Und schon wieder ein spannender Lesetipp für ChessBase India: Dort stellt Satanick Mukhuty in einem sehr interessanten Beitrag den britischen Kompositionsgroßmeister und Hilfsmatt-Spezialisten Christopher Jones in einem Interview und mit mehreren Beispielaufgaben vor.
Sehr lesenswert — und ich kann euch nur empfehlen, regelmäßig dort vorbei zu schauen: das ist schon toll, was dort Satanick Mukhuty bezüglich Problemschach auf die Beine gestellt hat!
Hier für zwischendurch ein Blick über den Zaun:
Christopher Jones Orbit 2005, 1. Preis H#5 (4+7)
Überlegt zunächst einmal, wo der schwarze König mattgesetzt werden könnte. Wenn ihr das Feld habt, ist es vielleicht nicht mehr allzu schwer?!
Auch hier wie immer die Lösung in etwa einer Woche!
Lösung
Kniest-Thema (Freischlagen des Mattfeldes für den schwarzen König), Bahnung und Verbahnung auf der Diagonalen f6-b2, Rundlauf des Läufers.
(Ja, das Progrämmchen zur Diagramm-Anzeige,das ich hier verwende, beherrscht leider nicht die Hilfsmatt-Notation, dass dort der schwarze Zug beginnt…)
Der Münchener Problemkreis schreibt wieder ein Märchen-Kompositionsturnier aus, auf das ich hier gern hinweisen möchte, auch wenn es nicht um Retros geht.
Thema ist die neue Märchenart “Punktspiegelung” bzw. “Point Reflection”, die ich hier in der letzten Woche mit einer Beweispartien (nicht zufällig …) vorgestellt hatte.
Gefordert sind h#2 mit dieser Bedingung sowie zusätzlich genau einer der Bedingungen “Circe”, Anticirce” oder “orthodox”.
Die genaue Ausschreibung findet ihr auf der Ausschreibungsseite des mpk, Einsendeschluss ist der 10.10.2020.
Weshalb weise ich hier im Retroblog auf dieses Nicht-Retro-Turnier hin? Nun, ich finde die Bedingung sehr interessant — und der mpk hat mich eingeladen, dieses Turnier zu richten. Und daher freue ich mich besonders auf jede gute Einsendung, denn dann macht das Richten natürlich noch mehr Spaß!
Nachdem wir in der letzten Woche das neue Jahr in dieser Rubrik mit einem „Blick zurück“ um 90 Jahre begonnen hatten, möchte ich mit euch heute 20 Jahre zurückblicken – das passt ja gut zu „2020“…
Und da dieses Stück auch noch 2.0 Lösungen hat, passt es gar doppelt gut!
Michel Caillaud Probleemblad 2000, 1. Preis, Joost de Heer gewidmet Beweispartie in 16 Zügen, 2 Lösungen (14+13)
Bei Weiß sind nur zwei Züge sichtbar, 14 sind also noch frei. Bei Schwarz schaut das aus Lösersicht schon besser aus: Wir sehen 1+1+3+1+3+5=14 – also sind noch genau die Hälfte der erforderlichen Züge noch frei.
Aber wir können aus Der Stellung noch eine Menge an Schlüssen ziehen, sodass es gar nicht so schwer wird zu lösen.
Am letzten Sonntag hatten wir uns hier den 1. Preis in der Beweispartie-Abteilung des Champagne-Turniers aus Vilnius angeschaut; heute möchte ich euch den 2. Preis der „sonstige Retros“ Abteilung in diesem Turnier vorstellen. Ihr erinnert euch? Themenvorgabe war „Bahnung“.
Für diese Abteilung waren nur fünf Aufgaben eingereicht, die Ausrichter Michel Caillaud alle auszeichnete, auch wenn er nicht allzu begeistert von der Originalität speziell der klassischen Retros war (zwei Auflöse-Aufgaben, zwei Verteidigungsrückzüger, ein Hilfsrückzüger).
Ich habe für heute den zweiten Preis, eines der beiden klassisches Retro, ausgesucht.
Schauen wir uns wie immer zunächst die Schlagbilanz an: Die beiden fehlenden weißen Steine (Turm und Springer) wurden von [Be7] auf seinem Weg nach g5 geschlagen.
Bei Schwarz fehlen [Ba7], [Bb7], [Bc7] sowie die beiden Springer. Die Bauern können nicht geschlagen haben, wurden also auf „ihren“ Linien geschlagen: [Bc7] durch dxc, die beiden anderen irgendwie anders. Die beiden Springer wurden also auf f3 und g3 geschlagen; damit sind alle fehlenden Steine prinzipiell erklärt.
Wie kann nun der mächtige Süd-Käfig aufgelöst werden?
Am Dienstagabend erhielt ich eine ziemlich überraschenden Mail: Ein Mitarbeiter des Bundeswettbewerb Informatik (getragen von der Gesellschaft für Informatik, Fraunhofer IUK-Technologie und dem Max-Planck-Institut Informatik, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung) machte mich auf die dritte Aufgabe der zweiten Runde des 37. Bundeswettbewerb Informatik 2018/2019 aufmerksam.
In der waren die Endspiele König und drei Springer gegen König zu untersuchen: “Schreibe ein Programm, das für eine gegebene Stellung und ein Zielfeld feststellt, ob Weiß erzwingen kann, dass der schwarze König auf diesem Zielfeld matt gesetzt wird. … Zudem ist folgendes Schachproblem zu lösen: Der schwarze König steht in der obersten Reihe des Spielbretts und die weißen Figuren in der untersten Reihe. Für welche Felder kann Weiß erzwingen, dass der schwarze König dort matt gesetzt wird? Dieses Schachproblem ist noch offen! Es ist nur bekannt, dass es für die Eckfelder des Spielbretts möglich ist.”
Und hier gab es wirklich Neues: Das Matt kann nicht nur auf den Eckfeldern, sondern auf allen Randfeldern erzwungen werden. Hier findet ihr die genaue Aufgabenstellung sowie die Lösungshinweise.
Ein sicher interessantes “akademisches ” Ergebnis; besonders interessant ist aber die generelle “retroanalytische” Herangehensweise durch Zurückspielen von der Mattstellung. Dieser generelle Ansatz ist natürlich nicht neu; mit dem hatte bereits D. Relp (Pseudonym für Helmut Mertes) sein “Verzeichnis aller Hilfsmatt-Aufgaben mit dem Material KS-KS” erstellt, das er 1975 bei Peter Kniest in Wegberg veröffentlichte. Das Verfahren ist für direkte Mattforderungen allerdings komplizierter als beim Hilfsmatt, da sich Schwarz ja wehren kann, und so gibt es auch Stellungen (siehe etwa Beispiel 5), in denen der weiße Sieg unmöglich ist, da Schwarz den Schlag eines der weißen Springer erzwingen kann.
Übrigens: Auch die beiden anderen Aufgaben sind sehr interessant und für Informatik-affine Leser höchst empfehlenswert!
Zwei Verifikations-Beispiele aus dem Wettbewerb:
Beispiel 3
Beispiel 5
Nachtrag 11.08.2019:
Hier die von Joost (herzlichen Dank!) im Kommentar angegebene Studie von Herbstmann und Kubbel.
Heute lag das Augustheft von SCHACH in meinem Briefkasten, und ein “Blick über den Zaun” lohnt da sicherlich, auch wenn sich in diesem Heft keine einzige Retro-Aufgabe befindet.
Sicher geht dort der Blick immer zuerst auf die letzten vier Seiten, wo Franz Pachl eine hervorragende Problemrubrik leitet. Aber die vorderen 80 Seiten sollte man keineswegs überlesen: Viele Turnierberichte, Interviews, Nachrichten, Buchbesprechungen findet man hier in jedem Heft, und mich beeindrucken immer wieder die hervorragenden Fotos.
Im neuen Heft finde ich den schachgeschichtlichen Artikel über Philidor interessant — und ganz besonders (und der ist auch der Grund, weshalb ich auf dieses Heft hinweise!) den Artikel “Oleg Perwakow — König der Studien” von Martin Minski, in dem er den alten und neuen Studienkompositios-Weltmeister vorstellt, aber auch Aufgaben der Zweit- bis Viertplatzierten des letzten WCCI vorstellt: sich selbst, Steffen Slumstrup Nielsen, und Sergej Diduch, die alle vier ganz eng beieinander lagen.
Übrigens weist die SCHACH-Redaktion darauf hin, dass in einem der nächsten Hefte auch ein Beitrag über Silvio Baier und die Ergebnisse der Retroabteilung des WCCI folgen wird!
Im der letzten Zeit ist Problemschach auch auf mehr am Partieschach orientierten Publikationen en vogue: Ich erinnere nur an den Beitrag zum WCCI auf der DSB-Seite.
Nun sind in den letzten Tagen auch zwei bemerkenswerte Problemschach-Beiträge auf den Seiten von ChessBase erschienen:
Der indische ChessBase-Mitarbeiter Satanick Mukhuty startete gerade eine neue Serie Problemist Diary, die eine Einführung ins Problemschach speziell für Partiespieler darstellt, und dort erschien auch ein Artikel Pal Benkö and the Fischer challenge von Frederic Friedel über eine berühmte Aufgabe von Pal Benkö sowie einen kleinen Wettbewerb in diesem Zusammenhang.
Auch wenn beide Texte auf Englisch verfasst sind: Schaut einmal vorbei, es lohnt sich!
Pünktlich wie immer lag vor ein paar Tagen schon das neue StrateGems Heft in meinem Briefkasten – wie immer mit viel Lese- und Lösestoff mit neun Retro-Urdrucken und den Retro-Preisberichten für 2017 – StrateGems unterscheidet ja zwischen Beweispartien und anderen Retros.
Auf den Preisbericht werde ich natürlich noch zurückkommen; heute möchte ich euch auf einen ganz anderen Betrag hinweisen, den ich mit großem Vergnügen gelesen habe: Richard Becker geht auf gut fünf Seiten auf das interessante Verhältnis von Mehrzügern und Studien ein – sehr zu empfehlen!
Wer sich allerdings noch intensiver einen Blick über den Zaun werfen will, sich damit ein wenig intensiver beschäftigen will, dem kann ich nur das Schwalbe-Sonderheft 241A (Februar 2010) empfehlen Gratwanderungen zwischen Mehrzüger und Studie von Wieland Bruch: Immer noch 40 Seiten puren Lesevergnügens!