Wandelschach-Retraktor

Am Samstagabend des Schwalbe-Treffens in Wasserburg am Inn rief Andreas Thoma zu einem kleinen Löseturnier auf: Vier Einzüger-Retraktor-Märchenurdrucke waren zu lösen.

Andreas wird noch in der Schwalbe über dieses Turnier berichten, ein lustiges und sicher nicht schweres Stück möchte ich für zwischendrch aber schon vorstellen:

Andreas Thoma
Löseturnier Wasserburg 2021
-1 & =1 Wandelschach (3+8)

 

Wenn ihr die Regeln von Wandelschach nicht kennt, dann schaut doch einfach im Märchenlexikon der Schwalbe nach: Gerd Wilts hatte auf der Mitgliederversammlung in paar „Kennzahlen“ von dieschwalbe.de und pdb.dieschwalbe.de vorgestellt — das Märchenlexikon ist die mit am häufigsten besuchte Einzelseite auf www.dieschwalbe.de

Nun viel Spaß beim Lösen; in etwa einer Woche findet ihr wie immer hier die Lösung.

Lösung

R 1.Df6-a1=wT & vor: 1.Tc3=
Die Stellung ist natürlich “Wandelschach-legal”.

Klaus Wenda 80

Auf den Kreuzberg in Österreich gehen heute ganz herzliche Glückwünsche: Dort hat Klaus Wenda zusammen mit seiner Frau Doris schon lange sein Sommerdomizil aufgeschlagen, dort feiert er — unglaublich! — heute seinen 80. Geburtstag.

Eigentlich muss ich sicher nicht viel über Klaus erzählen: Früherer PCCC-Präsident (1986-1994, heutiger Ehrenpräsident der Nachfolge-Organisation WFCC), noch immer WFCC-Delegierter Österreichs, ein begnadeter und vielseitiger Komponist („natürlich“ Kompositions-GM) auf allen Gebieten, nur eine Studie kenne ich nicht von ihm, Verfasser und Herausgeber zahlloser Bücher und Aufsätze, Spiritus Rector von feenschach, ein unglaublich liebenswürdiger und stets hilfsbereiter Mensch — habe ich etwas vergessen? Ja klar, seinen Einfluss auf die „modernen Retros“.

Sein Aufsatz „Beckmesser versus Stolzing. Reflexionen zur Legalität unter der Anticirce-Bedingung“ in feenschach, November – Dezember 2001, Nr. 144, S. 275–277 hat den Verteidigungsrückzüger mit der Anticirce-Bedingung wenn nicht erfunden, so aber als unglaublich vielseitige Möglichkeit, höchst komplexe, interessante und gleichzeitig sparsame Verteidigungsrückzüger zu bauen, ins Bewusstsein auch anderer Komponisten gebracht; hier seien nur Wolfgang Dittmann, Günther Weeth und Andreas Thoma aus dem deutschsprachigen Raum genannt. Wer hierzu einen Überblick sucht, dem sei immer noch Dittmanns „Der Blick zurück“ empfohlen — oder der Blick in beliebige Retro-Preisberichte der letzten 15 Jahre! Diese Entwicklung wäre ohne Klaus nicht ansatzweise vorstellbar gewesen.

Lieber Klaus, im Namen aller Leser hier im Blog wünsche ich dir für dein neues Lebensjahr(zeht) alles denkbar Gute: Gesundheit, Glück, Zufriedenheit, weiterhin viel Freude, viel Erfolg bei unserem Lieblingshobby. Und für heute wünsche ich dir, dass du zusammen mit deinen Lieben einen wunderschönen Tag verbringen kannst — lass dich feiern!

Der erwähnte Artikel war aber nicht seine erste Beschäftigung mit Märchen-VRZ: Auch einige schöne Madrasi-Aufgaben hat er gebaut, von denen ich eines meiner Lieblingsstücken hier vorstellen möchte:

Wolfgang Dittmann & Klaus Wenda
Die Schwalbe 1986 (VV)
#1 vor 3 Zügen VRZ Proca Madrasi (12+9)

 

 

 

Lösung

R 1.Te4-h4? d4-d3! Weiß ist in Zugzwang; 2.b4-b5 oder 2.f4-f5 verhindern den Vorwärts-e.p.-Schlag, da der Doppelschritt des Bd7 nicht mehr nachweisbar ist; 2.a4-a5? Kb8-c8! 3.b5xLb6 erzwungen. 2.b5xLa5? 3.Kc7-d6 wird illegal, d7d5 verbietet sich, da auch Tf8 noch einen Entschlagstein benötigt.
R 1.Tc4-h4! [2.b4xSc5 & vor: 1.Txc5#] 0-0-0! 2.Te4-c4 B~d3 3.Kc7-d6 & vor: 1.e5xd6e.p.#

(Die Lösung habe ich aus Dreiklang (Johandl, Wenda, Chlubna) zitiert; dort ist noch eine inkorrekte Fassung abgedruckt.)

Das solltet ihr genauer anschauen, das lohnt wirklich zu verstehen, wie der Zugzwang von Weiß auf Schwarz wandert.

Aber natürlich soll es auch noch etwas „für zwischendurch“ zum Lösen geben: Klaus hat sich intensiv mit „Spiegelzwillingen“ beschäftigt, vielfach im Zusammenhang mit Circe. Hier nun ein orthodoxer Hilfsrückzüger:

Klaus Wenda
problem 1976, 1. Preis
-s, dann h#1; b) gespiegelt an der Mittelsenkrechten (sTa8) (11+4)

 

 

Wie immer gibt es in etwa einer Woche hier die Lösung!

Lösung

a) R: 1.Te8xDh8 & vor: 1.Kc8 Dxe8#
b) R: 1.Ke8-e7 & vor: 1.O-O-O a8=D#

Doppel-Homebase

Die Lösungsbesprechungen in der Schwalbe und in feenschach sind stets sehr ausführlich: Dort können Aufgaben intensiv diskutiert werden, dort können auch viele Vergleichsaufgaben vorgestellt werden. Das macht sie für mich so einmalig, so wertvoll.

Aber auch dort gibt es Platzprobleme, und so nutze ich hier die Gelegenheit, zwei der drei Vergleichsaufgaben, die Manfred Rittirsch zu 18559 in Die Schwalbe April 2021, die ihm zum Geburtstag gewidmet war, eingeschickt hatte, zu präsentieren.

Marco Bonavoglia
Problemkiste 2006
Beweispartie in 4,5 Zügen, Circe (14+16)

 

 

 

 

Marco Bonavoglia
Problemkiste 2006
Beweispartie in 5 Zügen, Circe (15+16)

 

 

 

 

Viel Spaß beim Knnobeln; die Lösung gibt es hier wie immer in etwa einer Woche.

Lösungen

Oben: 1.Sc3 d5 2.Tb1 Lf5 3.Sxd5[d7] Lxc2 4.Sc3 Lxb1 5.Sxb1[Lc8]

Unten: 1.e4 Sf6 2.Df3 Sxe4[e2] 3.Kd1 f6 4.Dxf6[f7] Sxf6 5.Ke1 Sg8

Nikita Plaksin 90

Nikita Plaksin ist sicherlich einer der bekanntesten, produktivsten und besten Retro-Komponisten aller Zeiten; heute vollendet er sein 90. Lebensjahr — ihm ganz herzliche Glückwünsche zum Geburtstag!

Seit dem Jahr 2001 ist der Wasserbau-Ingenieur FIDE-Meister für Schachkomposition (16,5 Album-Punkte); bereits seit 1989 ist er Internationaler Preisrichter für Retros. Allein in der PDB sind von ihm 1520 Retros enthalten, von denen er fast 1150 in feenschach veröffentlicht hat. Das liegt vor allen Dingen daran, dass er sich intensiv mit “Märchen-Retros” beschäftigt hat, speziell mit Lastmovern-Ökonomierekorden, dies häufig gemeinsam mit Andrej Kornilow.

Besonders bekannt ist er aber für seine beinahe 100 Aufgaben mit Nutzung der 50-Züge-Regel, wonach ein Remis (bei Retros automatisch!) eintritt, wenn seit 50 Zügen kein Schlag oder Bauernzug stattgefunden hat — meist wird auch die Rochade als “die Regel unterbrechender Zug” hinzugezählt. 1979 hat Plaksin dazu in Problem einen bekannten Artikel 50×50 veröffentlicht, in dem er — ihr ahnt es — 50 eigene Aufgaben mit diesem Thema vorstellt. Sehr lesens- und studierenswert, aber nicht gerade “leichte Kost” wegen der doch recht lakonischen Lösungsangaben.

Als Beispiel möchte ich eine Aufgabe aus den Märchen-Lastmove-Untersuchungen zeigen, allein schon um zu demonstrieren, dass auch die Verwendung zweier Märchenarten nicht automatisch schwer zu lösende Stücke hervorbringen.

Nikita Plaksin & Andrej Kornilow
feenschach 12/1982
Letzter Zug? Circe, monochromes Schach (5+1)

 

Bei diesem Stück solltet ihr euch aber auch Gedanken zumindest über den vorletzten Zug machen. Die Lösung folgt an dieser Stelle traditionsgemäß in etwa einer Woche.

Lösung

Mit letztem Zug von Schwarz klappt es nicht: R 1.– Kb1-a2/Kb1xBa2 2.0-0+ Kc2-b1: Weiß hat keinen legalen letzten Zug.

Also R 1.0-0! Kb1xTa2!, und nun hat Weiß Tempozüge mit seinem Umwandlungsturm, und der schwarze König kann via c2-d1-e2-f3 nach draußen kommen.

Und warum ging nicht R 1.– Kb1-a2 2.0-0 Kc2xTb1? Weil der Turm als Umwandlungsstein (das Original steht ja auf h1!) wegen “monochrome” niemals auf die erste Reihe gelangen konnte!

Klein und unscheinbar, aber doch mit einigem Tiefgang!

25 Jahre Schach-960

Heute vor 25 Jahren, am 19. Juni 1996, stellte Exweltmeister Bobby Fischer (9.3.1943–17.1.2008) auf einer Pressekonferenz im argentinischen Buenos Aires seine Idee vor, mit der er die Kreativität im Partieschach und das Talent der Spieler wieder mehr in den Vordergrund stellen und das „Auswendiglernen“ von Eröffnungen zurückdrängen wollte: Fischerandomchess, heute eher unter Schach-960 bzw. Chess960 bekannt.

Ohne die grundlegenden Regeln des Schachspiels zu ändern, schlug er vor, die Partieanfangsstellung vor Beginn einer Partie auszulosen, wobei Schwarz und Weiß ihre Figuren gespiegelt an der Mittelwaagerechten des Bretts aufstellen. Die Randbedingungen beim Losen sind, dass die beiden Läufer auf ungleichfarbigen Feldern stehen und der König irgendwo zwischen den Türmen. Die normalen Schachregeln gelten weiter; die Rochade wird auch noch den normalen Regeln durchgeführt und endet mit der aus dem Normalschach bekannten Stellungen (Kg1,Tf1 oder Kc8,Td8). Die Regeln für Schach-960 sind seit 2009 Bestandteil der offiziellen FIDE Schachregeln, 2019 setzte sich bei der ersten FIDE-Weltmeisterschaft im Schach-960 Wesley So gegen Magnus Carlsen durch.

Wie der Name vermuten lässt, ergeben sich durch das Auslosen 960 verschiedene Partieanfangsstellungen; klassisches Auswendiglernen von Eröffnung hilft hier also nicht viel weiter.

Auch für das Problemschach, speziell für die Retroanalyse bietet Schach-960 viele reizvolle Möglichkeiten, die sich aus der Ableitung der Anfangsstellung, aber auch durch Rochade-Besonderheiten ergeben: Während im Normalschach die Rücknahme einer Rochade zu genau definierten Königs- und Turmpositionen führt, ist das beim Schach-960 nicht der Fall: Die Rochade hätte potenziell aus verschiedenen Anfangsstellungen heraus geschehen können.

Zum Mitfeiern „für zwischendurch“ stelle ich euch ein frühes, nicht allzu schweres Schach-960 Retro vor, zu dem ich selbst durch eine kleine Korrektur nach 16 Jahren beitragen konnte.

Bernd Gräfrath
König & Turm 2002; Korrektur Th. Brand 2018
-1w, dann #2, zwei Lösungen Schach-960 (4+1)

 

Wie immer gibt es in etwa einer Woche hier die Lösung!

 

Lösung

I: R 1.Td4-d1 & vor: 1.O-O Kh3 2.Tf3#
II: R O-O-O (Kf1,Td1) & vor: 1.Td4 Kf3 2.Th3#

Vertauschung der Funktion von Rücknahme- und erstem Vorwärtszug. Und warum ist die Rochade-Rücknahme in II eindeutig?

Ein wenig komplexer

Im gerade erschienenen zweiten 2021-Heft von Probleemblad ist auch mein Retro-Preisbericht 2017-2018 abgedruckt, der ein gutes Jahr noch in den Niederlanden bzw. in Argentinien abgehangen war … Ich werde noch detaillierter darauf zurückkommen, aber euch heute schon eine Aufgabe daraus “für zwischendurch” vorstellen, auch wenn sie vielleicht ein wenig komplexer ist als die meisten anderen Zwischendurch-Stücke.

Joaquim Crusats & Andrej Frolkin
Probleemblad I/2017, 2. Lob 2017-2018
h#1,5 (14+16)

 

Das Hilfsmatt ist ja eigentlich recht einfach, wenn … Ja, wenn was zulässig wäre? Wie lässt sich die Zulässigkeit beweisen? Speziell: Was kann/muss man gegen das drohende Retropatt des Weißen tun?

Die Lösung findet ihr hier wie immer in etwa einer Woche!

Lösung

Der weiße König muss befreit werden, um das weiße Retropatt zu verhindern. R. 1.– f7-f5! 2.e4-e5 Ta5-g5 3.f3-f4 Sf4-h3 4.f2-f3 Dh1-h4 5.e3-e4 Th4-g4 6.Kg5-h6 Sc5-e6++ usw. Damit geht 1.– exf6 ep 2.Sg7 fxg7#.

Nicht 1.– f6-f5?, denn das würde g5 zum dritten Male decken, was dann R 6.Kg5-h6 unmöglich macht.

Alles andere als Mittelmaß, 2. Auflage

Ein gutes Jahr nach der Erstausgabe hat Werner Keym die zweite Auflage von „Anything but Average“ veröffentlicht: Hierin hat er nicht nur 40 Aufgaben bzw. Stellungen ergänzt, sondern auch die Struktur des Buches optimiert. Dies kann man schon in der wieder sehr umfangreichen Leseprobe erkennen.

Dort findet ihr nicht nur Probleme und Studien, sondern auch bemerkenswerte Partien: Schon in der ersten Auflage war Nimzowitschs „unsterbliche Zugzwangpartie“ zu bewundern, nun ist sie ergänzt durch ein Partiefragment von AlphaZero – quasi Nimzowitsch 2.0.

Das Buch – nun ausschließlich in rotem Leineneinband – stellt 400 Probleme mit insgesamt 630 Diagrammen vor, verweist darüber hinaus vielfach auf Vergleichsstücke in der PDB und kann wieder über die Website des Schwalbe-Bücherwarts erworben werden; die Erlöse kommen wieder vollständig der Schwalbe zugute. Auch dafür gebührt Werner Keym herzlicher Dank!

Zum Zwischendurch-Lösen habe ich den einzigen Urdruck des Buches ausgewählt:

Werner Keym
Anything but Average, 2. Auflage 2021
-1w, dann #1 (15+7)

 

Wie immer findet ihr die Lösung in etwa einer Woche hier!

 

Lösung

[Ba7] und [Bb7] wurden auf ihren Linien geschlagen, [Lf8] zu Hause. Die weißen Bauern schlugen sechs Mal, darunter d3xBc4. Ein weißer Bauer wandelte auf f8 um, und [Bf7] schlug einen weißen Offizier auf der e-Linie. b2-b3 als letzter Zug würde [Lc1] nicht mehr nach Hause lassen, daher nimmt Weiß O-O-O zurück und spielt 1.O-O#. Siehe auch P0002049
(nach WKs englischen Lösungsangaben im Buch).

Marko Klasinc 70

Heute gehen herzliche Glückwünsche zum 70. Geburtstag nach Slowenien zu Marko Klasinc!

Marko ist überwiegend Hilfsmatt-Komponist, hat jedoch auch eine ausgesprochene Vorliebe für Retros und dort speziell für Rückzüger aller Art: Bei ihm finden sich komplexe Hilfsrückzüger, aber auch Verteidigungsrückzüger; hier ist er besonderer Spezialist für den Typ Høeg.

Zur Feier seines Geburtstages habe ich aber ein anderes Stück herausgesucht, das euch sicher auch Freude bereitet beim „zwischendurch Lösen“!

Marko Klasinc
Jugoslawisches Studententurnier 1971, 2. Preis
h#2* (14+15)

 

Wie immer findet ihr in etwa einer Woche hier die Lösung.

 

Lösung

Bemerkenswert: hat Schwarz (im Satz) oder Weiß (im Spiel) zuletzt gezogen, so lässt sich jeweils ein Bauern-Doppelschritt als letzter Zug nachweisen!

* 1.– fxg6ep 2.hxg6 Sxg6#
1.dxe3ep Sxd7 2.Lxh2 fxe3#