lösung interessantes strategisches Spiel, das das „Rückwärts-Ziehen“ natürlich ausnutzt -– echte Retroanalyse ist jedenfalls oft kaum Inhalt der Aufgaben.
Andererseits gibt es auch VRZs, bei denen die Lösung stark von der Retroanalyse der Stellungen abhängt. Einige solcher Aufgaben, die den Retro-Charakter der Lösung besonders betonen, habe ich gestern im Vortrag präsentiert; ein recht einfaches, aber sehr instruktives Beispiel möchte ich heute hier vorstellen.
Quartz 2010
-3 & #1, VRZ Proca (11+9)
Wir erinnern uns: Beim Verteidigungsrückzüger nehmen beide Seiten abwechselnd legal einen Zug zurück. Weiß versucht, die Vorwärtsforderung (hier also ein Matt in einem Zug) vor in unserem Fall drei Zügen zu erreichen, d.h. nach der Rücknahme seines dritten Zuges will er in einem Zug mattsetzen können. Schwarz versucht dies zu verteidigen. Beim Typ Proca bestimmt die zurücknehmende Partei, ob ihr Zug einen Schlag beinhaltete und welcher gegnerische Stein geschlagen wurde – natürlich unter Beachtung der Legalität der Stellung.
Schauen wir uns nun die Diagrammstellung etwas genauer an.
Retro der Woche 38/2016
Heute möchte ich den runden Geburtstag von Klaus Wenda am letzten Dienstag zum Anlass nehmen, eine seiner Aufgaben mit der Forderung „Verteidigungsrückzüger“ (VRZ) mit „Anticirce“-Bedingung genauer zu diskutieren – in der Hoffnung, dass der eine oder andere ein wenig die Scheu vor dieser unglaublich vielseitigen Aufgabenart verliert.
Erinnern wir uns: Im Verteidigungsrückzüger nehmen beide Seiten legale Züge zurück; Das Ziel von Weiß ist, nach der gegebenen Anzahl von Rückzügen die Vorwärtsforderung zu erfüllen; Schwarz verteidigt sich (wie beispielsweise im normalen Mattproblem) dagegen. Nun gibt es unterschiedliche Typen, die sich darin unterscheiden, wer denn mögliche Entschläge bestimmt: Im Typ Proca ist es jeweils der Zurücknehmende, im Typ Høeg genau der Gegner und im Typ Klan immer Weiß.
Bei Anticirce wird der „Schläger“ nach seinem Schlag auf sein circensisches Standfeld der Parteiausgangsstellung versetzt; ist dieses besetzt, ist der Schlag nicht möglich.
König & Turm 2010
-5 & #1; VRZ Proca, Anticirce (3+9)
Der Autor beschreibt den Hauptplan: „Stünde der sK bereits auf e8, würde R 1.Tc8-c6 & vor 1.De6# durchdringen.“ Das lassen wir uns zunächst einmal auf der Zunge zergehen: Warum ist R 1.Tc8-c6 kein illegales Schachgebot? Richtig: h1 ist von der Dame besetzt. Und warum ist dann De6 matt?? Auf die siebte Reihe kann der sK nicht ausweichen wegen der Dame; er kann aber auch nicht nach d8 oder f8 entkommen, da er dann durch den wTc8 im Schach stünde: Das Wiedergeburtsfeld des Turms wäre dann a1, das im Gegensatz zu h1 frei ist. Warum kann sich Schwarz nicht mit 1.– LxDe6 verteidigen? Richtig; das Wiedergeburtsfeld c8 ist besetzt, der Schlag damit nicht möglich.
Und warum kann Schwarz nicht mit 1.– Dd1 das Wiedergeburtsfeld der wD besetzen? Weil sie damit h1 freigibt, sodass wTc8 nun Schach gibt – mit anderen Worten: wTc8 fesselt sDh1!