Retro der Woche 39/2015

In der letzten Woche hatte ich einen Madrasi-Verteidigungsrückzüger von Klaus Wenda vorgestellt, in dem vier e.p.-Schläge vorkamen. Wie schaut der Rekord bei klassischen Retros ohne irgendwelche Zusatzbedingungen aus?

Der liegt bei drei — und ist nun schon hundert Jahre alt: kaum zu glauben! Dass dieses Stück eines der bekanntesten Retros überhaupt ist, ist deswegen nicht verwunderlich, speziell, da es zu einer Zeit entstand, als Retros noch fast „automatisch“ mit Vorwärtsforderungen wie etwa „Matt in zwei Zügen“ verbunden waren, sich fast auschließlich mit möglichst tiefen Begründungen für e.p.-Schlüsselzüge oder den Ausschluss von Rochaden beschäftigten.

Niels Høeg
20 Retrograde Analysis 1915
Welches waren die letzten Einzelzüge? (16+10)

 

Der schwarze König steht im Schach, Weiß muss also mit der Rücknahme beginnen. Bevor wir uns allerdings um diesen ersten Zug kümmern, betrachten wir zunächst wie üblich die Schlagbilanz.

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Retro der Woche 34/2015

Im jüngst erschienenen FIDE-Album 2007-2009 haben zwei Retros die maximale Punktzahl vom zwölf (alle drei Richter gaben also vier Punkte) erhalten: Die Beweispartie von Nicolas Dupont und Gerd Wilts hatte ich hier bereits im Retro der Woche 28/2014 vorgestellt, das zweite Stück möchte ich euch heute zeigen.

Dmitry Baibikov
StrateGems 2008, Preis
Letzte 54 Einzelzüge? (13+11)

 

Relativ schnell sieht man, dass die Stellung nur aufgelöst werden kann, wenn Weiß e2xXf3 zurücknehmen konnte, um erst den schwarzen, dann den weißen König beweglich zu machen, was die Voraussetzung dafür ist, dass der Knoten im Nordosten geöffnet werden kann, was das Freispielen des wKf6 als Voraussetzung hat.

Hierfür muss aber [Lf1] wieder zu Hause sein, um ihn nicht auszusperren. Falls zu diesem Zeitpunkt [Th1] noch nicht zu Hause ist, darf Weiß auch h3-h4 nicht zurücknehmen, um ihn nun nicht auszusperren.

Besonders auffällig sind (neben drei offensichtlichen Umwandlungs-Damen, die vielleicht die einzige kleine Schwäche dieses Problems darstellen) die Fesselungen: Beide weißen Damen sind ebenso wie ihre schwarze Kollegin auf g3 gefesselt; Eine weitere Fesselung entsteht nach dem ersten Rücknahmezug, denn das Schach gegen den weißen König kann ja nur durch Ld8xXe7+ entstanden sein; das Schlagopfer auf e7 ist dann ebenfalls gefesselt — und der ganze Norden endgültig plombiert, da auch beide weißen Türme nun im Käfig gefangen sind.

Betrachten wir nun aber die Stellung ein wenig genauer:

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Retro der Woche 15/2015

Sicher seid ihr am heutigen Ostersonntag längt mit dem Färben der Eier fertig — vielleicht habt ihr dann Lust, Figuren zu färben? Nein, ihr sollt jetzt nicht die weißen Steine in eurer Schachklötzchen-Kiste bunt anmalen, sondern euch am Färben der Steine im Diagramm versuchen. Vielleicht erinnert ihr euch ja noch an das Retro der Woche 47/2014?

Mitte der 90er Jahre hat sich Andrej Kornilow recht intensiv mit den Möglichkeiten der Färbung auseinander gesetzt; auch das Ergebnis, das ich euch heute vorstelle, erscheint mir sehr interessant.

Andrej Kornilow
Die Schwalbe 1995, Karl Fabel zum Gedenken
Färbe die Steine. Letzte 11 Einzelzüge? (30+0)

 

Es geht also nicht nur um das Färben, sondern auch noch um weitere eindeutige Auflösung der Stellung.

Auch bei diesem Aufgabentyp ist es sinnvoll, zunächst einmal Inventur zu machen und die Schlagfälle zu betrachten. Es fehlt ein Bauer und ein (weißfeldriger) Läufer; die Bauern haben zwei Mal geschlagen (exf und hxg).

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Gerd Wilts hat Geburtstag

Herzliche Glückwünsche nach München an Gerd Wilts zu seinem heutigen Geburtstag und im Namen aller Leser hier alles Gute für das neue Lebensjahr!

Gerds Verdienste um das Problemschach, speziell unser Lieblingsgebiet kann man gar nicht in wenigen Sätzen zusammenfassen, drum beschränke ich mich auf einige Stichpunkte: Er hat 1991 zusammen mit Andrej Frolkin das Buch Shortest Proof Games — The Rubik’s Cube of a Chess Player veröffentlicht, das stark zur Popularisierung dieses heutigen Hauptgebietes der Retroanalyse beigetragen hat, er hat die PDB aufgebaut und weiterentwickelt, er betreibt sie ebenso wie die Website der Schwalbe — leider kommt er neben diesen Aktivitäten sowie Familie und Beruf viel zu selten zum Komponieren und Richten.

Eine kleine, sehr hübsche Aufgabe von ihm soll euch zum Selbstlösen anregen:

Gerd Wilts
Phénix 1998
Letzte 16 Einzelzüge? (9+9)

 

Die fehlenden schwarzen Steine sind bereits durch die drei weißen Bauern c7, e3 und f3 erklärt, daher kommen wBa7 und wBc6 schlagfrei von a2 bzw. c2. Damit sind auch die schwarzen Schläge prinzipiell klar: neben fxg und exd6 müssen die sBa6a5c5 ihre weißen Kollegen durchlassen; dafür benötigen sie zusammen fünf Schläge.

Damit ist auch klar, wer mit der Rücknahme beginnt:

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Retro der Woche 51/2014

Während im letzten Retro der Woche nach genau 28 Einzelzügen seit der Partieanfangsstellung gefragt war, wird in der heutigen Aufgabe schlicht nach den letzten 28 Einzelzügen gefragt, ohne dass damit die Partieausgangsstellung erreicht wird.

Das macht den Unterschied zwischen Beweispartien und klassischen Auslöse-Retros vom Typ „letzte n Einzelzüge“ ganz deutlich: Eigentlich ist die Fragestellung die gleiche – bis auf den Zeitdruck, der in der Beweispartie hinzukommt, da dort die Startstellung bekannt und in der minimalen Zügezahl erreicht werden muss.

Andrej Kornilow & Andrej Frolkin
Schachmatnaja Komposizia 2011
Letzte 28 Einzelzüge? (14+14)

 

Beginnen wir wie üblich mit der Analyse der Schlagfälle: Bei Weiß fehlen der weißfeldrige Läufer und ein Turm; sie verschwanden durch bxc2 bzw. fxe2. Bei Schwarz fehlt ein Springer sowie [Ba7]. Letzterer musste auf seiner Linie geschlagen werden (er konnte mangels weißer Schlagobjekte nicht auf die b-Linie schlagen), während der fehlende Springer durch hxg verschwand.

Damit sind alle Schlagfälle prinzipiell geklärt. Auch ist klar, dass Weiß mit der Rücknahme beginnen muss, da der sK im Schach steht. Doch wohin mit dem wSg5 – ihm stehen schließlich fünf mögliche letzte Felder zur Verfügung?

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Retro der Woche 47/2014

Vor wenigen Tagen jährte sich zum dritten Male der Todestag des Moskauer Retro-Spezialisten Andrej Kornilow (*4.5.1944 †14.11.2011). Ihm zum Gedenken habe ich heute eine Aufgabe von ihm herausgesucht.

Schaut euch auch noch einmal den großartigen Nachruf von Andrej Frolkin und Nikolai Beluchow auf ihn in feenschach 190, XII 2011, S. 229 bis 234 an. Und wenn ihr gerade dabei seid, dann holt auch sofort noch einmal das „Retro-Heft“ feenschach 192, III-IV 2012 hervor, das inhaltlich hauptsächlich von Andrej Kornilow und Andrej Frolkin bestritten worden war: Herrliche Lektüre für lange Herbstabende!

Andrej Kornilow
Redkie schanri plus 1997, Lob
Färbe die Steine. Letzte zwei Einzelzüge? (30+0)

 

Vor dem Finden der beiden letzten Züge gilt es also zunächst einmal, die genaue Stellung zu finden, das heißt herauszufinden, welche Steine Weiß und welche Schwarz sind. Doch bevor nun der Optimist dem Diagramm mit einem schwarzen Kugelschreiber zu Leibe rückt (der Pessimist nimmt sicher einen Bleistift) und mit dem Ausmalen beginnt, sollten wir zunächst einige retroanalystische Überlegungen bezüglich der Schlagfälle anstellen – und dann werdet ihr relativ schnell sehen, dass die Aufgabe gar nicht so schwer zu lösen ist!

Betrachten wir zunächst einmal die Stellung der Könige und der Steine, die sie beobachten, und mögliche Schlagfälle. Damit haben wir dann schon einen Großteil der Lösung gefunden.

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Retro der Woche 12/2014

Könnt ihr euch noch an euren Erstling, euer erstes veröffentlichtes Problem erinnern? Ich kann das: Eine ziemlich wenig originelle weiße Allumwandlung im S#3 Längstzüger mit recht wilder Zwillingsbildung und langweiligen Matts, in der ROCHADE (heute Europa-Rochade) März 1982 veröffentlicht – keine Ahnung, was den Preisrichter veranlasst hat, dem Ding ein Lob zu verpassen? Wahrscheinlich wollte er ein junges Nachwuchstalent motivieren, sich weiter mit Problemschach zu beschäftigen – das zumindest hat er erreicht…

Kaum zu glauben, auch unser heutiges Retro der Woche ist ein Erstling – und das Stück gewann in einer mehr als renommierten Problemzeitschrift den ersten Preis.

 

Sergej L. Wolobujew
Schachmaty w SSSR 1982, 1. Preis
1#? (13+13)

 

Die Frage nach einem Matt in einem Zug lässt sich aus Sicht eines Partiespielers (oder auch eines Nicht-Retro-Problemisten) leicht beantworten: “Ist Weiß am Zug, so setzt er mit Txc3 matt; ist hingegen Schwarz am Zug, so gibt es kein Matt.”

Zur damaligen Zeit wurde mit Fragen nach einem möglichen Ziel im Vorwärtsspiel gelegentlich versucht, den Retroproblemen einen “partienahen Anstrich” zu geben, um eine höhere Akzeptanz auch bei den Funktionären und Schriftleitern zu erreichen. Heute würde man sicherlich diese banale Frage zum Vorwärtsspiel durch die eigentlich interessierende Frage “Wer ist am Zug?” ersetzen – oder, wie das Stück in WinChloe wiedergegeben wird, mit der Frage nach den letzten 24 Einzelzügen.

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