Retro der Woche 40/2019

Sieht man von der „Geburtstags-Aufgabe“ der letzten Woche ab, haben wir uns in den Retros der September 2019 Wochen mit höchst aktuellen Aufgaben beschäftigt.

Heute möchte ich hingegen weit in die Vergangenheit gehen, das ist heute die älteste Aufgabe, die ich hier bisher vorgestellt habe, genau 111 Jahre alt!

Der Bayer Wolfgang Hundsdorfer (* 27. November 1879 in München, † 16. Januar 1951 in Freising) ist besonders durch seine Kooperation mit dem fast auf den Tag zehn Jahre jüngeren Briten Thomas Rayner Dawson (* 28. November 1889 in Leeds, † 16. Dezember 1951 in London) für das Buch Retrograde Analysis bekannt geworden, das 1915, während des ersten Weltkriegs, in der berühmten Christmas-Serie von Alain Campbell White erschienen war. Wer über dieses Buch etwas mehr erfahren möchte, kann dies in einem Schwalbe-Artikel zum 100. Jubiläum des Erscheinens tun.

Wolfgang Hundsdorfer
Münchener Neueste Nachrichten 1908
#5 (9+12)

 

Natürlich lassen wir uns – gerade in diesem Blog, in dieser Rubrik – nicht von der Mattforderung ins Bockshorn jagen: Sicherlich gibt es hier retroanalytischen Inhalt?!

Schauen wir uns die Stellung zunächst einfach so an, als wollten wir „nur“ auflösen. Dabei wissen wir wegen der Forderung, dass Weiß am Zug ist, also Schwarz zuletzt gezogen hat.

Zunächst sehen wir, dass sLa7 wegen der schwarzen Bauern auf e7 und g7 ein Umwandlungsläufer ist. Ferner sticht der “Volet-Bauer“ (so benannt nach dem Thematurnier zum 50. Geburtstag von Thomas Volet: Ein Bauer bewegt sich in fünf „geraden“ Schlägen auf die gegnerische Bauern-Grundreihe) auf a2 hervor, der von f7 kommen muss, denn sBb4 ist [Ba7]. Demnach ist sLa7 der auf g1 umgewandelte [Bh7], und damit sind alle fehlenden weißen Steine erklärt.

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Retro der Woche 29/2019

In den letzten beiden Retros der Woche hatte ich den zweiten Preis der Beweispartien-Abteilung und den ersten Preis der sonstigen Retro-Abteilung vorgestellt. Heute möchte ich aus diesem Jahrgang eine Aufgabe vorstellen, die nicht ausgezeichnet wurde – vielleicht, weil sie ursprünglich inkorrekt erscheinen, dann aber korrigiert wurde. Der Preisrichter benennt diese Aufgabe nämlich nicht in der Übersicht der zu betrachtenden Aufgaben. Darum betrachten wir sie hier… (Bei der Lösungsangabe orientiere ich mich stark an der von Andrej Frolkin.)

Andrej Frolkin & Joaquim Crusats
StrateGems 2017
Letzte 7 Einzelzüge? (12+12)

 

Man sieht sofort, dass der schwarze König im Schach steht. Also hat Weiß zuletzt gezogen, und dieser letzte Zug muss, möglichweise schlagend, Da1-d1+ gewesen sein.

Auffällig sind natürlich sofort die drei weißen Damen – und da Weiß noch über sechs Bauern verfügt, müssen neben der Originaldame die anderen weißen Offiziere auch Originalsteine sein; speziell La7 kommt von c1.

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Retro der Woche 25/2019

Vom Beweispartie-Informalturnier des Probleemblad 2009-2010 hatte ich hier bereits die beiden großartigen ersten Plätze (1. Preis und 2. Preis) vorgestellt. Aber auch der dritte Preis sollte nicht dem Vergessen anheim fallen; mit dem wollen wir uns heute beschäftigen.

Nicolas Dupont
Probleemblad 2009-2010, 3. Preis
Beweispartie in 30 Zügen (15+11)

 

Bei Schwarz sind wir mit dem Zählen der sichtbaren Züge sehr schnell fertig; wir haben ja beinahe eine Homebase-Stellung vor uns; nur ein Turmzug ist sichtbar.

Bei Weiß hingegen fallen sofort zwei Umwandlungsspringer ins Auge, und damit können wir auch schon die sichtbaren Züge zählen: 3+1+4+3+4+4(+10)=29 – nur ein weißer Zug ist noch frei – und auch das nur unter der Voraussetzung, dass die beiden Umwandlungsspringer jeweils nur einen Zug gemacht und der fehlende weiße Bauer zu Hause geschlagen wurde.

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Retro der Woche 20/2019

In den letzten Wochen hatte ich hier bereits den ersten, zweiten und vierten Preis des Retro-Informalturniers 2016 der Schwalbe vorgestellt — da seid ihr sicher nicht allzu überrascht, dass heute der dritte Preis an der Reihe ist?

Roberto Osorio & Jorge J. Lois
Die Schwalbe 2016, 3. Preis
Beweispartie in 26,5 Zügen (12+12)

 

Dies ist mal wieder eine Beweispartie, bei der man mit dem reinen Zählen der weißen Züge nicht allzu weit kommt: Wir sehen bei Weiß einfach nur neun Bauernzüge, sonst nichts. Und auch das Zählen bei Schwarz (0+1+2+4+5+3=15) lässt noch elf schwarze Züge offen. Da ist die Untersuchung der Bauernstruktur zumindest etwas ergiebiger.

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Retro der Woche 19/2019

Nachdem ich hier vor vier Wochen den 2. Preis des Retro-Jahresturniers 2016 der Schwalbe (eine klassische Auflöse-Aufgabe) und in der letzten Woche den 1. Preis (eine Beweispartie) vorgestellt hatte, komme ich nun zum 4. Preis dieses Turniers, einem bemerkenswerten Verteidigungsrückzüger.

Günther Weeth & Werner Keym
Die Schwalbe 2016, Bernd Schwarzkopf zum 70. Geburtstag, 4. Preis
#1 vor 10 Zügen, VRZ Proca (14+8)

 

Hier möchte ich einmal mit Löserkommentaren beginnen, auch wenn ich damit schon einen Teil der Lösung verrate:

Klaus Wenda schrieb dazu: „Die Stellungsauflösung zeigt retroanalytischen Tiefgang und die Entschläge durch den wT sind geistreich begründet und erfordern genaue Analyse. Orthodoxe VRZ dieses Kalibers werden auch in Zukunft eine interessante Bereicherung des Retro-Schachs bilden, ohne dass man auf Märchenbedingungen zurückgreifen müsste.“

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Retro der Woche 14/2019

Sorry: hier hatte kurzzeitig ein falsches Diagramm gestanden…
Für den mit Abstand kürzesten Tag des Jahres habe ich eine ziemlich kurze Beweispartie herausgesucht – dass ‚kurz‘ nicht mit ‚inhaltsarm‘ gleich zu setzen ist, werdet ihr spätestens am Ende dieses Beitrags gesehen haben; da bin ich mir sicher.

Michel Caillaud
Probleemblad 2009-2010, 2. Preis
Beweispartie in 17 Zügen (12+15)

 

Mit dem Zählen der sichtbaren Züge kommen wir nicht viel weiter: Bei Weiß sehen wir genau zwei Bauernzüge, und bei Schwarz schaut es mit 0+0+0+3+3+1=7 auch nicht viel besser aus. Also müssen wir uns Gedanken über die Struktur der Diagrammstellung und die fehlenden Steine machen.

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Retro der Woche 11/2019

Zunächst noch eine Bemerkung zum Retro der letzten Woche: Ganz herzlichen Dank für die lebhafte Diskussion zum Thema „Korrektheitsvermutung“ – und, obgleich ich es sehr traurig finde, dass sie gekocht wurde, für Arnolds Cook. Besser jetzt gekocht als kaputt mit sicherlich hoher Punktzahl ins Album gekommen…

Heute möchte ich euch mal wieder einen Verteidigungsrückzüger zeigen, zu dem ich als Preisrichter geschrieben hatte: „Leicht, locker, witzig – ein tolles Proca-Werbestück!“ Damit wollte ich nicht etwa sagen, dass die Lösung direkt offensichtlich ist…

Michel Caillaud
Wolfgang-Dittmann-Gedenkturnier 2015, 2. Lob
#1 vor 16 Zügen, VRZ Proca (12+5)

 

Wir erinnern uns: Beim Verteidigungsrückzüger versucht Weiß, die Vorwärtsforderung in der angegebenen (Rück-)Zügezahl zu erfüllen, Schwarz verteidigt sich dagegen, darf allerdings natürlich nur legale Züge zurücknehmen. Beim Typ „Proca“ entscheidet die gerade zurücknehmende Partei, ob ihr Rücknahmezug einen Entschlag beinhaltet und welcher Stein entschlagen wird; auch hierbei sind beide Seiten natürlich an die Legalität der entstehenden Stellung gebunden.

Mit welchem Stein könnte Weiß eigentlich mattsetzen? Natürlich bietet sich ein Matt mittels Sf2 an, aber wo soll der Springer herkommen? Weiß müsste Schwarz zwingen, den zu entschlagen, auch wenn er vielleicht anders lieber entschlüge -– und zwingen können wir ihn über die Legalität!

Aber betrachten wir zunächst einmal die Ausgangsstellung: Bei Weiß fehlen [Th1], beide Springer sowie [Bd2].

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Retro der Woche 07/2019

Für die regelmäßigen Leser dieser Rubrik ist es sicher keine Neuigkeit, wenn ich erwähne, dass ich ein echter Fan der Aufgaben von Sergej Wolobujew (*18.11.1958) bin; dazu hatte ich in Andernach 2011 einen Vortrag gehalten und in feenschach insgesamt sechs Aufgaben von ihm vorgestellt und ausführlich besprochen (f-187, Juli 2011, S. 109-113).

So könnt ihr euch sicher vorstellen, dass ich auf das Ergebnis des Wolobujew-60 Turniers sehr gespannt war: Ausgeschrieben war es in zwei Gruppen: Beweispartien und andere orthodoxe Retros; Rustam Ubaidullajew hat das Turnier gerichtet und dabei sechs Beweispartien und elf sonstige Retros ausgezeichnet.

Heute möchte ich euch den ersten Preis der Beweispartien zeigen: Ein großartiges Stück, wie ich finde!

Nicolas Dupont
Wolobujew-60 Turnier 2018, 1. Preis
Beweispartie in 32,5 Zügen (14+15)

 

Betrachten wir zunächst, welche Steine geschlagen wurden: alle fehlenden Steine sind durch Bauernschläge erklärt: einmal durch Weiß: axb, zweimal durch Schwarz: fxe und hxg6.

Bei Schwarz fehlen [Ba7] und [Bb7], dafür hat Schwarz drei Türme. Also wurde [Bb7] durch [Ba2] geschlagen: axBb5, [Ba7] wandelte dann schlagfrei auf a1 in den dritten schwarzen Turm um.

Bei Weiß fehlen [Be2], der durch [Bf7] geschlagen wurde, und [Bh2], der mangels eigener Schlagmöglichkeit nicht auf g6 geschlagen werden konnte. Dort muss also ein weißer Offizier geschlagen worden sein; [Bh2] hat sich dann ebenfalls schlagfrei auf h8 umgewandelt.

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