Unbekanntes Make&Take

Beim Make&Take funktionieren Schlagzüge anders als im normalen Schach, hier bestehen sie nämlich aus zwei Halbzügen: Zunächst macht der Schläger einen (nicht schlagenden) Zug so, wie das intendierte Schlagopfer zieht, um dann “normal”, nach seiner eigenen Gangart zu schlagen. Nach 1.g3 aus der Partieanfangsstellung kann Schwarz nun 1.– b7-g2xf1=S+ spielen: Der erste Halbzug ist der wie ein weißer Läufer, anschließend schlägt der Bauer und wandelt um.

Wieso ist das ein Schachgebot? Nun, der schwarze Springer bedroht via g2 (Sf1-g2 wie König) den weißen König (Sg2xe1). Das ist aber kein Matt, auch wenn natürlich Ke1xf1 unzulässig ist: Er muss ja einen Springerzug vorschalten! Aber es geht 2.K-g2xf1!

Die genauen Regeln auch z.B. für ep-Schläge findet ihr im Schwalbe-Märchenlexikon.

Bei den zwei kurzen Beweispartien von Stephan Dietrich, die ich euch heute zum Feiertag vorstellen möchte, kommt aber “erschwerend” hinzu, dass die Steine nicht bekannt sind: Es ist nur bekannt, wo Steine auf dem Brett stehen; Art und Farbe allerdings sind unbekannt.

Stephan Dietrich
Urdruck
Matt nach 2,5 Zügen, Make&Take (29)

 

Wir wissen, nach dem dritten weißen Zug ist der schwarze König matt. Gleichzeitig wissen wir, dass drei Schläge stattgefunden haben, denn es sind nur noch 29 Steine auf dem Brett.

Irgendwie haben wir sicher schnell den Verdacht, dass 1-c4 gespielt wurde, um den weißen Damenflügel zu öffnen, damit weiße Steine von dort (schnell, also schlagend…) zum schwarzen Königsflügen gelangen können.

In der Anmoderation hatten wir eben schon das kuriose Springerschach gegen den König gesehen — hast du eine Idee, wie man das zum Matt ausbauen könnte? Genau, stünde im Beispiel von oben noch ein schwarzer Läufer oder eine schwarze Dame auf h1, würde sie den Springer decken! Wieso? Weil nach 2.Kg2xf1 dann 2.– L/D-g2xf1 möglich wäre — also Matt.

Und damit haben wir schon beinahe die Lösung, wir müssen nur noch schauen, was mit [Bg7] passiert ist. Und dann sind wir auch schon fertig:

1.c2-c4 g7-g6 2.Lc1-c3xh8 g6-c2xd1=L 3 b2-g7xf8=S#.

Lösungsstellung
(15+14)

 

Warum hat Schwarz in einen Läufer umgewandelt? Nun, alle anderen Umwandlungen böten Schach…

 

Für euch zum Knobeln habe ich ein weiteres Stück ergänzt: Mit der gleichen Forderung, aber der zusätzlichen Bedingung “Platzwechselcirce”: Ein geschlagener Stein verschwindet nicht, sondern wird auf dem Feld wiedergeboren, von dem aus der “Schlger gerade gestartet war — Schläger und Opfer tauschen also die Platze. Bei Platzwechselcirce sähe der erste Schlag in der Lösung von oben so aus: 2.Lc1-c3xh8[sTc1]. Auch hierzu hilft das Märchenschachkexikon der Schwalbe weiter…

Stephan Dietrich
Urdruck 1.6.2020
Matt nach 2,5 Zügen, Make&Take, Platzwechselcirce (32 unbestimmte Steine)

 

 

Wenn ihr hier vermutet, dass die Klötze “außerhalb der Grundreihen” Springer sein könnten, dann liegt ihr, so viel sei verraten, zu 2/3 richtig…

Wie immer findet ihr hier die Lösung in etwa einer Woche, viel Spaß beim Lösen!

Ein wenig spät, aber immerhin…

Lösung

1.Sg1-f3 Sb8-c6 2.Sf3xc6[+sSf3]+ Ke8xc6[+wSe8] 3.Sb1-c3#
Matt durch Sc3, während Sf3 nur den Rosstäuscher gibt…

Retro der Woche 35/2018

Vorbemerkung: Das heutige „Retro der Woche“ ist ein Gastbeitrag meines Sachbearbeiter-Kollegen Arnold Beine, der für Die Schwalbe die Märchenschach-Abteilung betreut. Und ein wenig märchenhaft ist auch sein Beitrag; herzlichen Dank dafür, Arnold!

Seit etwa einem Jahr findet man in den Retro-Abteilungen diverser Zeitschriften Diagramme, die aussehen wie ein — quadratisches — Nest mit Ostereiern. Die Eier zu finden ist nicht das Problem, aber den Inhalt zu erkunden, hält manche Überraschung bereit — also ein Nest mit Überraschungseiern. Die vermutlich erste Darstellung dieser Art stammt vom rumänischen Autor Vasile I. Tacu (1910-1993) und soll heute hier vorgestellt werden.

Vasile I. Tacu
Europe Echecs 1991
Stellung nach dem 6. Zug von Schwarz, #1; 31 unbestimmte Steine

 

Worum geht es? Im Diagramm ist eine Stellung abgebildet, die nach dem 6. schwarzen Zug entstanden ist. Allerdings weiß man nur, welche Felder besetzt sind; aber von dem jeweiligen „Besetzer“ kennt man weder Farbe noch Steinart. Alles ist wie unter einem Nebelschleier verhüllt. Man weiß aber noch etwas: In dieser Stellung ist ein #1 möglich. Aus diesen wenigen Informationen soll der Löser die zur Diagrammstellung gehörige Beweispartie und den anschließenden Mattzug rekonstruieren.

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