Mario Richter 60

Heute feiert in Berlin Mario Richter seinen 60. Geburtstag. Lieber Mario, für dein neues Lebensjahr(zehnt) wünsche ich dir alles denkbar Gute — und heute einen schönen Feier-Tag!

Mario ist kein besonders fleißiger Komponist (die PDB enthält 51 Stücke von ihm, davon 50 Retros), sondern er tritt besonders hervor als profunder Löser, Prüfer, Kommentator und Preisrichter: Ich freue mich, ihn für die Jahre 2022-2024 für die „Mathematik/Sonstiges“ Rubrik der Schwalbe gewonnen zu haben.

Beim Prüfen lässt er sich oft von seinem selbst geschriebenen Programm „Rawbats“ unterstützen, das, wenn ich es richtig verstehe, sehr flexible Möglichkeiten zur Angabe heute so genannter „Constraints“ bietet, also aus der Stellung, aus Retroanalyse als sicher abgeleitete Einschränkungen der (Rück-)Zugmöglichkeiten. Auch wenn die so geprüften Aufgaben nicht im eigentlichen Sinne „C+“ sind, sondern „HC+“, also in Koproduktion von Mensch und Rechner geprüft, ist dies doch eine ungeheuere Hilfe, komplexe Retros (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) korrekt zu bekommen.

Das heutige Stück „für Zwischendurch“ entstand vor vielen Jahren per Mail bei Diskussionen um verschiedene Isardam-Rekorde. Hier ist die simple Frage, wie der weiße König in sein Gefängnis in der Ecke gelangen konnte? Wer sich an die Isardam-Regeln nicht mehr erinnert, schaut einfach ins Märchenlexikon der Schwalbe.

Mario Richter & Thomas Brand
Die Schwalbe 2008
Letzter Zug? Schwarz am Zug, Isardam (1+3)

 

 

Und wie immer: Die Lösung folgt in etwa einer Woche hier.

Lösung

R: 1.Kh2xLh1 S~xLf3++

Durch den doppelten Entschlag der Läufer (einmal schwarz, einmal weiß) wird das (orthodoxe) Schachgebot des schwarzen Turms neutralisiert: Schlüge der den weißen König, würden sich ja, was bei Isardam verboten ist, die beiden Läufer beobachten.

Nikita Plaksin 90

Nikita Plaksin ist sicherlich einer der bekanntesten, produktivsten und besten Retro-Komponisten aller Zeiten; heute vollendet er sein 90. Lebensjahr — ihm ganz herzliche Glückwünsche zum Geburtstag!

Seit dem Jahr 2001 ist der Wasserbau-Ingenieur FIDE-Meister für Schachkomposition (16,5 Album-Punkte); bereits seit 1989 ist er Internationaler Preisrichter für Retros. Allein in der PDB sind von ihm 1520 Retros enthalten, von denen er fast 1150 in feenschach veröffentlicht hat. Das liegt vor allen Dingen daran, dass er sich intensiv mit “Märchen-Retros” beschäftigt hat, speziell mit Lastmovern-Ökonomierekorden, dies häufig gemeinsam mit Andrej Kornilow.

Besonders bekannt ist er aber für seine beinahe 100 Aufgaben mit Nutzung der 50-Züge-Regel, wonach ein Remis (bei Retros automatisch!) eintritt, wenn seit 50 Zügen kein Schlag oder Bauernzug stattgefunden hat — meist wird auch die Rochade als “die Regel unterbrechender Zug” hinzugezählt. 1979 hat Plaksin dazu in Problem einen bekannten Artikel 50×50 veröffentlicht, in dem er — ihr ahnt es — 50 eigene Aufgaben mit diesem Thema vorstellt. Sehr lesens- und studierenswert, aber nicht gerade “leichte Kost” wegen der doch recht lakonischen Lösungsangaben.

Als Beispiel möchte ich eine Aufgabe aus den Märchen-Lastmove-Untersuchungen zeigen, allein schon um zu demonstrieren, dass auch die Verwendung zweier Märchenarten nicht automatisch schwer zu lösende Stücke hervorbringen.

Nikita Plaksin & Andrej Kornilow
feenschach 12/1982
Letzter Zug? Circe, monochromes Schach (5+1)

 

Bei diesem Stück solltet ihr euch aber auch Gedanken zumindest über den vorletzten Zug machen. Die Lösung folgt an dieser Stelle traditionsgemäß in etwa einer Woche.

Lösung

Mit letztem Zug von Schwarz klappt es nicht: R 1.– Kb1-a2/Kb1xBa2 2.0-0+ Kc2-b1: Weiß hat keinen legalen letzten Zug.

Also R 1.0-0! Kb1xTa2!, und nun hat Weiß Tempozüge mit seinem Umwandlungsturm, und der schwarze König kann via c2-d1-e2-f3 nach draußen kommen.

Und warum ging nicht R 1.– Kb1-a2 2.0-0 Kc2xTb1? Weil der Turm als Umwandlungsstein (das Original steht ja auf h1!) wegen “monochrome” niemals auf die erste Reihe gelangen konnte!

Klein und unscheinbar, aber doch mit einigem Tiefgang!

Letzter Zug?

Dass noch Rekorde für das Konstruktionsthema „letzter Zug“ unterboten werden, ist sehr selten, besonders für die Typen A (es wird nicht gesagt, wer am Zug ist, keine Partei steht im Schach) und B (es wird gesagt, wer am Zug ist, keine Partei steht im Schach).

2012 unterbot Andrew Buchanan einen damals 55 Jahre alten Rekord durch Einsparen eines ganzen Steines – das war eine Sensation, und das veranlasste das Richterteam Brand/Gruber/Ring, dafür einen Spezialpreis zu vergeben.

Andrew Buchanan
feenschach 2012, Spezialpreis
Letzter Zug? Typ B Schwarz am Zug (2+6)

 

Dieser Typ von Aufgaben ist im Rekordsinne meist schwer zu bauen, aber sehr einfach zu lösen. Das sollte auch hier rasch gehen… Trotzdem bringe ich hier in etwa einer Woche wie gewohnt die Lösung.

Lösung

R 1.Da7-a8

Der König kann nicht zurücknehmen: 1.Kb5-c6? Ba7-a6+ illegale Stellung. R 1.Ba7-a8=D? verhindert eine Öffnung des Nordwestknotens, ebenso Da7xXa8.

Der alte Rekord war:

V. Bartolović, R. Buljan, L. Loewenton, Zd. Maslar
problem 1957, 1.-3. Ehrende Erwähnung
Letzter Zug? Typ B Schwarz am Zug (7+2)

Problemschach in Asien

Problemschach wird sicher noch immer für viele hauptsächlich in Europa verortet, und dabei gibt es gerade in Asien in der letzten Zeit viele problemschachlichen Aktivitäten, die zu verfolgen mir viel Freude bereiten.

So veröffentlicht Satanick Mukhuty auf der indischen ChessBase Seite immer wieder interessante und höchst lesenswerte Problemschach-Artikel; kürzlich zum Weltfrauentag beispielsweise einen Beitrag The Queens of Problem Chess, den ich euch wärmstens zum Lesen empfehlen kann.

Bemerkenswert auch, dass manche Komponisten in facebook-Gruppen ihre Urdrucke vorstellen: Das mag im ersten Moment kurios erscheinen, doch haben diese Gruppen weltweite Mitglieder und deren Größe überschreitet den Abonnentenkreis vieler Problemzeitschriften, von der unglaublich schnellen Veröffentlichung einmal abgesehen.

Ein solches Problem, das der Autor als easy eingestuft hat, möchte ich euch heute „für zwischendurch“ zeigen:

Lion Xray
facebook, Chess composing SIG 11.03.2020
-1w & #1 (11+9)

 

Weiß nimmt also seinen letzten Zug zurück und setzt stattdessen Matt.

 

Wie immer findet ihr hier die Lösung in etwa einer Woche; viel Spaß bis dahin mit der Aufgabe!

Lösung

R: 1.b2xBa3 und vor: 1.a5xb6ep#.

sBa3 kommt von e7, hat daher vier Steine auf schwarzen Feldern geschlagen; also alle fehlenden weißen Steine außer [Lf1]. Weder sSd8 noch sLh2 können wegen illegalen Schachs zuletzt gezogen haben, auch scheidet h4xLg3 wegen der falschen Felderfarbe aus. Und e/g6xLf5 wäre illegal: Der dann entstehende Doppelbauer könnte mangels weißer Entschlagsteine nicht aufgelöst werden. Bleibt als letzter schwarzer Zug b7-b5.

Lösungen Lateral Thinking

Hier noch einmal die Aufgabe, die ich am letzten Freitag für zwischendurch vorgestellt hatte:

Trevor Tao
facebook, Chess Endgame Studies and Compositions, 31.1.2020
(acht Forderungen) (15+10)

 

Die acht Forderungen dazu lauten(Copy&Paste Fehler korrigiert):

 


a) Matt in 1/7
b) Matt in 1/6
c) Matt in 1/5
d) Matt in 1/4
e) Matt in 1/3
f) Matt in 1/2
g) Matt in p/q mit 1/2<p/q<1 (Was ist der Wert von p/q?)
h) Matt in 1

Schwarz ist in Retro-Zugnot, das macht die Lösungszüge eindeutig. Hier nun die

Lösungen

a) Tg1-g7-g8#, davor L~-c1
b) Tg2-g7-g8#, davor Lb7-a6
c) Df3-f7-f8#, davor Lb7-a6
d) Te4-e7xe8#, davor Lb7-a6
e) Dd5-f7-g8#, davor Lb7-a6
f) Ta8-c8xe8#, davor Lc8-a6
g) Tb8-c8xe8# (p/r=2/3), davor Lc8-a6
h) Schwarz hat keinen letzten Zug; also Lc1-g5#

Das ist eine hübsche Aufgabe, finde ich; überzeugt euch selbst davon, dass die Lösungen jeweils eindeutig sind!

Retro der Woche 31/2019

Bleiben wir noch etwas bei dem Schwalbe-Preisbericht 2016 von Preisrichter Henrik Juel: nach der ersten ehrenden Erwähnung in der letzten Woche möchte ich euch heute die direkt dahinter platzierte Aufgabe vorstellen.

Jorge Joaquin Lois & Roberto Osorio
Die Schwalbe 2016, 2. ehrende Erwähnung
a) letzter Zug? b) Beweispartie in 25 Zügen (14+13)

 

Das ist schon mal eine recht ungewöhnliche, originelle „Doppelforderung“ -– von „Zwillingsbildung“ will ich in diesem Falle nicht unbedingt sprechen. Wenn die Frage nach dem letzten Zug eindeutig beantwortet werden kann, ist dies natürlich auch der letzte Zug der Beweispartie. Anders herum stimmt diese Überlegung nicht unbedingt: Der letzte Zug einer Beweispartie muss nicht ein eindeutig letzter Zug für die Stellung sein: Ohne den Zeitdruck der Beweispartie kann es meist auch andere letzte Züge geben.

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Thomas Kolkmeyer 70

Und sofort noch ein runder Geburtstag ist hier zu feiern: Heute gehen herzliche Glückwünsche nach Berlin zu Thomas Kolkmeyer, der seinen 70. Geburtstag feiert. Alles Gute für dein neues Lebensjahr(zehnt) wünsche ich dir, Thomas — und heute lass dich toll feiern.

Thomas, IT-Spezialist und hervorragender Musiker, ist weniger als Komponist bekannt, allerdings hat es sich in den 1970er Jahren (noch unter dem Namen Kühn) intensiv mit Circe-Lastmovern beschäftigt; einen möchte ich hier zeigen:

Thomas Kühn
feenschach 1979
Letzter Zug? Circe (7+4)

 

R: 1.– Sb4xSa2[+wSb1].

Bekannt wurde Thomas besonders durch seinen frühen Prüf-Computer “Ollie”, dessen Hard- und Software er selbst entwickelt hatte und der in der 1980er Jahren eine Riesenhilfe für Sachbearbeiter und Komponisten besonders von Hilfsmatts und Märchenaufgaben war, sowie die Entwicklung des Prüfprogramms “Pacemaker” für Anticirce-Retros: Ohne dieses Programm ist der Aufschwung dieser Aufgabenart in den letzten 15 Jahren nicht vorstellbar.

Besonders aber ist Thomas ein hervorragender Löser (z. B. Dauersieger bei feenschach) und Kommentator gerade von Retros. Er ist neben Hans-Heinrich Schmitz derjenige, von dessen Löserkommentaren ich unendlich viel gelernt habe. Ich freue mich riesig, dass Thomas meine Einladung angenommen hat, im kommenden Jahr die Retro-Urdrucke der Schwalbe zu richten und ebenso den nächsten Drei-Jahre-Zyklus der “Mathematik/Sonstiges” Aufgaben dort.

bernd ellinghoven 65

Heute feiert bernd ellinghoven seinen 65. Geburtstag, und dazu gehen herzliche Glückwünsche nach Aachen. Im Namen aller Leser hier wünsche ich dir für dein neues Lebensjahr zunächst einmal Gesundheit, und dann weiterhin viel vielseitige Schach-Kraft!

Ihr alle kennt bernd als Hilfsmatt-Revolutionär, als jahrzehntelangen Vertreter der Schwalbe beim WFCC (Früher PCCC), der internationalen Problemschach-Vereinigung, als ebenso jahrzehntelangen Herausgeben von feenschach. bernd ist aber auch ein ausgewiesener Freund und Kenner unserer Lieblings-Problemart, und eine Aufgabe, die er zusammen mit Klaus Wenda gebaut hat, möchte ich heute vorstellen.

bernd ellinghoven & Klaus Wenda
feenschach 1989, 3. Lob
Letzter Zug? Madrasi (9+4)

 

Madrasi (entnommen dem Schwalbe-Märchenschachlexikon): Wird ein Stein (außer König) von einem gleichartigen Stein des Gegners beobachtet, wird er gelähmt und verliert während der Beobachtung jede Zugmöglichkeit und Wirkung außer seinerseits gegnerische gleichartige Steine zu lähmen. Eine Rochade (=Königszug) mit einem gelähmten Turm ist möglich. Ein doppelschrittig ziehender Bauer ist e. p.-schlagbar.

Ich zitiere die damalige Lösung von Alexander Ettinger; spielt sie in Ruhe nach und prüft, wenn euch Madrasi neu ist, bei jedem Zug, warum er unter dieser Bedingung möglich ist: “Alle Hochachtung – ich war schon fast verzweifelt, denn Schwarz hat überhaupt keinen letzten Zug, und für Weiß hatte ich nur Kxg1 oder Sxh2 in Betracht gezogen (und dann hätte Schwarz wieder keinen letzten Zug), bis der Groschen fiel: Der letzte wZug war 0-0! mit dem Rückspiel Kg2-g3, Sg4-h2, Kg3-g2, Tf1-f2, Tg2-e2+, S-g4, Ld1-e2, S-, La6(z.B.)-e2, S-, Kf4-g3, e2-e3 usw. Ja, sogar Humor kann man bei guten Retros finden!”

Ein anderes Märchen-Retrostück von bernd (Co-Produktion mit Hans Peter Rehm) findet ihr in dessen Ladatio zu seinem 75. Geburtstag.

Auch wenn er keinen “runden” Geburtstag feiert: Auch Hans Gruber herzliche Glückwünsche zu seinem heutigen Geburtstag!