Thomas Volet 65

Ganz herzliche Glückwünsche gehen heute über den Atlantik nach New York, wo Thomas Volet seinen 65. Geburtstag feiert.

Thomas ist einer der profiliertesten Komponisten klassischer Retros und hat eine besondere Vorliebe für Auflöse-Probleme mit den verschiedensten Formen des Schachschutzes als wesentliches Thema. Erfreulicherweise sendet er regelmäßig Originalaufgaben an Die Schwalbe, siehe z.B. 16107 im aktuellen Oktoberheft. auch hier im Blog war er schon in den Retros der Woche vertreten, siehe 40/2013 und erst kürzlich 40/2014.

Heute habe ich ein kleines Stück herausgesucht, das auch zum Selbst-Lösen einladen soll.

Thomas Volet
Die Schwalbe 1982, TMV gewidmet, 15. Lob
Woher kommen die TT a1 und h1? (12+12)

 

wLa4 ist Umwandlungsläufer, der aus [wBh2] entstanden ist, deswegen kann Schwarz f7xXe6 noch nicht zurücknehmen. Der West-Käfig kann nur aufgelöst werden mit der Rücknahme sTc3-b3, dafür aber muss der sK nach c1 ausweichen können. Das muss zügig vorbereitet werden, damit Schwarz nicht retropatt wird.

Also R 1.Kf1-e1 a6-a5 2.Kg1-f1 a7-a6 3.Tf1-a1 d6-d5 4.Th1-h3/6 Kc1-c2 5.O-O+ etc.

Die weißen Türme haben also ihre Plätze getauscht, gleichzeitig sehen wir hier das Antirochade-Thema.

Retro der Woche 43/2014

Gelegentlich wird in Auflöse-Retros nicht einfach nur das „Löse auf!“ gefordert, sondern eine konkrete Frage zur Stellungsentstehung gestellt.

U.a. Wolfgang Dittmann hat darauf hingewiesen, dass solch eine Frage versteckte Bedingungen an die Auflösung enthalten kann, z.B. bei der Frage „Kürzester Weg der sD?“ Denn eine Auflösung mit längerem Weg dieser Dame könnte eine Nebenlösung enthalten oder völlig uninteressant sein. So etwas entwertet natürlich eine Aufgabe nicht, man sollte sich der Bedingung aber bewusst sein.

Auch Nikolai Beluchow stellt in der heutigen Aufgabe solch eine Frage – ist dies auch eine implizite Bedingung?

Nikolai Beluchow
Die Schwalbe 2010, 4. Preis
Letzter Zug des schwarzen Königs? (14+12)

 

Der Lackmustest ist zu versuchen, die Forderung Sinn-erhaltend umzuformulieren: „Löse auf unter der Bedingung, dass die sD den kürzesten Weg nimmt.“ Damit haben wir das Beispiel als Bedingungs-Frage entlarvt. Das klappt bei Nikolai’s Stück nicht: „Löse auf unter der Bedingung, dass der sK mindestens einmal gezogen hat.“ ist keine Einschränkung, denn der sK hat ja offensichtlich schon mehr als einmal gezogen.

Hier fokussiert der Autor also ausschließlich auf eine vielleicht besonders interessante Frage der Auflösung, betont, dass die Antwort eindeutig sein soll – und führt den Löser auf einen wesentlichen Inhalt der Aufgabe.

Betrachten wir wie üblich die Schlagbilanz:

Weiterlesen

Retro der Woche 40/2014

Sieht man über einem Diagramm den Namen Thomas Volet, so wird der kundige Thebaner gleich das wesentliche Thema der Aufgabe erahnen: Schachschutz. Virtuos kann Thomas diesem Thema immer neue Facetten abgewinnen, kann er sehr tiefgründige klassische Retros damit bauen.

Eines davon, das mir sehr gut gefällt, möchte ich hier heute vorstellen:

Thomas Volet
Uralski Problemist 2011, Andrej Frolkin gewidmet
Löse die Stellung auf (13+14)

 

Betrachten wir die Schlagbilanz, so sind die weißen Schläge leicht zu sehen: Bh6xSg7: das kann erst zurückgenommen werden, wenn sich der [Bh7] wieder zu Hause befindet. Dann hat es noch den Schlag Bf3xLe4 gegeben – nur so kann der fehlende schwarze weißfeldrige Läufer wieder ins Spiel gebracht werden.

Da sieht man schon, dass weiße Entschläge im Moment noch nicht möglich sind.

Mit diesen Überlegungen sind dann auch die schwarzen Entschläge schnell prinzipiell klar: Die schwarzen c- und d-Bauern müssen über Kreuz entschlagen, damit ihre weißen Kollegen nach Hause kommen können; ferner gibt es noch den offensichtlichen Entschlag sBaxb.

Weiterlesen

Retro der Woche 34/2014

Mal wieder ein Blick dreißig Jahre zurück, auf ein klassisches Retro aus der damaligen Sowjetunion. „Wieso Retro, das ist doch eine Vorwärts-Forderung?“ mag der eine oder andere vielleicht fragen.

Richtig, ein einzügiges Matt ist leicht zu finden (Lxf6 bzw. Lg4) –- aber genau das ist der Punkt: Eigentlich können beide Seiten Matt setzen, wenn sie denn am Zug sind. Und das gilt es per Retroanalyse zu klären.

Metschislaw Palewitsch
Shakhmaty v SSSR 1984, 3. Preis
Matt in einem Zug (11+15)

 

Zur damaligen Zeit wurden besonders in der Sowjetunion Retros hinter „Vorwärtsforderungen“ versteckt, wohl um ihre Publikationschancen in den sehr orthodox orientierten Zeitungen zu verbessern, obgleich gerade zu dieser Zeit Retros in der UdSSR eine sehr hohe Qualität und internationale Reputation hatten.

Lassen wir uns also davon nicht irritieren und schauen uns zunächst einmal die Schlagbilanz an:

Weiterlesen

Retro der Woche 24/2014

In meinem kurzen Andernach-Bericht hatte ich auch die beiden neuen feenschach-Hefte erwähnt sowie den Artikel von Nicolas Dupont. Darin schreibt er über 57 Task-Darstellungen, die er sich wünscht, die aber noch nicht realisiert sind und zeigt dabei 62 Beweispartien, die „knapp dran“ sind.

Eines dieser Stücke, schon ein älteres, möchte ich euch heute zeigen.

Andrej Frolkin
Die Schwalbe 1990
Beweispartie in 19 Zügen (14+15)

 

Wenn man sich anschaut, wie und wo die Umwandlungstürme entstanden sind, ist die Lösung sicherlich gar nicht mehr so schwer.

Zunächst einmal stellen wir fest, dass die beiden c-Bauern die einzigen Bauern sind, die im Diagramm fehlen; sie also müssen umgewandelt haben. Das können sie wegen der eingemauerten Damenläufern aber nicht auf ihrer Reihe. Wo sonst?

Weiterlesen

Retro der Woche 16/2014

Heute möchte ich mit euch zusammen einen Blick zurück in das Jahr 1989, also vor 25 Jahren werfen, eine klassische Auflöse-Aufgabe vorstellen, die mir immer noch sehr gut gefällt, auch wenn sie keine extrem spektakulären Themen enthält, auch wenn die Auflösung nicht in jedem Zug eindeutig vonstatten geht.

 

Alexander Kisljak (B. Klementjew gewidmet)
feenschach 1989, 2.-3. ehr. Erw.
Löse die Stellung auf (14+11)

 

Beginnen wir wie üblich mit der Schlagbilanz: Bei Weiß fehlen zwei Steine; einer wurde auf f6 geschlagen, und dann kann das Schachgebot im Diagramm nur durch einen Schlagfall, also TxXh2+ erklärt werden. Bei Weiß sieht man zunächst nur den Schlagfall dxe3. Da aber der [wBa2] fehlt, muss der sich umgewandelt haben. Das kann nicht auf a8 erfolgen, da er nicht am [sBa7] vorbeikommen konnte, also auf b8 umgewandelt hat. Der sBh4 kann nicht geschlagen haben, kommt also von h7 – und das bedeutet, dass zwei weiße Bauernschläge auf dem Königsflügel, genauer gesagt auf g und h, erfolgen mussten. Dabei konnte niemals der [sBc7] geschlagen werden, der sich auch nicht schlagfrei umwandeln konnte, also auf der c-Linie geschlagen wurde.

Weiterlesen

Retro der Woche 14/2014

Zunächst war die Idee aus der Not geboren, nämlich möglichst rasch und trotzdem mit hoher Qualität eine Menge ausstehender feenschach-Preisberichte mit Ersatzrichtern zu erledigen: Dadurch wurde das Richter-Dreamteam Gruber-Ring-Brand geboren.

Wir haben gemerkt, dass das gemeinsame Richten nicht nur effektiv war, sondern gleichzeitig unheimlich viel Spaß machte – und drüber hinaus auch sehr interessante Einblicke in die „Denke“ anderer Richter gab.

Und so haben wir anschließend nicht nur aus der Not heraus, sondern geplant mehrere Turniere (nicht nur für Retros, sondern auch für Hilfsmatt und Märchenschach) gemeinsam gerichtet; dabei haben wir stets die Aufgaben einzeln „bepunktet“ (ähnlich wie beim FIDE-Album) – meist war die Übereinstimmung verblüffend groß. Spannend waren dann eigentlich „nur“ noch die Diskussionen über die Aufgaben, wo die Abweichungen größer waren. Aber immer sind wir zu einer einvernehmlichen Reihung gekommen.

So auch beim feenschach Retro-Informalturnier 2012, aus dem ich heute eine Aufgabe vorstellen möchte, die meiner Meinung nach ideal zum Selbstlösen auch für noch nicht so erfahrene Retrolöser ist: Gerade die geforderte Eindeutigkeit der letzten Züge sollte es noch ein wenig einfacher machen.

 

Gerald Ettl
feenschach 2012 (A. Kornilow in memoriam), 4. Lob
Letzte 24 Einzelzüge? (15+12)

 

Wenn ihr lösen wollt, solltet ihr euch folgende Fragen stellen: Welche Steine fehlen? Wo wurden sie geschlagen? Gab es Umwandlungen, wenn ja: wo? Wie kann der Retroknoten aufgelöst werden? Was ist Voraussetzung dafür?

Weiterlesen

Retro der Woche 47/2013

In einem Kommentar zum letzten Retro der Woche sprach Urs das Thema „Schwierigkeit als Qualitätsmerkmal einer Schachaufgabe“ an. Ich möchte dazu meine eigene Ansicht zur Diskussion stellen und an einem Beispiel erläutern.

Für mich persönlich ist Schwierigkeit der Lösung kein besonderes Kriterium für die Beurteilung einer Aufgabe, egal, ob es sich um ein Retrostück oder eins mit konventionellem Spiel handelt. Schwierigkeit ist extrem subjektiv: Ein Lösegroßmeister dürfte dort völlig andere Maßstäbe ansetzen als ein Anfänger, für jemanden, der sein Leben lang Zwei- und Dreizüger gelöst hat, ist vielleicht ein „einfaches“ Hilfsmatt schwer zu lösen. Und der subjektive Eindruck hängt auch von der Tagesform ab: An einem Tag klappt es besser mit dem Lösen als an einem anderen.

Dennoch sollte ein Schachproblem ein „Problem“ bleiben: wenn ich sofort und ohne Mühe die Lösung einer Aufgabe sehe, bin ich selten vom Inhalt begeistert, da er ja offensichtlich nicht überraschend, nicht „problemhaft“ ist?! Andererseits bin ich auch nicht glücklich, wenn ich nach langen Mühen ein Stück gelöst habe und ich mich anschließend frage: „Und was soll das nun?“, wenn also die Schwierigkeit auch daher kommt, dass quasi kein problemschachlicher Inhalt geboten wird. Schwierigkeit und Inhalt müssen also für mich in einem passenden Verhältnis zueinander stehen – was auch immer das bedeuten mag.

Wer schreibt also einmal einen Aufsatz zur „Schwierigkeits-Ökonomie“?

Vielleicht kann ich dies einmal an einem wie ich finde hübschen Beispiel erläutern:

 

Nikolai Beluchow
StrateGems 2010
Letzter Zug? (14+13)

 

Bei Weiß fehlen nur der [wBf2] und der [wBh2] – beide konnten wegen der schwarzen Bauernstruktur nicht direkt geschlagen werden, mussten also umwandeln: Schwarz hat fxe und exd gespielt, also muss der weiße Bauer auf a7 zweimal um den sBa5 herum geschlagen haben. Als weiterer weißer Schlag bleibt nur noch hxg, damit der h-Bauer sich auf g8 umwandeln konnte.

Den Käfig im Nordwesten (und anschließend dann den im Südwesten) kann man erst durch f6xXe5 öffnen, aber vorher muss sich ein weißer Stein auf f8 entwandelt haben.

Nichts leichter als das?

Weiterlesen