1. Retroblog-TT

Das erste Retroblog Thematurnier neigt sich dem Ende zu: Turnierleiter Hans Gruber hatte die zwischen Weihnachten 2015 und Ostern 2016 eingegangenen Aufgaben an die beiden Preisrichter Andreas Thoma und mich verschickt.

Einzeln haben wir gewertet — und nicht zu glauben, wir sind unabhängig voneinander zu einem völlig identischen Ergebnis gekommen!

Auf das allerdings müsst ihn noch bis Andernach warten: Dort werden wir es in einem kleinen Vortrag vorstellen.

Retro der Woche 09/2016

Heute möchte ich auf ein fünfzig Jahre altes Problem von Karl Fabel näher eingehen: Nicht nur, weil es eine Idee zeigt, die später mehrfach aufgegriffen wurde, sondern weil ich an diesem Problem ein historisches Diskussionsthema aufgreifen möchte.

Karl Fabel
Die Schwalbe 1966, 2. Preis
-12 & #1, VRZ Proca ohne VV (2+16)

 

Beim Verteidigungsrückzüger nehmen Weiß und Schwarz bekanntlich abwechselnd (natürlich legal) zurück, wobei Weiß das Ziel verfolgt, die Vorwärtsforderung zu erfüllen, was Schwarz zu verhindern sucht.

Beim Typ Proca entscheidet die zurücknehmende Partei, was sie (legal) entschlagen hat, beim Typ Høeg entscheidet dies die andere Seite. Der Zusatz „ohne VV“ (VV=Vorwärtsverteidigung) bedeutet, dass sich Schwarz nicht selbst durch Mattsetzen des weißen Königs verteidigen darf — genau hierauf werde ich am Ende dieses Beitrags noch zurückkommen.

Doch zunächst zur Lösungsidee: Weiß will seinen König nach g4 zurückholen, um dann mit dem Vorwärtszug 1.f5 Matt zu setzen. Hierfür verwendet er den sTa7 immer wieder, um ihn zum Schachschutz gegen die beiden sL im Südosten zu zwingen, so dass er Richtung g4 marschieren kann.

Weiß kann dabei nicht entschlagen, da alle 16 schwarzen Steine an Bord sind — und Schwarz kann z.B. mit dem Turm nicht irgendeinen störenden weißen Stein entschlagen, da alle 14 fehlenden weißen Steine durch schwarze Bauernschläge erklärt sind.

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Februar-Heft der Schwalbe

Langsam sollte auch bei euch das Februar-Heft der Schwalbe eingetroffen sein: Ich hatte es schon am letzten Samstag direkt von bernd ellinghoven erhalten, als wir uns zu einem halben Dutzend Leuten in Neuss zum „Niederrheintreffen“ getroffen hatten. Ihr seht schon, da wurde der Bereich des Niederrheins sehr großzügig ausgelegt…

Für die Retrofreunde gibt es wieder eine Menge Löse- und Lesestoff: Neun Retro-Urdrucke warten auf Beschäftigung, interessante (nicht Retro, dennoch mit sehr guten Aufgaben) Preisberichte – und dann hat ein gewisser Thomas Brand dort einen Artikel über Niels Høeg veröffentlicht. Der eine oder andere Leser mag erstaunt sein, dass Høeg nicht nur im Bereich der Retroanalyse (und hier besonders der Verteidigungsrückzüger) aktiv war, sondern auch zu den bedeutenden Neudeutschen Pionieren gezählt werden muss.

Ebenfalls findet ihr im Heft einen (vorläufigen) Hinweis auf das diesjährige Schwalbe-Treffen: Es findet voraussichtlich am (langen Feiertags-) Wochenende 30. September bis 3. Oktober in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern) statt. Details werden so schnell wie möglich auf der Schwalbe-Seite und natürlich hier im Blog veröffentlicht.

Wie löst man?

Schon im Jahr 2003 hatte Wolfgang Dittmann in Die Schwalbe einen Artikel veröffentlicht, in dem er Hinweise zum Lösen von Anticirce-Verteidigungsrückzügern (damals ausschließlich vom Typ Proca) gab.

Günther Weeth hat dieses Thema nun dankenswerterweise aufgegriffen und geht dabei auch auf die Typen Hoeg und Klan ein. Genau so erfreulich finde ich, dass er diesen Artikel hier im Blog veröffentlicht; herzlichen Dank, lieber Günther!

Wer eher die englische Fassung des Artikels lesen möchte, findet die auf Julia’s Fairy-Seite.

harmonie 129

Gestern ist die Januar-Ausgabe von harmonie erschienen und kann von der Homepage kostenfrei heruntergeladen werden.

Dies lohnt sich dieses Mal ganz besonders, nicht nur wegen der drei Retro-Urdrucke, nicht nur wegen des tollen Artikels über einphasige Hilfsmatts mit zwei schlagfreien Rundläufen von Herausgeber Torsten Linß, sondern für uns Retrofreunde besonders wegen des Anticirce-Proca-Lösungsturniers, in dem neun Zweizüger vorgestellt werden, bei den ersten vier Stücken mit einer Selbstmatt-Vorwärtsforderung.

Einsendeschluss ist der 20. März 2016, schickt eure Lösungen (und Kommentare zu den Aufgaben!) an Torsten Linß (harmonie8x8(at)@gmail.com), der auch drei Preise ausgelobt hat. Viel Spaß und viel Erfolg!

1. Retroblog Thematurnier

Ich freue mich, heute gemeinsam mit Andreas Thoma das erste Retroblog Thematurnier ankündigen zu können!

Gefordert sind Verteidigungsrückzüger mit der Märchenbedingung Anticirce und einer speziellen, Anticirce-typischen „fesselnden“ Idee („erzwungene vorwegige Selbstfesselung“); die Details sind an Hand einer Originalaufgabe in der Ausschreibung erläutert.

Schickt bitte eure Beiträge bis zum 27. März 2016 (Ostersonntag) an den Turnierdirektor Hans Gruber (hg.fee(at)t-online.de). Andreas Thoma und ich werden das Turnier gemeinsam richten; für die Sieger stehen Buchpreise zur Verfügung.

Andreas und ich freuen uns auf eure Aufgaben!

VRZ Proca und Høeg

Auf der Website von Julia Vysotska hat Andreas Thoma in einem Aufsatz vier Verteidigungsrückzüger-Zwillinge mit dem “Typenwechsel” Proca und Høeg unter der Bedingung “Anticirce” vorgestellt. Eine der Aufgaben möchte ich hier zeigen:

Andreas Thoma
Julia’s Fairies, 2.10.2015
#1 vor 2 Zügen, VRZ a) Proca, b) Høeg. Anticirce Typ Cheylan (2+4)

 

Verteidigungsrückzüger und deren Typen wurden z.B. im Retro der Woche 41/2015 erklärt, Bei Anticirce wird der schlagende Stein auf sein (circensisches) Ausgangsfeld versetzt, das Schlagopfer verschwindet. Ist das Partieausgangsfeld des Schlägers besetzt, so ist der Schlag nicht möglich. Dabei wird unterschieden zwischen Typ Cheylan (Ein Stein darf nicht auf sein Ausgangsfeld schlagen, da es ja besetzt ist) und Typ Calvet (Ein Stein darf auf sein Ausgangsfeld schlagen, da es ja nach dem Schlag frei ist).

In unserem Beispiel lautet die Lösung:

a) R 1.1.Kg8xLf7[Ke1] Le8-f7+ 2.Tf5-f8 & vor 1.Kg7#;
b) R 1.Ke2-e1 Bg4xDh3[Bh7] 2.De3-h3 & vor 1.Dh6#

Spannend ist dann immer die Frage, warum die Lösungen nicht “anders herum” gehen: Beim Typ Høeg würde Schwarz in der a) Lösung einen anderen schwarzen Stein auf f7 einsetzen, der anschließend nicht gezwungen wäre, e8 zu blocken, was erst das Matt durch den weißen König ermöglicht, da der schwarze ja nicht schlagen kann. Und in der b)-Lösung als Proca würde Schwarz iirgendeinen anderen weißen Stein entschlagen, und Weiß hätte kein Matt.

Häufig verwenden die Komponisten den Typ Cheylan einfach deshalb, weil dieser Typ bei Procas etwa vom Programm “Pacemaker” (Thomas Kolkmeyer) geprüft werden kann. Hier ist der Typ Cheylan aber auch unabhängig davon wichtig, da b) gemäß Typ Calvet unlösbar wäre: Schwarz könnte nach R 1.Ke2-e1 auf e1 einen schwarzen Springer einsetzen und dann 1.– Sf3-e1+ zurücknehmen, ohne dass Weiß etwas entschlagen könnte, somit fehlte ihm der mattgebende Stein.

Retro der Woche 38/2015

Ganz herzliche Glückwünsche gehen heute nach Österreich, wo Klaus Wenda heute seinen 74. Geburtstag feiert. Heute vor einem Jahr war ich schon kurz auf Klaus’ vielfältige Aktivitäten um das Problemschach eingegangen und hatte dort auch einen der erstern Verteidigungsrückzüger mit der Märchenbedingung Anticirce vorgestellt. Das war 2001, als der Artikel erschien, nicht zu ahnen, welchen Boom Klaus mit dieser Idee auslösen würde.

Aber auch schon vorher hat er sich mit (Märchen-) Retros beschäftigt; seine besondere Vorliebe galt hier der Madrasi-Bedingung (Definition aus dem Schwalbe-Lexikon: „Wird ein Stein (außer König) von einem gleichartigen Stein des Gegners beobachtet, wird er gelähmt und verliert während der Beobachtung jede Zugmöglichkeit und Wirkung außer seinerseits gegnerische gleichartige Steine zu lähmen. Eine Rochade (=Königszug) mit einem gelähmten Turm ist möglich. Ein doppelschrittig ziehender Bauer ist e.p.-schlagbar.“).

Das Stück, das ich heute ausgesucht habe, beschreibt Klaus in dem 2001 erschienenen Buch „Dreiklang“ mit Kompositionen der österreichischen Autoren Johandl, Chlubna und Wenda: „Mein persönlicher Liebling unter allen meinen Retroaufgaben. Der jeweils zweifache e.p.-Entschlag konnte meines Wissens ohne Madrasi-Bedingung noch nicht dargestellt werden.“

Damit ist schon der Inhalt des heutigen Stücks verraten, nicht aber die Lösung.

Klaus Wenda
The Problemist 1986, 1. Preis
S#1 vor 8 Zügen, VRZ Proca, Madrasi (12+4)

 

Weiß und Schwarz nehmen also legale Madrasi-Züge zurück, so dass Weiß vor acht Zügen ein Selbstmatt erzwingen konnte; Schwarz verteidigt sich bei seinen Rücknahmen wenn möglich gegen die Zielerfüllung des Weißen.

Betrachten wir zunächst kurz das Diagramm: sLa1 und wLb2 sind gemäß der Madrasi-Regel gelähmt. Eine Rücknahme etwa Le5-b2 ist nicht möglich: Le5 wäre schon gelähmt gewesen. Allerdings ließe sich etwa Lc1-b2 oder Le5xSb2 Madrasi-konform zurücknehmen.

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