Retro der Woche 49/2017

Wenn man bei Luigi Ceriani ein „einfaches“ Hilfsmatt sieht, wird man natürlich stutzig: Steckt da nicht irgendwo Retroanalyse drin? Besonders, wo hier die Rochadestellungen bei Schwarz und Weiß auffallen.

Luigi Ceriani
Sahovski Vjesnik 1951, 1. Preis (V)
h# in 2,5 Zügen (11+14)

 

Kurz noch der Hinweis, dass hier „2,5 Züge“ bedeutet, dass der erste (schwarze) Halbzug entfällt, also Weiß zieht an und setzt mit freundlicher Hilfe von Schwarz in seinem dritten Zug matt.

Wirklich überraschend ist es nicht, dass wir fix je eine Lösung mit weißer und eine mit schwarzer Rochade finden:

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Retro der Woche 44/2017

Henry Anthony Adamson (21.01.1871 – 21.08.1941) war ein Autor, der sich im Umfeld des jüngeren Thomas Rayner Dawson (28.11.1889 – 16.12.1951) intensiv mit Retroanalyse beschäftigt hat, auch wenn sein „Output“ nicht riesig ist: Die PDB umfasst nur 21 Retros von ihm.

Adamson hat sich speziell mit „Hilfsretraktoren“ beschäftigt: es werden Züge zurückgenommen (Weiß und Schwarz kooperieren, wenn mehrere Züge zurückgenommen werden sollen), anschließend muss eine Vorwärtsforderung erfüllt werden. Bei den komplexen Retraktoren von Adamson gilt es dabei, die möglichen Lösungen retroanalytisch zu untermauern, bzw, auszuschließen. Ein reines Auflöse-Retro von Adamson findet ihr als Retro der Woche 52/2012.

Schauen wir uns nun einen seiner Hilfsretraktoren an:

Henry Adamson
The Fairy Chess Review 1938
Schwarz nimmt 1 Zug zurück, dann h#1 (15+13)

 

Der fehlende weiße Stein wurde mittels g7xf6 geschlagen, ferner sehen wir sofort zwei weiße Schlagfälle: dxe3 und hxg3. Auch den dritten können wir schnell klären, wenn wir betrachten, welcher weiße Stein fehlt: Das ist [Ba2], der aber nicht direkt auf f6 geschlagen werden konnte. Also musste er sich umwandeln, um entweder selbst geschlagen zu werden oder das Schlagopfer zu ersetzen. Als dritten weißen Schlag haben wir also axb7, damit sich [Ba2] auf b8 umwandeln konnte.

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Retro der Woche 43/2017

Gehen wir heute zurück in die Zeit vor dreißig Jahren. In gewisser Weise waren das die Pionierjahre der Beweispartien: Hauptsächlich Michel Caillaud, aber auch zum Beispiel Andrej Frolkin hatten sich um die Popularisierung der eindeutigen (!) kürzesten Beweispartien bemüht, und das trug nun Früchte, indem immer mehr Komponisten sich auf die Abenteuer dieser wiederentdeckten Forderung einließen.

Einer von ihnen war der Niederländer Jasper van Atten, der zu dieser Zeit um die Fünfzig war und sich intensiv mit verschiedenen Themen, da damals en vogue waren, beschäftigt hat.

Eine seiner Aufgaben möchte ich heute vorstellen.

Jasper van Atten
The Problemist 1987/88, 3.-5. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 19 Zügen (16+15)

 

Schnell sehen wir, dass der einzige fehlende Stein, die schwarze Dame, auf e3 oder e4 geschlagen worden ist.

Das Zählen der notwendigen schwarzen Züge bringt erst einmal nicht allzu viel ein: Hier sehen wir nur 4+0+0+0+s+1=5 Züge, allerdings muss ja auch noch die Dame zu ihrem Schlagfeld ziehen. Damit kommen noch einmal drei (bei Schlag auf e4) oder vier (be Schlag auf e3) Züge der Dame hinzu,

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Retro der Woche 31/2017

Preisrichter Thierry Le Gleuher war von der durchschnittlichen Qualität der Nicht-Beweispartien im Jahrgang 2015 von StrateGems weniger überzeugt als von der der Beweispartien. Daher vergab er nur einen Preis; der allerdings ist, wie ich meine, sehr sehenswert.

Andrej Frolkin
StrateGems 2015, Preis
Ergänze wS auf der 1. Reihe. Letztes notwendiges Schachgebot? (13+12)

 

Wenn wir nun die Analyse möglicher Schläge vornehmen, müssen wir berücksichtigen,dass Schwarz nur zwei Steine hat schlagen können – im diagramm fehlt ja noch der zu ergänzende weiße Springer.

Offensichtlich ist, dass Schwarz exd gespielt hat. Da Schwarz ja nur zwei Mal schlagen konnte, stammen alle anderen schwarzen Bauern von ihrer Reihe – nur bei sBg3 ist nicht klar, ob er von der g- oder der h-Linie stammt.

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Marco Bonavoglia 64

Einen sehr “eckigen” Geburtstag, der aber für jenen Schachfan eigentlich der rundeste ist, feiert heute Marco Bonavoglia: Viele kennen ihn sicher beispielsweise aus Andernach und schätzen ihn auch als Retro-Freund, der schon lange in unserem Lieblingsbereich schöne Aufgabe, häufig verbunden mit Märchenbedingungen baut.

Ein schon etwas älteres Stück, das mir aber immer wieder hervorragend gefällt, habe ich zur Feier des Tages herausgesucht:

Marco Bonavoglia
feenschach 1986
Beweispartie in 11,5 Zügen, Schlagschach (16+15)

 

Die Frage ist natürlich, wie und wo der einzig fehlende Stein, der schwarze König, “herausoperiert” werden konnte, ohne dabei in andere Schlagfallen tappen zu müssen.

1.d3 Sf6 2.Kd2 g5 3.Ke3 Lh6 4.Ld2 0-0 5.Le1! Kh8 6.Lc3 Sg8 7.Lxh8 a5 8.Lc3 a4 9.Ld2 Sf6 10.Lc1 Th8 11.Kd2 Lf8 12.Ke1.

Da gibt es in so wenigen Zügen viel zu bestaunen: Jede Menge Rückkehren, Rochade, ein verblüffender Tempozug — immer wieder schön!

Lieber Marco, alles Gute wünsche ich dir zu deinem Geburtstag — und wir sehen uns in Andernach?!

Retro der Woche 20/2017

Am letzten Freitag konnte Andrej Frolkin seinen 60. Geburtstag feiern, und deshalb habe ich natürlich für heute eine weitere Aufgabe von ihm herausgesucht. Sie ist exakt 30 Jahre alt und hat sogar inhaltlich ein wenig mit dem am Freitag vorgestellten Stück zu tun.

Andrej Frolkin
Die Schwalbe 1987, 3. Preis
Letzte 34 Einzelzüge? (15+10)

 

Ein paar Details der Stellung sieht man recht schnell:

Der fehlende weiße Springer wurde mittels axb geschlagen; zwei Schläge durch Weiß (dxc, cxb) sind ebenfalls sofort sichtbar.

Und klar ist, dass Schwarz mit der Rücknahme beginnen muss, denn der weiße König steht im Schach. Da sBd3 nicht entschlagen kann, haben wir schon 1/34 der Lösung: R: 1.d4-d3+.

Dann wird es aber ein wenig komplizierter, wenn wir uns überlegen, wie der Knoten im Westen aufgelöst werden kann.

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Retro der Woche 04/2017

Traditionell veranstalten die französischen Problemfreunde im Rahmen ihres Pfingst-Treffens auch ein Retro-Lösungsturnier; die Urdrucke nehmen am phénix Informalturnier teil. Im Jahr 2005 belegten zwei dieser Urdrucke die ersten beiden Plätze des Informalturniers! Heute stelle ich das Preisproblem vor, in einer der kommenden Wochen auch die erste ehrende Erwähnung.

Michel Caillaud
Messigny 2005 Preis phénix 2005
Hilfsmatt in 2 Zügen (11+12)

 

Die möglichen Lösungen des Hilfsmatts (Schwarz zieht an und hilft dem Weißen beim Matt des schwarzen Königs in der geforderten Zügezahl) sind schnell gefunden; in beiden rochiert Schwarz. Also 1.OOO Sc5 2.Lb8 Sxe7# und 1.OO Sg5 2.Sh8 Se7#.

In einem Retro-Lösungsturnier ist das natürlich nicht alles; da ist schon klar, dass es um die (Il-) Legalität der Rochaden geht. Dass nicht beide Rochaden zulässig sein können, sieht man nach den ersten Schritten der Stellungsanalyse.

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