Retro der Woche 46/2024

Vor einigen Tagen ist die vierte Ausgabe des Jahrgangs 2024 der niederländischen Problemzeitschrift Probbleemblad erschienen. Die Retro-Abteilung dort wird vom Argentinier Roberto Osorio geleitet, der hier bei den Retros der Woche mit bisher 20 Beweispartien vertreten ist, häufig zusammen mit Jorge Lois, ebenfalls aus Buenos Aires..

Heute allerdings möchte ich ein Stück von Dirk Borst vorstellen, für den eine Veröffentlichung in Probleemblad quasi einem Heimspiel gleicht, ist er doch auch schon Jahrzehnte lang an der Herausgabe des Schwalbe-Schwestermagazins beteiligt.

Dirk Borst
Probleemblad 2024
Beweispartie in 20 Zügen (13+11)

 

„Nur“ zwanzig Züge, dennoch sicherlich nicht ganz leicht zu lösen. Das kann man schnell ahnen, wenn man einfach nur die sichtbaren Züge zählt: Bei Schwarz ist man da fix fertig: 0+0+4+2+1+2=9 – mehr als die Hälfte der Züge ist also noch frei, da nicht sichtbar.

Viel besser schaut es bei Weiß auch nicht aus: 2+2+5+3+3+1=16 – auch bei Weiß sind also noch vier Züge frei. Hilft uns das irgendwie weiter? Zumindest insoweit, dass wir, obgleich bei Weiß genau drei Bauern fehlen, keiner von denen umgewandelt haben kann: Soo schnell sind Bauern ja auch nicht!

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Retro der Woche 29/2024

Sonntag, 14. Juli – französischer Nationalfeiertag UND Nicolas Dupont hat heute Geburtstag: Genz herzlichen Glückwunsch – und natürlich ein hervorragender Anlass, von Nicolas eine Aufgabe vorzuführen.

Wir alle kennen und schätzen ihn als einen der wichtigsten und besten „Proofgame of the Future“ Komponisten; vielleicht weniger bekannt ist, dass er gelegentlich gern und höchst erfolgreich auch Märchen-Beweispartien komponiert.

Eine davon habe ich für heute ausgesucht, sie nutzt die Bedingung „Immunschach“, die recht leicht zu erklären ist:

Ein Stein (auch Könige) kann nur geschlagen oder bedroht werden, wenn dessen Circe-Wiedergeburtsfeld frei ist, sobald der Schlagtäter sein Zielfeld erreicht hat. Ansonsten ist der Stein “immun”.
So steht es im Märchenschach-Lexikon der Schwalbe.

(Hinweis Wenn ihr Immunschach-Probleme mit Popeye oder Jacobi testen wolltt, nutzt die Bedingung RexInclusive, weil dort im Gegensatz zur Definition prinzipiell “Rex exclusive” gilt.)

Nun wollen wir uns anschauen, was Nicolas mit dieser Bedingung zaubert.

Nicolas Dupont
Weihnachtsturnier 2009, Retros 2. Preis
Beweispartie in 21 Zügen, Immunschach (15+12)

 

Beim Immunschach bleibt die Analyse der Schlagbilanzen „orthodox“; wir sehen also, dass [Ba7], [Bg7] und [Bh7] nicht von weißen Bauern geschlagen worden sein können. Zusätzlich ist noch [Be7] verschwunden, und damit sind alle fehlenden schwarzen Steine identifiziert. Bei Weiß hingegen fehlt ein Bauer, nämlich der [Bf2] oder [Bg2].

Nun zählen wir noch rasch die sichtbaren weißen Züge (bei Schwarz ist nicht viel zu zählen, was aber auch nicht so verwundert, da ja auf schwarzer Seite Umwandlungen geschehen sein müssen).
Da kommen wir auf 1+1+3+4+3+8=20 Züge – nur einer ist also noch frei.

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Retro der Woche 11/2023

Den Grund, weshalb ich heute genau diese Aufgabe als „Retro der Woche“ ausgesucht habe, werde ich euch am Ende des Beitrags verraten; nun aber gleich medias in res:

Mario Parrinello
Probleemblad 2005
Beweispartie in 19,5 Zügen (13+13)

 

Vielleicht möchtet ihr ja raten, was das Themafeld dieser Aufgabe ist, bevor wir mit der Analyse beginnen?

Wieder einmal haben wir eine Beweispartie vor uns, bei der das Zählen der sichtbaren Züge einer Partie schnell erledigt ist: fünf bei Weiß ist genau ein Viertel aller Züge — und wir wissen ja aus langer Erfahrung, dass dies ein Indiz für Umwandlungen oder Rundläufe dieser Partei sein kann.

Bei Schwarz ist das Zählen der sichtbaren Züge schon ergiebiger: 1+0+4+0+5+5=15 — damit sind auch noch vier schwarze Züge frei.

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Retro der Woche 38/2022

Hatten Silvio Baier und Dmitrij Baibikov zum aktuellen WCCI ausschließlich orthodoxe Beweispartien bzw. klassische Retros eingesandt, so belegte Kostas Prentos mit seiner Einsendung von sechs Märchen-Beweispartien Platz drei.

Eines dieser Stücke möchte ich natürlich hier vorführen; es nutzt als Bedingung Point Reflection oder „Punktspiegelung“, die ich hier im Blog schon vorgestellt hatte. Ich persönlich halte sie für sehr interessant; das war auch der Grund, dass ich zugestimmt hatte, das Point Reflection Turnier 2020 des Münchener Problemkreises, das sich allerdings mit Hilfsmatts beschäftigte, zu richten.

Aus diesem Bericht zitiere ich auch die Definition: „Stehen zwei Steine (beliebiger Farbe, Könige eingeschlossen) auf Feldern, die punktsymmetrisch bezüglich der Brettmittelpunkts zueinander sind (z.B. a1-h8, b3-g6), tauschen sie ihre Zug-, Schlag- und Wirkkräfte (behalten aber die Farbe, die Bauernzugrichtung und evtl. königliche Eigenschaften bei). Ein Bauer auf der ersten Reihe kann nicht selbstständig ziehen, sein korrespondierender Stein auf der achten Reihe daher auch nicht. Die Rochade ist nur mit nicht-gespiegelten Figuren (König, Turm) möglich. Nur nicht-gespiegelte Bauern können en passant schlagen.“

Kostas Prentos
3. Murfatlar TT 2020-2021, 1. Preis
Beweispartie in 16 Zügen, Point Reflection (10+10)

 

Beim Blick auf das Diagramm fällt sofort der Bauer auf a1 auf: Der kann natürlich von b2 gekommen sein, wenn auf g7 ein Läufer oder eine Dame gestanden hat — oder auch beispielsweise von f1 aus, wenn er dort schon als Bauer stand und auf c8 ein Turm oder eine Dame.

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Retro der Woche 24/2021

Am letzten Mittwoch hatte ich die Juni-Ausgabe der Schwalbe im Briefkasten. Neben (leider nur) sechs Aufgaben im Urdruckteil enthält das Heft weitere vier Urdrucke in einem Aufsatz von Bernd Gräfrath „Beamte mit Nachtreitern“; einen davon möchte ich heute vorstellen.

Im Beamtenschach kann ein Stein nur ziehen und wirken, wenn er von einem Stein der anderen Farbe beobachtet wird; unbeobachtet kann er nur beobachten. Damit ist die Beamtenschach-Partieausgangsstellung für uns ziemlich uninteressant: Sie ist doppelpatt!

Um ihr etwas Leben einzuhauchen, hat Bernd nun „Beamtenschach“ mit „Cavalier majeur“ („Groß-Springer“) verbunden: Dort werden die Springer durch Nachtreiter ersetzt; auch Umwandlungen sind in Nachtreiter, nicht aber in Springer möglich. Damit sind dann in der Beamtenschach-Anfangsstellung jeweils die beiden Zentralbauern beobachtet, und wir können damit auch Beweispartien bauen.

Bernd Gräfrath
Die Schwalbe 2021
Beweispartie in 10 Zügen, Beamtenschach, Cavalier majeur (15+14)

 

Bei Weiß sehen wir nur einen einzigen Zug, für ihn muss aber irgendwie f1 von Schwarz beobachtet sein — und durch die Dame hindurchziehen kann ja auch ein verbeamteter Läufer nicht. Bei Schwarz sehen wir schon mehr: 0+2+1+0+1+3=7 — aber auch da sind noch drei Züge frei! Außerdem müssen wir uns noch darum kümmern, die fehlenden drei Steine ([Be2], [Lc8] sowie [Bd7] oder [Be7] loszuwerden.

Abgesehen davon: Wie konnten eigentlich die schwarzen Steine, speziell Dame und Nachtreiter, aber auch [Bc7], ziehen?

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Retro der Woche 10/2021

Heute gehen herzliche Glückwünsche an den WDR zum Geburtstag „der Maus“: Die Sendung mit der Maus feiert heute ein halbes Jahrhundert… Für viele von uns sicher ein Begleiter durch die Kindheit — und auch durch die Erwachsenenzeit, speziell dann mit eigenen Kindern.

Als ich damals die Leserkommentare zur heutigen Beweispartie las, musste ich an ein anderes Kleintier denken. Warum, werde ich zum Schluss aufklären…

Michel Caillaud
Die Schwalbe 2013, 1. Preis
Beweispartie in 21 Zügen (11+14)

 

Das Diagramm verrät im ersten Moment nicht allzu viel über die Lösung: nur ein einziger Doppelbauer bei insgesamt sieben fehlenden Steinen, und bei Weiß sind nur wenige Züge sichtbar.

Allerdings hilft uns das Zählen der schwarzen Züge schon deutlich weiter: 3+2+3+3+4+6=21 – alle schwarzen Züge sind erklärt.

Das sind schon viele Informationen – vor allen Dingen sagen sie nicht nur etwas über das schwarze Spiel aus!

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Retro der Woche 06/2020

NACHTRAG SIEHE UNTEN!

Bernd Gräfrath hatte darauf hingewiesen, dass der Fünffach-Pendler von Michel Caillaud den 2. Preis im feenschach-Retro-Informalturnier 2015 belegt hatte. Ins FIDE-Album kam es übrigens mit („nur“?) 10,5 Punkten.

Daher möchte ich euch heute den ersten Preis dieses Turniers zeigen (den dritten Preis erschien im Retro der Woche 5/2018), eine Beweispartie mit einer interessanten Märchenbedingung: Im „#R Schach“ wird nach einem Mattzug als Teil des Zuges der mattgebende Stein entfernt (beim Doppelschach beide), und es wird „ganz normal“ weiter gespielt, als sei nichts passiert. Hierzu und zu weiteren, ähnlichen Bedingungen erschien in f-212, S. 54—77 der sehr interessante Artikel „New Fairy Types Based on a Twinning Form“ von Chris Tylor und Andrej Frolkin; hier wurde auch unsere heutige Aufgabe urgedruckt.

Andrej Frolkin
feenschach 2015, 1. Preis
Beweispartie in 18,5 Zügen, #R Schach (11+13)

 

Bei Weiß sind nur je zwei Dame- und Turmzüge sichtbar, bei Schwarz sehen wir 0+1+3+0-9+5= 18 Züge, dabei habe ich für sSb5 sieben Züge angesetzt: fünf für die Umwandlung, zwei für den Weg nach b5; das ist das Minimum an schwarzen Springer-Zügen und daher auch genau deren Wert, da ja alle schwarzen Züge erklärt sind.

Schwarz kann auf seinen Wegen [Bc2] und [Sb1] schlagen ([Bd7]-d3xBc2xSb1=S), sich aber nicht mehr zusätzlich um die Beseitigung der fehlenden drei weißen Bauern [Bf2], [Bg2] und [Bh2] kümmern – das muss Weiß schon selbst erledigen.

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Retro der Woche 05/2020

Haben wir uns in den ersten Retros der Woche für das neue Jahr mit „geschichtlichen“ Stücken beschäftigt, so werden wir heute ziemlich aktuell: Die Lösung der heutigen Aufgabe ist im ersten StrateGems Heft des Jahres 2020 erschienen, sodass ich das Stück nun hier besprechen kann, ohne irgendwelchen Lösewettbewerbe zu beeinflussen.

Andrej Frolkin & Sergej Tkatschenko
StrateGems 2019
Beweispartie in 18,5 Zügen (13+12)

 

Das reine Zählen der sichtbaren Züge könnte einen zur Verzweiflung bringen: Bei Weiß sehen wir nur 2+1+1+2+1+1=8, bei Schwarz 4+1+1+1+3+2=12 — immerhin, aber auch allein noch nicht sehr hilfreich.

Aber schauen wir doch, ob wir erkennen können, was an fehlenden Steine wo geschlagen wurde? Auffällig sind besonders die Doppelbauern: Für wBa3 liegt natürlich der Verdacht nahe: sTa3 und bxTa3. So einfach ist das für den Doppelbauern auf b6 nicht!

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