Retro der Woche 42/2019

Im kommenden Jahr trifft sich die Schwalbe zu ihrem Jahrestreffen vom 16. bis zum 18. Oktober 2020 in Chemnitz. Dort gab es seit 1924, dem Gründungsjahr der Schwalbe, zwei bedeutende Schachspalten: Das Chemnitzer Tageblatt und die Chemnitzer Allgemeinen Zeitung, die beide, ungewöhnlich zu dieser Zeit, Märchenschach und auch Retroanalyse nicht aussparten.

Eine Aufgabe aus dieser Zeit von Thomas Rayner Dawson möchte ich euch heute zeigen:

Thomas R. Dawson
Allgemeine Zeitung Chemnitz 1926
#2 (12+15)

 

Zu jener Zeit wurde die meisten Retros noch mit Vorwärtsforderungen verbunden (hier: Matt in zwei Zügen), die meist gar nicht so schwer zu finden waren, aber ein wenig den „orthodoxen Charakter“ der Aufgabe vortäuschen sollte.

Hier ist es auch so: Das Matt 1.Kd2+ Kxg2 2.Df1# ist nicht allzu schwer zu sehen, und die „retroanalytische Frage“ ist die, ob Weiß auch 1.0-0-0+ spielen könnte, ob es also eine oder zwei Lösungen gibt.

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Retro der Woche 41/2019

Waren wir in der letzten Woche ganz weit in er Geschichte der Retroanalyse zurückgegangen (eigentlich sehr passend zu unserem Problemschach-Lieblingsbereich!), so sind wir heute ganz „up to date“, stelle ich euch heute eine im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichte Aufgabe vor.

Unto Heinonen
StrateGems 2019
Beweispartie in 26 Zügen (14+14)

 

Ist es modern geworden, etwaige Umwandlungen im Laufe der Lösung so gut wie möglich zu verstecken, etwa durch Wegschlagen der Umwandlungsfiguren oder der Originale, die sie dann ersetzen, macht der Autor unserer heutigen Aufgabe genau das Gegenteil: er zeigt unmissverständlich, dass es (mindestens) vier Turm-Umwandlungen gegeben hat.

Fragt man sich, welche der acht Türme im Diagramm die originalen, welche die umgewandelten sein könnten, so liegt der Verdacht nahe, dass die Türme auf der 2. bzw. 7. Reihe die Umwandlungssteine sein könnten, wie dies die Anzahl der erforderlichen Turmzüge im Diagramm minimieren würde.

Das schauen wir uns durch Nachzählen genauer an.

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Retro der Woche 30/2019

In der letzten Woche hatten wir hier eine Auflöse-Aufgabe von Andrej Frolkin und Joaquim Crusats betrachtet, heute möchte ich euch eine Beweispartie von Andrej zeigen, die im Schwalbe-Informalturnier 2016 von Preisrichter Henrik Juel die erste ehrende Erwähnung erhielt und die mir schon bei der Veröffentlichung sehr gut gefallen hatte.

Andrej Frolkin
Die Schwalbe 2016, 1. Ehrende Erwähnung
Beweispartie in 23.5 Zügen (12+15)

 

Sofort fällt bei Weiß der Platzwechsel von Läufer und Turm auf, und auch bei Schwarz ist in dieser Hinsicht offensichtlich etwas passiert: Springer, Dame, Läufer und Turm haben zyklisch „jeweils zwei Felder nach rechts“ (wobei der Turm natürlich „links“ landet) ihre Plätze getauscht. Das ist sehr hübsch und hilft meistens beim Lösen.

Für die Lösungsfindung ist aber auch die Schlagbilanz wieder sehr hilfreich: Schwarz hat drei der vier fehlenden weißen Steine mit den Bauern b6, c6 und d6 geschlagen. Irgendwie müssen aber neben der weißen Dame auch die [Be2], [Bf2] und [Bg2] verschwunden sein.

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Retro der Woche 22/2019

Aufgaben, in denen der mögliche Inhalt im Diagramm gut verborgen bleibt, finde ich besonders attraktiv. Heute möchte ich euch solch eine Aufgabe vorstellen, die vor einem Jahr als slowakisch-französisches Teamwork im Problemist erschienen ist.

Marek Kolčák & Michel Caillaud
The Problemist. 2018
Beweispartie in 17,5 Zügen (14+15)

 

Das Diagramm verrät wirklich nicht allzu viel vom möglichen Lösungsverlauf: Der einzig fehlende schwarze Stein wurde vom [Bg2] geschlagen. Bei Weiß fehlen [Ta1] und [Bf2]. Und für das Verschwinden des [Ta1] kann man sicher noch einmal drei Züge zu en sichtbaren drei weißen Bauernzügen hinzurechnen – aber das hilft auch noch nicht viel, da wir damit nur genau ein Drittel der weißen Züge erklärt haben.

Bei Schwarz sieht man schon ein wenig mehr: Zunächst einmal 1+0+3+3+2+2=11 schwarze Züge, sodass hier „nur“ sechs Züge frei sind.

Aber schauen wir uns einmal an, wie der fehlende schwarze Stein verschwinden konnte.

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Retro der Woche 16/2019

In dieser Woche ist das Aprilheft der Schwalbe erschienen, und darin auch der Preisbericht des Brand & Gräfrath-120-Geburtstagsturniers, in dem klassische Retros bzw. Beweispartien ohne Bauernumwandlungen gefordert waren (226. Thematurnier der Schwalbe, Ausschreibung in Heft 288, Dezember 2017, Seite 317).

Bernd Gräfrath und ich haben an einem arbeitsamen, aber auch sehr schönen Wochenende gemeinsam den Bericht erstellt, aus dem ich heute den 1. Preis der Beweispartien vorstellen möchte.

Nicolas Dupont & Michel Caillaud
TBBG-120 Turnier 2019, 1. Preis, Abt. B
Beweispartie in genau 29,5 Zügen (15+16)

 

Offensichtlich hilft das übliche Zählen im Diagramm sichtbarer Züge bei Weiß nicht viel weiter, wohl aber bei Schwarz: Da kommen wir auf 3+3+6+6+4+7=29 Züge –- alle schwarzen Züge sind also bereits erklärt. Damit [Ke8] in drei Zügen nach a7 gelangen kann, muss er lang rochiert haben.

Diese Erkenntnis ist der Schlüssel zur Lösung der Aufgabe: [Lf1] muss zum Zeitpunkt der Rochade bereits auf a6 gestanden haben, denn vorher mussten bereits b5 (damit [Lc8] herausgespielt werden konnte) und Sc6 gezogen worden sein. Und nach beiden Zügen konnte der Läufer nicht mehr nach a6 gespielt werden können.

Welcher Stein hat denn dann Schachschutz auf b7 gegeben, damit Schwarz rochieren konnte?

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Retro der Woche 15/2019

„Es ist überraschend für die Alten und tröstlich für die Jungen, dass einer klassischen Retro-Idee noch etwas Neues abgewonnen werden kann, zumal wenn Luigi Cerianis und Michel Caillauds Darstellungen mit ersten Preisen belohnt wurden.“ So begann im Schwalbe Aprilheft 2016 der Artikel Faszinierende Läufer-Korridore in Retroproblemen von Werner Keym. Er fuhr fort: „Um welche Idee geht es? Bei der Auflösung einer Stellung stehen sich in einem Korridor zwei Läufer im Wege, daher muss einer der Läufer ein Ausweichfeld — in der Regel das Standfeld eines Königs oder Turms — betreten, so dass im Vorwärtsspiel nicht mehr rochiert werden darf.“

Der Artikel enthält einen Urdruck, der dann im Jahresturnier 2016 mit dem 2. Preis ausgezeichnet wurde.

Joaquim Crusats, Werner Keym gewidmet
Die Schwalbe 2016, 2. Preis
Matt in einem Zug (13+10)

 

Formal sind solche Aufgaben ja sehr einfach zu lösen: „Es gibt die Matts 1.Ke2# und 1.0-0-0#, da von einer eindeutigen Lösung auszugehen ist, geht aus irgendeinem Grund die Rochade nicht, also ist die Lösung 1.Ke2#.“ Stimmt. Also sind wir damit schon fertig? Natürlich nicht, denn uns interessiert ja der „irgendeine Grund“. Versuchen wir, dem auf die Spur zu kommen.

Schauen wir uns dazu erst einmal die Schlagfälle an: Bei Schwarz fehlen bis auf einen Springer alle Offiziere, und deren Verschwinden ist vollständig durch Bauernschläge erklärt: Wir sehen b2xc3, axb, und wBc7 ist [Bg2], er benötigte also vier Schlagfälle.

Bei Weiß fehlen ein Springer sowie [Dd1] und [Lc1], und auch deren Fehlen ist komplett durch schwarze Bauernschläge (axb, dxc und e7xc6) erklärt.

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Retro der Woche 13/2019

Im letzten Retro der Woche hatte ich euch den ersten Preis der Beweispartien der Schwalbe 2008 vorgestellt, heute geht es um den dritten Preis der klassischen Retros: Die ersten beiden Preise findet ihr im Retro der Woche 8/2015 bzw. 46/2018. Auch heute orientiere ich mich an den Kommentaren des Preisrichters Nicolas Dupont.

Michel Caillaud (Günter Lauinger gewidmet)
Die Schwalbe 2008, 3. Preis
Matt in 2 Zügen (12+13)

 

Beginnen wir dieses Mal direkt mit der (formalen) Lösung:

1.0-0-0! ([2.Dxd7#] 1.– Td8/Ta7 2.Sg7#/Db8# — 1.Td1? 0-0-0!

Wir haben es hier offensichtlich mit der „RS-Konvention“ (Retro-Strategie) zu tun: Wenn zwei Rochaden sich gegenseitig ausschließen, dann ist es erlaubt, eine auszuführen und damit die andere zu verhindern — oder mit anderen Worten: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“

Also geht es im „retroanalytischen Teil“ dieser Aufgabe darum zu zeigen, dass die schwarze Rochade nicht mehr zulässig ist, wenn Weiß noch rochieren darf, ansonsten aber zulässig wäre.

Betrachten wir dazu erst einmal die Schlagbilanzen:

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Für zwischendurch (65)

In seinem Kommentar zum letzten Zwischendurch Beitrag hatte Mario Richter ein weiteres Stück vorgeschlagen; das bringe ich hier gern, und damit wünsche ich euch einen schönen Start ins Wochenende.

Stanislav Vokál
Probleemblad 1997
Weiß nimmt 1 Zug zurück, dann #3 (10+10)

 

Das ist sicherlich eine Portion komplexer als die vorige Aufgabe, trotzdem (oder gerade deshalb) viel Spaß beim Knobeln!

 

Lösung
R: 1.Da3xLa1 & v: 1.Te6 Kf8 2.Dxe7+ Kg8 3.Dg7#.

Anmerkung vom 13.3.2019: Erscheinungsdatum korrigiert!