Retro der Woche 34/2024

Der Australier Peter Wong ist ein extrem vielseitiger Komponist, wie schon ein kurzer Blick auf die Übersicht in der PDB zeigt: Mit allen Genres (!) ist er dort vertreten; sein Schwerpunkt liegt allerdings auf Hilfsmatts und Retros. Und bei den Retros liegt sein Schwerpunkt auf Beweispartien, die er übrigens „Helpgames“ nennt – eine wie ich finde höchst passende Beschreibung der „Beweispartien“ die in ihrer künstlerischen Form nicht mehr nur ein Beweismittel für die Legalität einer Stellung sind.

Bei den Beweispartien hat er Vorlieben für Aufgaben mit mehreren Lösungen, für Rochade-Paradoxien und für Tempospiel, das häufig ebenfalls recht paradox wirkt.

Peter Wong
Phénix 1997 Version
Beweispartie in 24 Zügen (14+13)

 

Bei Weiß fehlen [Lf1] und ein Springer, bei Schwarz ein Springer und drei Bauern, von denen einer in einen Turm umgewandelt hat. Weiß hat offenbar hxg und gxf geschlagen; der dritte fehlende schwarze Stein muss wegen der Bauernstruktur also von einem Offizier geschlagen worden sein.

Wenn wir versuchen, thematisch zu lösen, so kommen wir rasch auf den Gedanken, dass Weiß schnell den schwarzen König befreien konnte, sodass der rasch nach b5 kommt, wo er dann quasi den kompletten weißen Damenflügel lahmlegt, da [Sc3] nur mit Schachgebot sein Domizil verlassen könnte. Das legt einen Beginn mit 1.Sf3, 2.Se5, 3.Sxd7 Kxd7 nahe.

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Retro der Woche 33/2024

In den letzten Wochen und Monaten sind hier in den Retros der Woche die klassischen Auflöse-Aufgaben etwas zu kurz gekommen, darum will ich hier etwas „aufholen“. In völlig anderem Zusammenhang bin ich kürzlich über den Retro-Preisbericht in The Problemist von Henri Nouguier (März 1996) gestoßen: Aus heutiger Sicht beinahe ungewöhnlich bei solch einem großen Turnier, dass nicht zwischen Beweispartien und „anderen Retros“ unterschieden wird, dass dort keine Märchenretros auftauchen, die damals im Problemist in der Fairy-Abteilung einsortiert waren.

Das am höchsten ausgezeichnete Stück dieses Turniers, das auch den Weg ins „FIDE-Album“ gefunden hat (H9 im Album 1992-1994) möchte ich heute mit euch anschauen.

Andrej Frolkin
The Problemist 1991-1992, 1. Preis
#1 (Wer?) (15+14)

 

Die naive Antwort auf die Frage in der Forderung lautet „Na ja, wer am Zug ist; ist das Weiß, dann Sa6#/Dxb7#/cxb7#, ist das Schwarz, dann Dg7#.“ Natürlich ist genau die Frage „Wer ist am Zug?“ die entscheidende für die Retroanalyse; dass nun für beide Seiten ein einzügiges Matt bereitliegt, ist für die Analyse der Stellung und die Lösung der Aufgabe eigentlich völlig irrelevant betont aber auch Sicht mancher die Nähe zum Normal-Schach.

Schauen wir uns zunächst einmal die Stellung genauer an: Bei Weiß fehlt nur [Ba2], der nicht umgewandelt haben kann, aber auch nicht von einem schwarzen Bauern geschlagen worden sein kann. Bei Schwarz fehlen der weißfeldrige Läufer und [Bh2], der ebenfalls nicht von einem Bauern geschlagen worden sein kann. Ergo wurde er von einer weißen Figur geschlagen, oder er hat sich schlaglos auf h1 umgewandelt, um dann geschlagen zu werden oder einen geschlagenen Stein zu ersetzen.

Wie können wir nun den riesigen Knoten im Norden des Bretts auflösen?

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Retro der Woche 17/2024

In der letzten Woche hatten wir hier eine Schach-960-Beweispartie von Per Olin studiert, heute möchte ich euch ein Gemeinschaftswerk von ihm mit Joaquim Crusats vorstellen, in der die beiden die Partieausgangsstellung verraten: Es ist die „normale“!

Joaqium Crusats & Per Olin
Die Schwalbe 2020 Werner Keym gewidmet, Lob
Beweispartie in 23,0 Zügen (14+15)

 

Betrachten wir erst einmal die fehlenden Steine: Insgesamt fehlen genau drei Läufer; dazu passen auch deren sichtbare Schlagfelder, die wir wegen der eindeutigen Felderfarben auch direkt den fehlenden Läufern zuordnen können: [Lc1] starb auf g5, [Lf1] auf c6 sowie [Lf8] auf h5. Damit kommen wir auf drei erforderliche Läuferzüge sowohl bei Schwarz als auch bei Weiß.

Dieses Wissen können wir direkt in die Zählung der sichtbaren Züge integrieren: Wir sehen bei Weiß 0+0+5+0+5+4=14 Züge, bei Schwarz 3+0+5+3+2+5=18 Züge; wir können aber noch jeweils drei Läuferzüge hinzurechnen, kommen also auf 17 bzw. 21 Züge.

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Retro der Woche 13/2024

Bleiben wir heute noch einmal bei den Aufgaben von Satoshi Hashimoto, den ich ja vor zwei Wochen bereits noch einmal vorgestellt hatte. Auch das heutige Stück finde ich wieder höchst interessant – auch weil es mal wieder mit unseren Erwartungen, unserer Intuition spielt.

Satoshi Hashimoto
Die Schwalbe 2001
Beweispartie in 23,5 Zügen (15+14)

 

Schauen wir zuerst einmal, welche Steine fehlen? Bei Weiß steht nur noch ein Springer auf dem Feld, bei Schwarz nur noch ein Turm, ferner fehlt ihm ein Bauer. Die fehlenden schwarzen Steine wurden eindeutig geschlagen dxTc3 und gxBf3, denn der fehlende schwarze Bauer konnte nicht auf die c-Linie gelangen. Also muss „irgendwo“ auch exf geschehen sein, und das Schlagopfer kennen wir auch: Das muss der Springer gewesen sein.

Der kann auf einem der Felder f3 bis f6 geschlagen worden sein, am „zugökonomischten“ wäre auf f3, da Weiß dann nur zwei Züge dafür benötigt – falls zu dem Zeitpunkt d2 schon frei ist. Ansonsten würde sich f4 anbieten mit drei erforderlichen weißen Zügen, die ebenfalls eindeutig wären: Sc3-d5-f4.

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Retro der Woche 07/2024

So ein Zufall … Da gab Kjell Widlert vor exakt neun Tagen hier seinen Einstand als Autor, da taucht er heute im Retro der Woche schon wieder auf! Die Aufgabe könnte aber auch gut von einem Kölner, einem Mainzer, einem Düsseldorfer stammen, passt sie doch hervorragend zur fünften Jahreszeit, die an diesem Wochenende und den beiden folgenden Tagen ihrem Höhepunkt entgegengeht.

Nicht nur die Lösung, das werdet ihr sehen, sondern schon die Bedingung passt großartig zum Karneval: „Fuddled men“ (“Beschwipste Steine”, oder etwas freier übersetzt: „Betrunkene“) können, nachdem sie gezogen haben, nicht sofort wieder ziehen, sondern müssen mindestens einen Zug lang pausieren, deshalb haben sie auch direkt nach ihrem Zug keine Wirkung auf den gegnerischen König. Diese Bedingung war auch Thema beim 5. Retroblog-Thematurnier; hier findet ihr den Preisbericht — und gerade, weil die Bedingung so prima zu Karneval passt, hatte ich im Retro der Woche am letztjährigen Faschingssonntag den Preisträger dieses Turniers vorgestellt.

Kjell Widlert
Murfatlar-Turnier Batumi 2023, 3. Preis
Beweispartie in 13,5 Zügen, Fuddled men (14+16)

 

Eine lustige, zum Lösen reizende Stellung in der Südhälfte des Bretts hat Kjell dort gezaubert. Weiß hat offenbar vier Züge gemacht (theoretisch können es auch mehr sein), um seine Türme zu opfern – und ist dann zehn Züge lang zum Nichtstun verdammt? Nicht einmal schlagen kann er …

Und was hat Schwarz gemacht? Das lässt sich abzählen: 1+1+2+2+3+3=12 – ein Zug übrig?! Nein, dass Schwarz einen Extrazug benötigt, sehen wir recht leicht:

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Retro der Woche 03/2024

Traditionelle „Auflöse-Aufgaben“ kann man natürlich mit zusätzlichen Forderungen würzen. Damit meine ich nicht unbedingt Märchenbedingungen, was immer geht, damit meine ich auch nicht Einschränkungen wie etwa “…, wenn im 4. weißen Zug der König zieht“, die eher an mittelalterliche Bedingungsaufgaben erinnern, sondern beispielsweise die Komplettierung der Stellung, bevor das Retrospiel losgeht.

Solch eine Aufgabe möchte ich euch heute zeigen.

Andrej Kornilow & Andrey Frolkin
Die Schwalbe 2003, 3. Preis
Ergänze einen weißen Stein auf der h-Linie! A) letzter Zug? B) letzter Zug des wK? (13+12)

 

Sofort fällt auf, dass der sK im Schach steht; das kann nur durch einen Batteriestein auf g6 erklärt werden. Das kann also nur ein wSh8 oder ein wLh7 sein, der bei seinem Abzug einen schwarzen Stein geschlagen haben muss, der damit Schwarz überhaupt (Rück)Zugmöglichkeiten in Form von Pendeln zur Verfügung stellen muss.

Das schwarze Schlagopfer kann nur ein Turm sein, denn „irgendwann“ muss der Nordosten aufgelöst werden mit wDh8, wKg8, Schutzstein f8 und dann Rücknahme von Te8-e7. Dieser Schutzstein muss aber erst noch aufs Brett gezaubert werden.

Um das zu überlegen, bemerken wir zunächst einmal, dass die nach der Einsetzung noch fehlenden weißen Steine [Ba2] und [Bb2] nicht direkt durch Schwarz auf dem Königsflügel geschlagen worden sein können – sie müssen sich also beide auf b8 umgewandelt haben.

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Retro der Woche 02/2024

In der ersten Hälfte der 1980er-Jahre begann die Blütezeit der eindeutigen Beweispartien, die heute einen qualitativ und quantitativ bedeutenden Teil der Retro-Aufgaben bilden. Eine hervorragende Dokumentation der Zeit bis etwa 1990 ist Wilts, Gerd und Frolkin, Andrej: Shortest Proof Games. The Rubic’s Cube of a Chess Player. A collection of more than 160 Shortest Proof Games. Karlsruhe: Selbstverlag 1991 — immer noch sehr zu empfehlen!

Dort findet sich als Nr. 49 auch unsere heutige Aufgabe zweier bedeutender Beweispartie-Pioniere, wobei Andrej ja auch 40 Jahre später noch aktiv.

Dmitri Pronkin & Andrej Frolkin
Themes-64 1984, 3. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 17,5 Zügen (14+15)

 

Schauen wir zunächst nach den fehlenden Steinen: Bei Weiß fehlt [Be2] sowie ein Turm, der c6 geschlagen wurde, bei Schwarz ist [Lc8] verschwunden.

Und dann machen wir uns Gedanken um die Zugreihenfolge, zumindest in Teilen. Besonders interessant hierfür ist der Südwesten mit wTa2 und sSa1. Beide weißen Türme können in drei Zügen nach c6 gelangen (Ta1-a3-c3-c6 bzw. Th1-e1-e6-c6) – das scheint für Th1 zu sprechen, da dann der ungeschlagene Turm nur einen Zug benötigt. Der Springer muss bereits auf a1 stehen, bevor Bb3 gespielt werden kann, was gleichzeitig [Lc1] befreit. Somit kann nicht Th1-a1-a2 erfolgt sein, sondern [Th1] benötigt drei Züge nach a2 (Th1-b1-b2-a2), also zwei mehr.

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Retro der Woche 40/2023

An diesem Wochenende findet in Einbeck, organisiert von Achim Schöneberg, die diesjährige Schwalbe-Tagung statt. Daher will ich heute eine Aufgabe aus einem Schwalbe-Retroinformalturnier vorstellen, das euch gleichzeitig zum Lösen einladen soll — viel Spaß dabei!

Nikolai Beluchov
Die Schwalbe 2010, 6. Lob
Letzte 31 Einzelzüge? (13+14)

 

Preisrichter Thierry Le Gleuher schrieb dazu: “Ein recht langes Retrospiel (31 Einzelzüge) für ein einfach aussehendes Problem. Das Retrospiel ist nicht sehr kompliziert, aber ansprechend.” Na, wenn solch ein Kommentar nicht zum Lösen verlockt …

Die schwarzen Bauern haben dreimal geschlagen (gxh sowie cxdxe). Der umgewandelte schwarze schwarzfedrige Läufer muss sich also schlagfrei auf a1 umgewandelt haben, was zwei Schläge durch wBB erfordert. Daher kann [Bg2] nicht direkt geschlagen worden sein; er muss sich also ebenfalls schlagfrei auf g8 umgewandelt haben — und zwar in einen Läufer.

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