Retro der Woche 05/2022

Am ersten Weihnachtstag 2021 hatte ich hier im Blog als neuen Längenrekord-Versuch eine Beweispartie mit 59,0 Zügen von Dmitri Pronkin, Andrej Frolkin, Werner Keym und Boris Tummes vorgestellt. Doch diese Fassung erlebte nicht mehr das neue Jahr, an Silvester musste ich einen Dual veröffentlichen, den Michael Kosulja entdeckt hatte.

Das ließ Andrej, Werner und Boris nicht ruhen, und so stellen sie hier und heute eine Korrekturfassung mit gleichfalls 59,0 Zügen vor.

Dmitri Pronkin, Andrej Frolkin, Werner Keym & Boris Tummes
Rund um die Retroanalyse 2021 (Korrektur Urdruck)
Beweispartie in 59 Zügen (14+14)

 

Der Unterschied zur „Weihnachtsfassung“ besteht in einem einzigen Zug, nämlich 57.Tf5-f6 (statt 57.Tf5-e5). Dieser Zug verursacht jedoch ein extra Tempo, denn der von f8 stammende Umwandlungsturm kann das Feld f6 theoretisch schon in einem Zug (Tf8-f6) erreichen, hier sind aber zwei (Tf8-f5-f6) intendiert.

Bittere Erfahrungen lehrten die Autoren, dass ein extra Tempo fast immer zu Dualen führt. Aus diesem Grund präsentieren sie zusätzlich einen „Plan B“, nämlich eine Stellung mit 58,5 Zügen ohne extra Tempo; sie hoffen, dass wenigstens einer der zwei Rekordversuche Bestand haben wird.

Und dafür drücke ich natürlich fest alle zur Verfügung stehenden Daumen!

Dmitri Pronkin, Andrej Frolkin, Werner Keym & Boris Tummes
Rund um die Retroanalyse 2021 (Korrektur Urdruck)
Beweispartie in 58,5 Zügen (14+14)

 

Meine Empfehlungen für Löseversuche bzw. zum mehrfachen Durchspielen der Lösungen gelten natürlich auch für diese beiden Korrekturfassungen: Im Endeffekt solltet ihr die einfach genießen.

 

Beweispartie in 59 Züge


Und hier nun die Lösung der „Ersatzfassung“:

Beweispartie in 58,5 Züge


Ihr macht euch natürlich um das Problemschach verdient, wenn ihr nun noch prüft: Der alte Rekord von Pronkin und Frolkin ist intensiv getestet worden, und es wäre gut, wenn auf diese Weise auch das Vertrauen in die Korrektheit dieser beiden Fassungen gesteigert werden könnte!

Retro der Woche 01/2022

Im Retro der Woche 42/2021 hatte ich den ersten Preis in der Beweispartie-Abteilung des Retro-Turniers 2019 in der Schwalbe vorgestellt. Heute will ich den zweiten Preis folgen lassen, der mir auch sehr gut gefällt, da er eine sehr originelle Idee höchst elegant präsentiert.

Reto Aschwanden
Die Schwalbe 2019, 2. Preis Gruppe A
Beweispartie in 18,5 Zügen (14+14)

 

Kein einziger Bauernschlag ist im Diagramm auszumachen, bei Schwarz ist nur ein einziger Zug zu sehen — also beginnen wir mit dem Zählen der weißen Züge: Sicherlich können wir daraus erste Schlüsse ziehen.

Also: 3+1+3+4+1+5=17 — zwei Züge sind noch frei. Aber waren wir da nicht zu optimistisch? Was passierte beispielsweise auf der h-Linie?

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59 Züge

Nachtrag 31.12.2021:
Leider ist der Versuch noch nebenlösig!

Am vierten Advent hatte ich noch gefragt, wie lange eurer Meinung nach der bestehende Längenrekord für (orthodoxe) Beweispartien wohl noch Bestand haben werde — und sechs Tage später präsentieren vier Autoren ihre Überbietung!! (OK, ich gebe zu: Als ich die Frage stellte, kannte ich schon die Antwort…)

Vor knapp fünf Jahren war der Versuch der ersten drei Autoren noch von Boris Tummes gekocht worden, nun hat er das Autorenteam verstärkt — und herausgekommen ist eine Beweispartie, die nun drei Halbzüge länger ist als der bisherige Rekord.

Dmitri Pronkin, Andrej Frolkin, Werner Keym & Boris Tummes
Urdruck
Beweispartie in 59 Zügen (14+14)

 

 

Kurz noch einmal zur Geschichte:
In den Jahren 1988/89 arbeiteten Pronkin und Frolkin elf Monate lang mit Hunderten von Positionen. Eine erste Rekordfassung (mit 58,0 Zügen) erschien in der Schwalbe im Juni 1989, eine kleine Korrektur (mit 57,5 Zügen), der bisherige Rekord, im Februar 1990. 2016 unternahm Frolkin, von Keym unterstützt, einen zweiten Versuch (Die Schwalbe , Februar 2017); doch wurde ihre Beweispartie (58,5 Züge) von Tummes als dualistisch nachgewiesen (Die Schwalbe, April 2018). In einem dritten Anlauf gelang Frolkin im Dezember 2021 gemeinsam mit Keym und Tummes der Durchbruch, der neue Rekord mit 59,0 Zügen.

Ich will euch gar nicht empfehlen, die Aufgabe selbst zu lösen — wer das dennoch machen will, wer noch weiter prüfen will, ist natürlich herzlich eingeladen!

Ansonsten: Spielt zuerst einmal die Lösung genüsslich durch, stellt euch für die nächsten Male im Prinzip die gleichen Fragen, wie ich sie für den alten Rekord vorgeschlagen hatte — und zum Schluss versucht einmal die Kniffe zu ergründen, mit denen den fantastischen Vier die Verlängerung gelang? Viel Spaß und anregende Beschäftigung wünsche ich euch dabei!

Lösung


Und den Vieren gilt mein herzlicher Glückwunsch zu dieser Großtat — und mein ebensolcher Dank, dass sie mir die Ehre zuteilwerden ließen, diese Superaufgabe hier im Blog urzudrucken und damit auf einen sicheren ersten Preis in einem beliebigen Informalturnier zu verzichten. Übrigens soll in der Schwalbe 2022 hierzu ein Aufsatz „aus erster Hand“ erscheinen, auf den ich schon sehr gespannt bin.

Retro der Woche 51/2021

Nachdem ich vor drei Wochen hier den Fabel’schen Längenrekord von 1947 und letzte Woche dessen Überbietung von Michel Caillaud aus dem Jahre 1982 vorgestellt hatte, will ich heute die Geschichte der Beweispartie-Längenrekorde weitererzählen.

Karl-Heinz Bachmann verbesserte 1987 mit einigen technischen Kniffen in ähnlichem Schema den Rekord auf 48 Züge (P0002277) – und dann kam ein Riesensprung: Dimitri Pronkin und Andrej Frolkin schraubten den Rekord auf unglaubliche 57,5 Züge!

Das konnte natürlich nur mit einer gänzlich anderen Grundidee funktionieren, denn das Fabel-Schema hatten Caillaud und Bachmann großartig ausgeschöpft. Pronkin und Frolkin hatten die aberwitzig erscheinende Idee, das Thema mit einer Anhäufung von Umwandlungen anzugehen.

Dimitri Pronkin und Andrej Frolkin
Die Schwalbe 1989, Preis
Beweispartie in 57,5 Zügen (14+14)

 

Eine auf den ersten (und auch noch den zweiten und dritten) Blick schier unglaubliche Stellung mit jeweils acht Türmen – die beiden anderen Bauern müssen jeweils geschlagen werden, um Schneisen für die Umwandlungsbauern zu schaffen. Also nicht nur ein Längenrekord, sondern auch eine materialökonomische Aufgabe, die durch die Einheitlichkeit der Umwandlungen und die „aristokratische“ Stellung ohne Bauern nicht einfach „nur“ ein unglaublicher Rekord ist, sondern auch seine ästhetischen Reize hat.

Wie kann man die Aufgabe lösen?

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Retro der Woche 50/2021

Vor zwei Wochen habe ich hier den berühmten Beweispartie-Längenrekord von Karl Fabel aus dem Jahr 1947 vorgestellt und dabei erwähnt, dass er 35 Jahre lang Bestand hatte. Dann musste ein junger Mann aus Frankreich kommen, der zur Zeit der Veröffentlichung von Fabels Rekord noch lange nicht geboren war, erst zehn Jahre später auf die Welt kam, sich dann aber sehr schnell als Riesentalent zeigte, der speziell die Beweispartie neben dem gleich alten (jungen — beide sind Jahrgang 1957) Andrej Frolkin und anderen Pionieren nach vorn, zu ihrer heutigen Blüte brachte: Michel Caillaud.

Michel Caillaud
Die Schwalbe 1982, 1. Preis, Karl Fabel zum Gedenken
Beweispartie in 47 Zügen (11+15)

 

Eine gewisse Ähnlichkeit weisen die beiden Stellungen schon im Diagramm auf: weißes Material auf der achten Reihe, schwarzes im Südwesten, ähnliche Bauernstrukturen; weitere Ähnlichkeiten werden wir entdecken, wenn wir uns die Lösung anschauen.

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Retro der Woche 48/2021

Nachdem wir in der letzten Woche bereits eine Retro-Tour in die Geschichte der Retroanalyse unternommen hatten, möchte ich das heute fortsetzen und eine sehr bekannte, klassische Beweispartie (wieder) zeigen. Viele werden sie kennen, aber ich finde, die anzuschauen kann kaum langweilig werden.

Als Thomas Rayner Dawson 1913 die erste Beweispartie (P0002274) vorstellte, dachte er hauptsächlich an möglichst lange Konstruktionen, weniger an thematische Inhalte, wie wir sie heute an Beweispartien lieben. Direkt nach dem Krieg beschäftigte sich dann Karl Fabel mit dieser Rekordjagd, deren Ergebnis er in seinem Buch „Am Rande des Schachbretts“ veröffentlichte; sein Ergebnis ist auch heute noch faszinierend.

Karl Fabel
Am Rande des Schachbretts 1947
Beweispartie in 41,5 Zügen (13+14)

 

Erschreckend wenig Züge kann man direkt aus der Diagrammstellung ableiten; bei Weiß sind dies gerade einmal 8+3+1+6+0+5=23: 19 Züge sind also noch frei. Ok, wir müssen noch berücksichtigen, dass ein Turm und zwei Springer bei Weiß verschwinden müssen, dennoch bleibt viel frei. Wir werden nachher sehen, wie Fabel die daraus resultierende eigentlich extreme Nebenlösungsgefahr bannt.

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Retro der Woche 46/2021

Ich möchte noch beim Preisbericht des diesjährigen Champagne-Turniers, bleiben, nachdem wir an den beiden letzten Sonntagen bereits die ersten Preise der Beweispartien und der übrigen Retros gesehen haben.

Heute präsentiere ich euch „nur“ eine Doppelsetzung des geforderten Themas, aber was für eine — lasst euch überraschen!

Roberto Osorio
Champagne-Turnier 2021, 3. Preis Gruppe A
Beweispartie in 19 Zügen (13+15)

 

Bauernschläge sind im Diagramm nicht zu sehen, darum beginnen wir mit dem Zählen der sichtbaren schwarzen Züge. Da kommen wir auf 2+1+3+5+3+5=19 — damit sind alle schwarzen Züge bereits erklärt. Dabei wissen wir noch nicht, ob Kf8/Te8 durch O-O, Te8, Kf8 oder durch Ke7, Te8, Kf8 entstanden sind — für die Zügezahl ist das auch irrelevant.

Das Schachgebot im Diagramm macht zusammen mit sBg5 den Weg des sLe3 eindeutig: Lf8-d6-f3xe3+. Ansonsten wäre ja auch ein Weg Lf8-h6-e3 und g6/hxg6-g5 möglich, für beides benötigen wir vier Züge.

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Preisbericht Champagne-Turnier 2021

Nachtrag 1. November 2021: es gibt eine aktualisierte Fassung des Preisberichts

In der letzten Woche hatte ich bereits auf den vorläufigen Preisbericht des diesjährigen Champagne-Turniers hingewiesen, gestern hatte ich im Retro der Woche daraus den ersten Preis der Beweispartie-Abteilung vorgestellt, und zwischenzeitlich ist der endgültige Preisbericht herausgekommen: Nun mit Lösungen und Kommentaren von Preisrichter Michel Caillaud.

Der Aufforderung zum Kochen war besonders Mario Richter nachgekommen: Er hat B3 und B4 aus dem vorläufigen Bericht gekocht; die sind nun durch korrigierte Fassungen ersetzt.

Es lohnt sich, die Aufgaben zu studieren — vil Spaß dabei!