Retro der Woche 04/2021

24.1.2021: Mario Richter hat die Aufgabe leider gekocht; siehe seinen Kommentar. Die Aufgabe wird natürlich ihre Auszeichnung verlieren.

Seit etwa der Mitte des letzten Jahrzehnts beschäftigen sich hauptsächlich ukrainische Autoren (Andrej Frolkin, aber auch Michail Kosulja) mit „Rebus-Problemen“, in denen im Diagramm nur Buchstaben angegeben werden, aus denen dann auf die Diagrammstellung geschlossen werden muss; häufig gibt es zur gefundenen Diagrammstellung dann weitere (retroanalytische) Fragen. Eine solche Aufgabe findet sich beispielsweise im Retro der Woche 10/2017.

Der feenschach Retro-Preisbericht für 2017 ist im letzten Heft (243, Januar 2021) erschienen; Richter Hans Gruber stellte ein solches Rebus-Problem auf den zweiten Platz; einziger Preisträger ist hier ein komplexer Anticirce-Verteidigungsrückzüger des kürzlich verstorbenen Günther Weeth.

Michail Kosulja
feenschach 2017, 1. ehrende Erwähnung
Bestimme die Steine! Letzte 4 Einzelzüge? (30)

 

Wie löst man solche Aufgaben am besten? Als generelle Regel kann man versuchen, die Bauern und die Könige als erste zu bestimmen, um dann anhand der Stellungs-Spezifika, häufig durch ein Ausschlussverfahren, die Offiziere zu bestimmen. Häufig hilft bei solchen Aufgabe die Unterscheidung von Groß- und Kleinbuchstaben, die dann die Farbverteilung symbolisiert; hieraus konnte der Autor in unserer heutigen Aufgabe verzichten. (Bei den Lösungsangaben habe ich mich am Preisbericht orientiert.)

Machen wir zunächst Inventur: Auf dem Brett befinden sich je 7 B,F, je 2 A,C,E,G,L,R sowie je 1 D,H,S,W. Da nur zwei Steine fehlen, können nicht so viele Umwandlungen erfolgt sein, dass B oder F Umwandlungssteine sind; sie sind also Bauern.

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Retro der Woche 38/2020

Im Verteidigungsrückzüger ist die Verwendung von Pendelmanövern im Zusammenhang mit der „Zugwiederholungs-Regel“ sehr beliebt: Schwarz sucht sich durch einen guten Zug zu verteidigen, Weiß erzwingt dagegen Zug- und somit Stellungswiederholungen, denen dann Schwarz ausweichen muss, um die Stellung legal zu halten: In Retros gilt die Stellungswiederholungsregel automatisch, d.h. nach Erreichen einer Stellung zum dritten Male wäre die Partie automatisch remis: Deswegen kann sie im Rückwärtsspiel nicht legal auftreten, da dann ja aus einer bereits beendeten Partie weiter gespielt würde.

Auf eine raffinierte Idee verfällt Schwarz beim heutigen Beispiel; die Kommentare sind überwiegend dem Preisbericht (Richter-Trio: Brand/Gruber/Ring) aus feenschach Nr. 204 entnommen.

Günther Weeth
feenschach 2012, W. Keym zum 70. Geburtstag, 2. Preis
-12, dann #1, VRZ Proca (9+12)

 

 

 

Mit dem Schüssel verbessert Weiß die Schlagbilanz zu seinen Gunsten.

R 1.g4xBf5! Zz. führt zu folgender Retroanalyse: Die schwarzen Bauern schlugen 7x, davon 4x auf weißen Feldern (d7xc6, f7xe6xd5xc4). Die weißen Bauern schlugen 2x (cxd, fxe). Es ist nur noch ein schwarzes Schlagobjekt frei. Schwarz darf nicht g7-g6 zurücknehmen, da dann [Lf8] als Schlagobjekt entfiele und mit h7xg6xf5 zwei weitere Schläge durch Schwarz auf weißen Feldern hinzukämen. [Bb2] konnte nicht schlagen, konnte also nur unumgewandelt auf b6 geschlagen werden. Da auch [Lc1] nur auf b6, dem einzigen schwarzen Schlagfeld von Schwarz, ge-schlagen werden konnte, ergäbe sich ein Widerspruch.

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Retro der Woche 36/2020

In den letzten Wochen habe ich, auch in „Geburtstags-Beiträgen“, gelegentlich Hilfsrückzüger vorgestellt: Hier gilt es, Züge zurückzunehmen, sodass eine Vorwärtsforderung erfüllt werden kann, dabei kooperieren bei der Rücknahme Schwarz und Weiß, auch wenn sich im Vorwärtsspiel Schwarz verteidigen will.

Gelegentlich wird nur die Rücknahme eines weißen Zuges gefordert; hierbei kommt der „Hilfe“-Aspekt durch Schwarz natürlich nicht zum Tragen, dennoch verwendet man auch hier diesen Begriff, da Weiß hier aus retroanalytischer Sicht mehrere Rücknahmen zur Verfügung stehen, aber nur eine die Realisierung der Vorwärtsforderung erlaubt.

Walentin M. Filippow
Problem 1972, 1. Lob
-w, dann #2 (8+10)

 

Solch ein Stück wollen wir uns heute anschauen. Wäre Weiß nun in dieser Stellung am Zuge, könnte er 1.Lxa7 ~ 2.b8=D# versuchen – das aber scheitert an 1.— 0-0! Das bringt uns auf den Gedanken zu überlegen, wie wir die schwarze Rochade retroanalytisch verhindern können?

Da könnte wLb8 ein Ideengeber sein: Wenn wir nachweisen könnten, dass er Umwandlungsläufer ist, können wir vielleicht zeigen, dass er dann auf h8 entstanden ist – das würde erfordern, dass [Th8] bereits gezogen und damit das Rochaderecht verwirkt hätte. Also sollten wir zeigen können, dass vor kurzer Zeit auf d2 noch ein weißer Bauer gestanden hat.

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Retro der Woche 40/2019

Sieht man von der „Geburtstags-Aufgabe“ der letzten Woche ab, haben wir uns in den Retros der September 2019 Wochen mit höchst aktuellen Aufgaben beschäftigt.

Heute möchte ich hingegen weit in die Vergangenheit gehen, das ist heute die älteste Aufgabe, die ich hier bisher vorgestellt habe, genau 111 Jahre alt!

Der Bayer Wolfgang Hundsdorfer (* 27. November 1879 in München, † 16. Januar 1951 in Freising) ist besonders durch seine Kooperation mit dem fast auf den Tag zehn Jahre jüngeren Briten Thomas Rayner Dawson (* 28. November 1889 in Leeds, † 16. Dezember 1951 in London) für das Buch Retrograde Analysis bekannt geworden, das 1915, während des ersten Weltkriegs, in der berühmten Christmas-Serie von Alain Campbell White erschienen war. Wer über dieses Buch etwas mehr erfahren möchte, kann dies in einem Schwalbe-Artikel zum 100. Jubiläum des Erscheinens tun.

Wolfgang Hundsdorfer
Münchener Neueste Nachrichten 1908
#5 (9+12)

 

Natürlich lassen wir uns – gerade in diesem Blog, in dieser Rubrik – nicht von der Mattforderung ins Bockshorn jagen: Sicherlich gibt es hier retroanalytischen Inhalt?!

Schauen wir uns die Stellung zunächst einfach so an, als wollten wir „nur“ auflösen. Dabei wissen wir wegen der Forderung, dass Weiß am Zug ist, also Schwarz zuletzt gezogen hat.

Zunächst sehen wir, dass sLa7 wegen der schwarzen Bauern auf e7 und g7 ein Umwandlungsläufer ist. Ferner sticht der “Volet-Bauer“ (so benannt nach dem Thematurnier zum 50. Geburtstag von Thomas Volet: Ein Bauer bewegt sich in fünf „geraden“ Schlägen auf die gegnerische Bauern-Grundreihe) auf a2 hervor, der von f7 kommen muss, denn sBb4 ist [Ba7]. Demnach ist sLa7 der auf g1 umgewandelte [Bh7], und damit sind alle fehlenden weißen Steine erklärt.

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Retro der Woche 23/2019

Heute möchte ich euch einen besonderen Verteidigungsrückzüger (VRZ) vorstellen und dabei mit euch einen Blick über den Zaun werfen: Natürlich gibt es die Übertragung verschiedener Themen aus „Vorwärts-Problemen“ in den VRZ schon lange und vielfach. Die Übertragung moderner, zyklischer Zweizügerthematik in den VRZ dürfte hingegen neu sein – zumindest, wenn dabei auch retroanalytische Überlegungen eine gewichtige Rolle spielen.

Joaquim Crusats
Problemas 2018
-2 & #1, VRZ Proca (15+9)

 

Beginnen wir wie üblich mit den Schlagbilanzen: Bei Weiß fehlt ein Turm, und der wurde auf der b-Linie geschlagen – ob nun vom [Ba7] oder vom [Bc7], wissen wir nicht.

Weiß hat selbst sieben Bauernschläge durchgeführt, nämlich einerseits axb, und andererseits haben die beiden Doppelbauern auf der e- und der h-Linie insgesamt sechsmal geschlagen: sie kommen von c2 und d2.

Damit sind alle fehlenden Steine erklärt.

Aber wie kann Weiß vor zwei Zügen Matt gegeben haben, was kann er drohen?

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Retro der Woche 06/2019

Der Russe Alexej Troizki (13.3.1866—14.8.1942) war einer der wichtigsten Mitbegründer der Retroanalyse wie auch der Schachstudie; neben seinen großartigen Studien (schaut euch mal welche von ihm an, ihr werdet erstaunt sein, wie modern die auch heute noch vielfach wirken) besonders seine Untersuchungen zum Endspiel zweier Springer gegen Bauer sind bekannt und in der Zwischenzeit fast vollständig von den modernen Endspiel-Datenbanken bestätigt.

Zur Erinnerung an seinen 150. Geburtstag wurde ein Gedenkturnier für Retros ausgerichtet, aus dem ich euch heute den ersten Preis vorstellen möchte.

Dmitri Baibikov
Troizki-150 Gedenkturnier 2017, 1. Preis
Letzte 41 Einzelzüge? (13+12)

 

Betrachten wir zunächst die Schlagbilanz: Die vier fehlenden schwarzen Steine wurden von den weißen Bauern geschlagen: hxgxf, exf3 sowie axb. Damit ist klar, dass das Schachgebot gegen den schwarzen König schlagfrei zurückgenommen werden muss: Der letzte Zug war also R 1.Tg7-g8+.

Ferner ist damit klar, dass [Bc2] schlagfrei nach c7 gezogen hat. Demnach musste ihm [Bc7] Platz machen: Entweder, indem zur b-Linie schlug, um dort geschlagen zu werden, oder er musste auf b1 oder d1 umwandeln – auf alle Fälle musste er einmal schlagen. Zusammen mit dxc6 – vorher muss natürlich [Lc8] nach Hause gebracht werden — und hxg erklärt das alle drei fehlenden weißen Steine.

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Retro der Woche 50/2018

Retros mit der Bedingung „monochromes Schach“ haben wir hier schon gelegentlich (z.B. Retro der Woche 22/2017 und 51/2017 angeschaut: Hier sind nur Züge legal, bei denen Start- und Zielfeld gleiche Farbe haben. Besondere Spezialisten für diesen Bedingungstyp in Retros sind René J. Millour, der die beiden zitierten Aufgaben gebaut hat, und Thierry Le Gleuher; von ihm möchte ich heute ein interessantes Stück vorstellen.

Thierry Le Gleuher
Phénix 2012, Trillon-Gedenkturnier, 4. Preis
h#1 Wo wurde [Dd1] geschlagen? Monochromes Schach (4+8)

 

Bei der folgenden Besprechung habe ich mich wesentlich auf die Lösungsangaben von Hans Gruber gestützt, die dieser für feenschach geschrieben hat.

Schauen wir zunächst nach dem Hilfsmatt: Hier ist nur 1. 0-0 Lc4# möglich – und damit wissen wir, dass [Ke8] und [Th8] noch nicht gezogen hatten.

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Bernd Gräfrath 60

Wer ist oder war eigentlich Heinrich Bertrand? Da konnte mir weder Freund Google noch Spezialist Wikipedia weiterhelfen. Egal – auf die Heinrich-Bertrand-Höhe in Mülheim an der Ruhr gehen heute ganz herzliche Glückwünsche: Dort wohnt Bernd Gräfrath, und der feiert heute seinen 60. Geburtstag!

Bernd ist hier ja allen bekannt als fleißiger Kommentator, als (Retro-)Komponist – 125 seiner 179 in der PDB erfassten Aufgaben sind Retros, davon 100 Beweispartien – als Autor vieler interessanter Aufsätze, als kompetenten Preisrichter und als Vorsitzenden der Schwalbe, wo er in Bad Segeberg heute vor drei Wochen zum zweiten Male in seinem Amt bestätigt worden war.

Unsere Zusammenarbeit war schon früh sehr gut und hat sich in den letzten zwei Jahren, seitdem ich selbst im Schwalbe-Vorstand aktiv bin, noch weiter intensiviert. Aber sie geht über das rein Problemschachliche hinaus; auch privat verstehen wir uns sehr gut, was dann auch zu verschiedenen gemeinsamen Aktivitäten führt, die Bernd im letzten April-Heft der Schwalbe so schön beschrieben hatte.

In seinen Aufgaben beschäftigt sich Bernd schon lange besonders gern mit Schlagschach-Beweispartien: Im Schlagschach ist für beide Seiten Schlagen obligatorisch, wenn es möglich ist. Der König hat keine königlichen Eigenschaften, kann also geschlagen werden oder durch Umwandlung entstehen.

Eine seiner frühesten Schlagschach-Beweispartien möchte ich hier vorstellen:

Bernd Gräfrath
Probleemblad 2003
Beweispartie in 9,5 Zügen, Schlagschach (16+13)

 

1.g4 Sf6 2.g5 Sd5 3.Lg2 f5 4.Lxd5 Kf7 5.Lxf7 Sa6 6.Kf1 Sc5 7.b4 Sa4 8.Lb3 h5 9.Lxa4 d5 10.Le8 Zwei ep-Schlag-Meidungen und eine überraschender Läufer-Tour.

Lieber Bernd, für dein neues Lebensjahr(zehnt) wünsche ich dir im Namen der Schwalbe, als Retro-Blogger und natürlich ganz persönlich alles denkbar Gute: Glück, Gesundheit, weiterhin viel Freude an und mit dem Problemschach, an und mit deinen Aufgaben für die Schwalbe!

Und nun freue ich mich auf unser gemeinsames Richten des TBBG-120-Turniers…